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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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beschäftige sich nur immer mit sich, anstatt mit Gegenständen allge¬
meiner Wohlfahrt. Dieser Borwurf ist ungerecht, und zwar in dop¬
peltem Sinne, unrichtig und ungerechtfertigt; selbst wenn er träfe,
dürfte er nicht erhoben werden, denn der Kampf um die eigene Exi¬
stenz kann natürlich nie aufgegeben werden.

Daß übrigens auch der erwähnte Bicdermannsche Vorwurf von
Mangel an Zusammenhalt unter den Organen der liberalen Presse
nicht trifft, hat diese Presse in der Bankfrage bewiesen. Die
Bankfrage hat hier in Berlin eine Aufregung hervorgebracht, wie seit
Langem keine andere Frage. Und seit nun G. Julius dort aus Ih¬
rem Leipzig ein Paar Geschosse in hiesige Zeitungen herübergesandt
hat, ist die gesammte preußische liberale Presse und ein Theil der
übrigen deutschen mit dazu, in Berliner Eorrespondenzcn, wie Ein
Mann gegen ihn aufgestanden.*) Ein Bekannter von mir, der bei der
Redaction eines hiesigen Blattes thätig ist und sich ein Vergnügen dar¬
aus macht, Zeitungscuriosa zu sammeln, hat auch die Juliusartikel
der letzten Wochen zusammengelegt; ich habe diese durchlaufen, und
fürwahr, man kann sich nichts Komischeres denken, als die Luftstreiche,
welche alle diese Korrespondenten in blinder Wuth führen, ohne nur
zu ahnen, wo eigentlich der Gegner steht, wie deutlich auch derselbe
seine Ansicht, in Bezug auf die preußische Frage, in einem Artikel
der Vossischen Zeitung ausgesprochen har. Ich ersehe daraus, was
eigentlich in Frage steht. Wenige einzelne Stimmen haben sich für
ein? ganz freie Eoncurrenz im Zcttelbankwesen erhoben; Julius meint,
daß die von diesen verlangte Bankfreiheit sich da, wo sie in Ländern
von gemischtem Geldumlaufe bestand, unhaltbar erwiesen habe, so ins¬
besondere in England, wo Sir Robert P-el deswegen die Bankreform
von 18t4 in Vorschlag brachte und durchsetzte. Ich lasse die Rich--
tigkeit dieser Meinung dahingestellt, aber so viel ist ganz gewiß, daß
die preußische Regierung das Prinzip solcher freien Bankconcurrenz
nicht annehmen kann und wird. Es ist demnach nur noch fraglich,
ob eine Privatgesellschaft zur Errichtung einer Landeszettelbank privi-
legirt werden, oder ob die Regierung das bestehende königliche Bankin¬
stitut in eine großartige Zettclbank umschaffen solle. Nun sollte man
denken, nichts sei liberaler, als sich gegen ein Privilegium zu erklären,
welches einige Speculanten erstreben um sich auf Kosten der Nation
zu bereichern. Um etwas anderes handelt es sich wirklich nicht; denn
die Erfahrung Englands -- woher doch all unsre Finanz- und Bank¬
weisheit stammt -- zeigt (wie Julius in seiner Schrift,,Vauk>vescn"
nachgewiesen hat,) daß großartige Zettelbanken, das eigentlicheBanquierge-
schast, welches von Privatpersonen betrieben wird, keineswegs überflüssig ma-



Soeben wird hier angekündigt- Der Spuk des Bankgespenstes
Ein der liberalen Taaespresse gesetztes Dekl V G.
nma.on
Anm. d. Red. Julius.

beschäftige sich nur immer mit sich, anstatt mit Gegenständen allge¬
meiner Wohlfahrt. Dieser Borwurf ist ungerecht, und zwar in dop¬
peltem Sinne, unrichtig und ungerechtfertigt; selbst wenn er träfe,
dürfte er nicht erhoben werden, denn der Kampf um die eigene Exi¬
stenz kann natürlich nie aufgegeben werden.

Daß übrigens auch der erwähnte Bicdermannsche Vorwurf von
Mangel an Zusammenhalt unter den Organen der liberalen Presse
nicht trifft, hat diese Presse in der Bankfrage bewiesen. Die
Bankfrage hat hier in Berlin eine Aufregung hervorgebracht, wie seit
Langem keine andere Frage. Und seit nun G. Julius dort aus Ih¬
rem Leipzig ein Paar Geschosse in hiesige Zeitungen herübergesandt
hat, ist die gesammte preußische liberale Presse und ein Theil der
übrigen deutschen mit dazu, in Berliner Eorrespondenzcn, wie Ein
Mann gegen ihn aufgestanden.*) Ein Bekannter von mir, der bei der
Redaction eines hiesigen Blattes thätig ist und sich ein Vergnügen dar¬
aus macht, Zeitungscuriosa zu sammeln, hat auch die Juliusartikel
der letzten Wochen zusammengelegt; ich habe diese durchlaufen, und
fürwahr, man kann sich nichts Komischeres denken, als die Luftstreiche,
welche alle diese Korrespondenten in blinder Wuth führen, ohne nur
zu ahnen, wo eigentlich der Gegner steht, wie deutlich auch derselbe
seine Ansicht, in Bezug auf die preußische Frage, in einem Artikel
der Vossischen Zeitung ausgesprochen har. Ich ersehe daraus, was
eigentlich in Frage steht. Wenige einzelne Stimmen haben sich für
ein? ganz freie Eoncurrenz im Zcttelbankwesen erhoben; Julius meint,
daß die von diesen verlangte Bankfreiheit sich da, wo sie in Ländern
von gemischtem Geldumlaufe bestand, unhaltbar erwiesen habe, so ins¬
besondere in England, wo Sir Robert P-el deswegen die Bankreform
von 18t4 in Vorschlag brachte und durchsetzte. Ich lasse die Rich--
tigkeit dieser Meinung dahingestellt, aber so viel ist ganz gewiß, daß
die preußische Regierung das Prinzip solcher freien Bankconcurrenz
nicht annehmen kann und wird. Es ist demnach nur noch fraglich,
ob eine Privatgesellschaft zur Errichtung einer Landeszettelbank privi-
legirt werden, oder ob die Regierung das bestehende königliche Bankin¬
stitut in eine großartige Zettclbank umschaffen solle. Nun sollte man
denken, nichts sei liberaler, als sich gegen ein Privilegium zu erklären,
welches einige Speculanten erstreben um sich auf Kosten der Nation
zu bereichern. Um etwas anderes handelt es sich wirklich nicht; denn
die Erfahrung Englands — woher doch all unsre Finanz- und Bank¬
weisheit stammt — zeigt (wie Julius in seiner Schrift,,Vauk>vescn"
nachgewiesen hat,) daß großartige Zettelbanken, das eigentlicheBanquierge-
schast, welches von Privatpersonen betrieben wird, keineswegs überflüssig ma-



Soeben wird hier angekündigt- Der Spuk des Bankgespenstes
Ein der liberalen Taaespresse gesetztes Dekl V G.
nma.on
Anm. d. Red. Julius.
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[0470] beschäftige sich nur immer mit sich, anstatt mit Gegenständen allge¬ meiner Wohlfahrt. Dieser Borwurf ist ungerecht, und zwar in dop¬ peltem Sinne, unrichtig und ungerechtfertigt; selbst wenn er träfe, dürfte er nicht erhoben werden, denn der Kampf um die eigene Exi¬ stenz kann natürlich nie aufgegeben werden. Daß übrigens auch der erwähnte Bicdermannsche Vorwurf von Mangel an Zusammenhalt unter den Organen der liberalen Presse nicht trifft, hat diese Presse in der Bankfrage bewiesen. Die Bankfrage hat hier in Berlin eine Aufregung hervorgebracht, wie seit Langem keine andere Frage. Und seit nun G. Julius dort aus Ih¬ rem Leipzig ein Paar Geschosse in hiesige Zeitungen herübergesandt hat, ist die gesammte preußische liberale Presse und ein Theil der übrigen deutschen mit dazu, in Berliner Eorrespondenzcn, wie Ein Mann gegen ihn aufgestanden.*) Ein Bekannter von mir, der bei der Redaction eines hiesigen Blattes thätig ist und sich ein Vergnügen dar¬ aus macht, Zeitungscuriosa zu sammeln, hat auch die Juliusartikel der letzten Wochen zusammengelegt; ich habe diese durchlaufen, und fürwahr, man kann sich nichts Komischeres denken, als die Luftstreiche, welche alle diese Korrespondenten in blinder Wuth führen, ohne nur zu ahnen, wo eigentlich der Gegner steht, wie deutlich auch derselbe seine Ansicht, in Bezug auf die preußische Frage, in einem Artikel der Vossischen Zeitung ausgesprochen har. Ich ersehe daraus, was eigentlich in Frage steht. Wenige einzelne Stimmen haben sich für ein? ganz freie Eoncurrenz im Zcttelbankwesen erhoben; Julius meint, daß die von diesen verlangte Bankfreiheit sich da, wo sie in Ländern von gemischtem Geldumlaufe bestand, unhaltbar erwiesen habe, so ins¬ besondere in England, wo Sir Robert P-el deswegen die Bankreform von 18t4 in Vorschlag brachte und durchsetzte. Ich lasse die Rich-- tigkeit dieser Meinung dahingestellt, aber so viel ist ganz gewiß, daß die preußische Regierung das Prinzip solcher freien Bankconcurrenz nicht annehmen kann und wird. Es ist demnach nur noch fraglich, ob eine Privatgesellschaft zur Errichtung einer Landeszettelbank privi- legirt werden, oder ob die Regierung das bestehende königliche Bankin¬ stitut in eine großartige Zettclbank umschaffen solle. Nun sollte man denken, nichts sei liberaler, als sich gegen ein Privilegium zu erklären, welches einige Speculanten erstreben um sich auf Kosten der Nation zu bereichern. Um etwas anderes handelt es sich wirklich nicht; denn die Erfahrung Englands — woher doch all unsre Finanz- und Bank¬ weisheit stammt — zeigt (wie Julius in seiner Schrift,,Vauk>vescn" nachgewiesen hat,) daß großartige Zettelbanken, das eigentlicheBanquierge- schast, welches von Privatpersonen betrieben wird, keineswegs überflüssig ma- Soeben wird hier angekündigt- Der Spuk des Bankgespenstes Ein der liberalen Taaespresse gesetztes Dekl V G. nma.on Anm. d. Red. Julius.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/470>, abgerufen am 28.07.2024.