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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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ter der meisten altägyptischen Könige und es zeigt keinen Unterschied
vom Lebensalter moderner Könige. Etwas über fünfzig Jahre hat
nur einer der Pharaonen regiert.

Solon, Anakreon, Sophokles, Pindar wurden achtzig, Demo-
krit hundert und neun, Plato einundachtzig, Diogenes neunzig, Fa-
bius Cunctator und Cato neunzig Jahre alt, aber alle diese Män¬
ner wurden auch bei Griechen und Römern als merkwürdige Bei¬
spiele citirt.

Plinius erzählt, daß man bei einer Volkszählung unter Kai¬
ser Claudius einen 150 Jahr alten Mann gefunden, Namens T.
Fullonius Bononiensis. Der Kaiser war ungläubig und ließ des¬
halb eine besondere Untersuchung anstellen. Dieser Fall, den die
Römer als so wunderbar ansahen, wurde in neuerer Zeit mehrmals
überboten. Henri Jenkins starb huudertneunundsechzig Jahr alt
-tun", 1670 zu Ellerton in U"rkshire; Thomas Damme wurde 155
Jahr alt. Thomas Parre aber, der berühmteste unter den Greisen,
der 152 Jahr alt starb, hatte in einem Alter von 140 Jahren noch
seine volle Zeugungökmft, und nach seinem Tode fand Harvey,
der berühmte englische Arzt des 17. Jahrhunderts, bei der Section,
daß sich noch kein einziger Knorpel in seinem Rückgrat verknöchert
hatte. Diese Thatsachen sind historisch. Andere Fälle von sehr
hohem Alter giebt es noch, die jedoch nicht ganz genau festgestellt
sind. So z. B. soll der Däne Drakenberg 146 Jahre, Jean Sur¬
rington, der in Norwegen starb, 160, Kintingern in Schottland und
Peter Czartan in Ungarn beide gar 180 Jahre alt geworden sein.
Als Regel nimmt man an, daß in jedem Jahrhundert wenigstens
zwei Individuen ein Alter von hundertundfunfzig Jahren erreichen.

Plinius hat uns noch ein wichtiges Document aufbewahrt,
nämlich einen Auszug aus den Listen einer allgemeinen Volkszäh¬
lung, die im römischen Kaiserreiche zur Zeit als die beiden Veöpa-
siane das Censoramt ausübten, vorgenommen wurde. Man fand
damals in dem zwischen Po und Appeninen liegenden Theil Ita¬
liens 140 Greise von hundert Jahren, 57 von hundert und zehn,
2 von hundert und fünfundzwanzig, 4 von hundert und dreißig, 4
zwischen hundert und fünfunddreißig und hundert und siebenunddrei¬
ßig Jahren, und endlich 3 Greise von hundertundvierzig Jahren.
Obgleich diese Resultate außerordentlich günstig erscheinen, so kann


ter der meisten altägyptischen Könige und es zeigt keinen Unterschied
vom Lebensalter moderner Könige. Etwas über fünfzig Jahre hat
nur einer der Pharaonen regiert.

Solon, Anakreon, Sophokles, Pindar wurden achtzig, Demo-
krit hundert und neun, Plato einundachtzig, Diogenes neunzig, Fa-
bius Cunctator und Cato neunzig Jahre alt, aber alle diese Män¬
ner wurden auch bei Griechen und Römern als merkwürdige Bei¬
spiele citirt.

Plinius erzählt, daß man bei einer Volkszählung unter Kai¬
ser Claudius einen 150 Jahr alten Mann gefunden, Namens T.
Fullonius Bononiensis. Der Kaiser war ungläubig und ließ des¬
halb eine besondere Untersuchung anstellen. Dieser Fall, den die
Römer als so wunderbar ansahen, wurde in neuerer Zeit mehrmals
überboten. Henri Jenkins starb huudertneunundsechzig Jahr alt
-tun«, 1670 zu Ellerton in U»rkshire; Thomas Damme wurde 155
Jahr alt. Thomas Parre aber, der berühmteste unter den Greisen,
der 152 Jahr alt starb, hatte in einem Alter von 140 Jahren noch
seine volle Zeugungökmft, und nach seinem Tode fand Harvey,
der berühmte englische Arzt des 17. Jahrhunderts, bei der Section,
daß sich noch kein einziger Knorpel in seinem Rückgrat verknöchert
hatte. Diese Thatsachen sind historisch. Andere Fälle von sehr
hohem Alter giebt es noch, die jedoch nicht ganz genau festgestellt
sind. So z. B. soll der Däne Drakenberg 146 Jahre, Jean Sur¬
rington, der in Norwegen starb, 160, Kintingern in Schottland und
Peter Czartan in Ungarn beide gar 180 Jahre alt geworden sein.
Als Regel nimmt man an, daß in jedem Jahrhundert wenigstens
zwei Individuen ein Alter von hundertundfunfzig Jahren erreichen.

Plinius hat uns noch ein wichtiges Document aufbewahrt,
nämlich einen Auszug aus den Listen einer allgemeinen Volkszäh¬
lung, die im römischen Kaiserreiche zur Zeit als die beiden Veöpa-
siane das Censoramt ausübten, vorgenommen wurde. Man fand
damals in dem zwischen Po und Appeninen liegenden Theil Ita¬
liens 140 Greise von hundert Jahren, 57 von hundert und zehn,
2 von hundert und fünfundzwanzig, 4 von hundert und dreißig, 4
zwischen hundert und fünfunddreißig und hundert und siebenunddrei¬
ßig Jahren, und endlich 3 Greise von hundertundvierzig Jahren.
Obgleich diese Resultate außerordentlich günstig erscheinen, so kann


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[0532] ter der meisten altägyptischen Könige und es zeigt keinen Unterschied vom Lebensalter moderner Könige. Etwas über fünfzig Jahre hat nur einer der Pharaonen regiert. Solon, Anakreon, Sophokles, Pindar wurden achtzig, Demo- krit hundert und neun, Plato einundachtzig, Diogenes neunzig, Fa- bius Cunctator und Cato neunzig Jahre alt, aber alle diese Män¬ ner wurden auch bei Griechen und Römern als merkwürdige Bei¬ spiele citirt. Plinius erzählt, daß man bei einer Volkszählung unter Kai¬ ser Claudius einen 150 Jahr alten Mann gefunden, Namens T. Fullonius Bononiensis. Der Kaiser war ungläubig und ließ des¬ halb eine besondere Untersuchung anstellen. Dieser Fall, den die Römer als so wunderbar ansahen, wurde in neuerer Zeit mehrmals überboten. Henri Jenkins starb huudertneunundsechzig Jahr alt -tun«, 1670 zu Ellerton in U»rkshire; Thomas Damme wurde 155 Jahr alt. Thomas Parre aber, der berühmteste unter den Greisen, der 152 Jahr alt starb, hatte in einem Alter von 140 Jahren noch seine volle Zeugungökmft, und nach seinem Tode fand Harvey, der berühmte englische Arzt des 17. Jahrhunderts, bei der Section, daß sich noch kein einziger Knorpel in seinem Rückgrat verknöchert hatte. Diese Thatsachen sind historisch. Andere Fälle von sehr hohem Alter giebt es noch, die jedoch nicht ganz genau festgestellt sind. So z. B. soll der Däne Drakenberg 146 Jahre, Jean Sur¬ rington, der in Norwegen starb, 160, Kintingern in Schottland und Peter Czartan in Ungarn beide gar 180 Jahre alt geworden sein. Als Regel nimmt man an, daß in jedem Jahrhundert wenigstens zwei Individuen ein Alter von hundertundfunfzig Jahren erreichen. Plinius hat uns noch ein wichtiges Document aufbewahrt, nämlich einen Auszug aus den Listen einer allgemeinen Volkszäh¬ lung, die im römischen Kaiserreiche zur Zeit als die beiden Veöpa- siane das Censoramt ausübten, vorgenommen wurde. Man fand damals in dem zwischen Po und Appeninen liegenden Theil Ita¬ liens 140 Greise von hundert Jahren, 57 von hundert und zehn, 2 von hundert und fünfundzwanzig, 4 von hundert und dreißig, 4 zwischen hundert und fünfunddreißig und hundert und siebenunddrei¬ ßig Jahren, und endlich 3 Greise von hundertundvierzig Jahren. Obgleich diese Resultate außerordentlich günstig erscheinen, so kann

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/532>, abgerufen am 01.09.2024.