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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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hier ist ein Narren-Treiben und Leben, wie wir es seit Jahren nicht
mehr gesehen haben. Es bestehen Carnevals-Gesellschaften, jetzt drei, welche
jede, in ihrer Weise, an der Verherrlichung des Festes arbeitet. In der
Oeffentlichkeit wird die Narrrenseicr in diesem Jahre ganz zuverlässig,
recht toll und bunt, da es an Stoff zu Witz, Scherz, Humor und
Satyre durchaus nicht gebricht, und die Grundidee des Fcstspicls der
großen Carnevals - Gesellschaft "Gründung einer Narren - Colonie an
der Wcinküfte" der tollen Narrcnlaune ein zweites und leicht zu be¬
bauendes Feld bietet. Nach verschiedenen Seiten hin speien die Geg¬
ner des Festes ihren Eiser und Geifer gegen dasselbe, weil sie darin
eine Demoralisation des Volkes finden wollen. Die Reformation der
socialen Verhältnisse welche sie wünschen, würde selbst, mit der Unter¬
drückung eincsFestes, wieder Earneval immer um kein Haarbreit gefördert
sein. Wahr ist's, die Noth ist im Allgemeinen sehr drückend in die¬
sem Winter, doch werden gerade auch die Faschingsfeierlichkeiten den
Armen manche Spenden, Vielen auch Erwerb zufließen laßen. Die große
Earncvals-Gesellschaft hat schon dem Oberbmgermerstcr-Amte taufend'
Thaler Übermacht, um sie zur Beschaffung von Lebensmitteln zu ver¬
wenden. Die Wohlthätigkeit ist überhaupt in dem Maße thätig, als
sich Elend und Noth kund geben und man kann es offen lagen, daß
sich Cöln, wo es Gutes zu thun g.ne, immer noch ausgezeichnet hat


V.
Hekla und K v a b l <r.
Won einem Lyriker.

Da tobt und lärmt der Hekla schon seit Wochen und Monaten,
schickt grandiose Feuersäulen gen Himmel und Strome von Flammen
ins Meer, und entwickelt so unendliche und erhabene Romantik, als
man es von einem urgermanischen Gemüthe nur erwarten kann, und
keine Seele, nicht einmal die eines Zeitungsschreibers bedenkt ihn
nur mit einem Worte der Anerkennung, nur mit einer Notiz tief
unten im Winkel des großbogigen Journals. -- Ist das nicht tra¬
gisch? und noch tragischer, wenn man bedenkt, was der Hekla ein¬
stens war, die Heimat romantischster Mährchen, die erhabene Leuchte
kecker Norrlandsfahrer. Menzel, der einst blitzbewaffnete kann nicht
rührender sein, wenn er noch jetzt wie einst, als tobender Alte in
alle Welt hinausfahren und lamentire, und sich keine Seele um ihn
kümmert. Alles dieses weiß und fühlt der Nachbar des Hekla, der
alte, ausgebrannte, ruhige, weise Krabla, und mitleidig die Achseln
zuckend und sein schneeiges Haupt schüttelnd spricht er zum Hekla
hingewandt:

Gieb dich zur Ruh bewegt Gemüth! -- wie sehr du auch to¬
best und deine glühenden Steine gleich flammenden Liedern in alle


hier ist ein Narren-Treiben und Leben, wie wir es seit Jahren nicht
mehr gesehen haben. Es bestehen Carnevals-Gesellschaften, jetzt drei, welche
jede, in ihrer Weise, an der Verherrlichung des Festes arbeitet. In der
Oeffentlichkeit wird die Narrrenseicr in diesem Jahre ganz zuverlässig,
recht toll und bunt, da es an Stoff zu Witz, Scherz, Humor und
Satyre durchaus nicht gebricht, und die Grundidee des Fcstspicls der
großen Carnevals - Gesellschaft „Gründung einer Narren - Colonie an
der Wcinküfte" der tollen Narrcnlaune ein zweites und leicht zu be¬
bauendes Feld bietet. Nach verschiedenen Seiten hin speien die Geg¬
ner des Festes ihren Eiser und Geifer gegen dasselbe, weil sie darin
eine Demoralisation des Volkes finden wollen. Die Reformation der
socialen Verhältnisse welche sie wünschen, würde selbst, mit der Unter¬
drückung eincsFestes, wieder Earneval immer um kein Haarbreit gefördert
sein. Wahr ist's, die Noth ist im Allgemeinen sehr drückend in die¬
sem Winter, doch werden gerade auch die Faschingsfeierlichkeiten den
Armen manche Spenden, Vielen auch Erwerb zufließen laßen. Die große
Earncvals-Gesellschaft hat schon dem Oberbmgermerstcr-Amte taufend'
Thaler Übermacht, um sie zur Beschaffung von Lebensmitteln zu ver¬
wenden. Die Wohlthätigkeit ist überhaupt in dem Maße thätig, als
sich Elend und Noth kund geben und man kann es offen lagen, daß
sich Cöln, wo es Gutes zu thun g.ne, immer noch ausgezeichnet hat


V.
Hekla und K v a b l <r.
Won einem Lyriker.

Da tobt und lärmt der Hekla schon seit Wochen und Monaten,
schickt grandiose Feuersäulen gen Himmel und Strome von Flammen
ins Meer, und entwickelt so unendliche und erhabene Romantik, als
man es von einem urgermanischen Gemüthe nur erwarten kann, und
keine Seele, nicht einmal die eines Zeitungsschreibers bedenkt ihn
nur mit einem Worte der Anerkennung, nur mit einer Notiz tief
unten im Winkel des großbogigen Journals. — Ist das nicht tra¬
gisch? und noch tragischer, wenn man bedenkt, was der Hekla ein¬
stens war, die Heimat romantischster Mährchen, die erhabene Leuchte
kecker Norrlandsfahrer. Menzel, der einst blitzbewaffnete kann nicht
rührender sein, wenn er noch jetzt wie einst, als tobender Alte in
alle Welt hinausfahren und lamentire, und sich keine Seele um ihn
kümmert. Alles dieses weiß und fühlt der Nachbar des Hekla, der
alte, ausgebrannte, ruhige, weise Krabla, und mitleidig die Achseln
zuckend und sein schneeiges Haupt schüttelnd spricht er zum Hekla
hingewandt:

Gieb dich zur Ruh bewegt Gemüth! — wie sehr du auch to¬
best und deine glühenden Steine gleich flammenden Liedern in alle


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[0338] hier ist ein Narren-Treiben und Leben, wie wir es seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Es bestehen Carnevals-Gesellschaften, jetzt drei, welche jede, in ihrer Weise, an der Verherrlichung des Festes arbeitet. In der Oeffentlichkeit wird die Narrrenseicr in diesem Jahre ganz zuverlässig, recht toll und bunt, da es an Stoff zu Witz, Scherz, Humor und Satyre durchaus nicht gebricht, und die Grundidee des Fcstspicls der großen Carnevals - Gesellschaft „Gründung einer Narren - Colonie an der Wcinküfte" der tollen Narrcnlaune ein zweites und leicht zu be¬ bauendes Feld bietet. Nach verschiedenen Seiten hin speien die Geg¬ ner des Festes ihren Eiser und Geifer gegen dasselbe, weil sie darin eine Demoralisation des Volkes finden wollen. Die Reformation der socialen Verhältnisse welche sie wünschen, würde selbst, mit der Unter¬ drückung eincsFestes, wieder Earneval immer um kein Haarbreit gefördert sein. Wahr ist's, die Noth ist im Allgemeinen sehr drückend in die¬ sem Winter, doch werden gerade auch die Faschingsfeierlichkeiten den Armen manche Spenden, Vielen auch Erwerb zufließen laßen. Die große Earncvals-Gesellschaft hat schon dem Oberbmgermerstcr-Amte taufend' Thaler Übermacht, um sie zur Beschaffung von Lebensmitteln zu ver¬ wenden. Die Wohlthätigkeit ist überhaupt in dem Maße thätig, als sich Elend und Noth kund geben und man kann es offen lagen, daß sich Cöln, wo es Gutes zu thun g.ne, immer noch ausgezeichnet hat V. Hekla und K v a b l <r. Won einem Lyriker. Da tobt und lärmt der Hekla schon seit Wochen und Monaten, schickt grandiose Feuersäulen gen Himmel und Strome von Flammen ins Meer, und entwickelt so unendliche und erhabene Romantik, als man es von einem urgermanischen Gemüthe nur erwarten kann, und keine Seele, nicht einmal die eines Zeitungsschreibers bedenkt ihn nur mit einem Worte der Anerkennung, nur mit einer Notiz tief unten im Winkel des großbogigen Journals. — Ist das nicht tra¬ gisch? und noch tragischer, wenn man bedenkt, was der Hekla ein¬ stens war, die Heimat romantischster Mährchen, die erhabene Leuchte kecker Norrlandsfahrer. Menzel, der einst blitzbewaffnete kann nicht rührender sein, wenn er noch jetzt wie einst, als tobender Alte in alle Welt hinausfahren und lamentire, und sich keine Seele um ihn kümmert. Alles dieses weiß und fühlt der Nachbar des Hekla, der alte, ausgebrannte, ruhige, weise Krabla, und mitleidig die Achseln zuckend und sein schneeiges Haupt schüttelnd spricht er zum Hekla hingewandt: Gieb dich zur Ruh bewegt Gemüth! — wie sehr du auch to¬ best und deine glühenden Steine gleich flammenden Liedern in alle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/338>, abgerufen am 23.12.2024.