Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.schmücken; die Wahl der Gegenstände für diese Arbeit blieb dem Der Saal, ein langes Viereck, ist in seiner frühern Gestalt ge¬ Wir wenden uns zu den Werken und versuchen die Anschauung Inmitten der Hauptwand, unmittelbar über dem Thron, erblickt schmücken; die Wahl der Gegenstände für diese Arbeit blieb dem Der Saal, ein langes Viereck, ist in seiner frühern Gestalt ge¬ Wir wenden uns zu den Werken und versuchen die Anschauung Inmitten der Hauptwand, unmittelbar über dem Thron, erblickt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181841"/> <p xml:id="ID_51" prev="#ID_50"> schmücken; die Wahl der Gegenstände für diese Arbeit blieb dem<lb/> Künstler frei gegeben. Er begann die Vorarbeiten dafür in dem¬<lb/> selben Jahre; sie wurde durch ein Augenleiden deS Künstlers, dessen<lb/> Heilung einen Aufenthalt in Italien erheischte, einige Zeit gehemmt<lb/> und im Herbst 1845 vollendet, wo der kunstgeschmückte Saal die<lb/> würdigste Weihe erhielt, indem bei Eröffnung des Landtages der<lb/> König die Deputirten seines Landes darin empfing.</p><lb/> <p xml:id="ID_52"> Der Saal, ein langes Viereck, ist in seiner frühern Gestalt ge¬<lb/> blieben; die Decke ohne Wölbung, durch schwere und künstlerische<lb/> Verzierungen der Architektur — es sind in gleicher Form und Farbe<lb/> die sächsischen Wappen über hundertmal angebracht — überladen,<lb/> steht in keinem Verhältniß zu den Räumlichkeiten, auf welchen die<lb/> Fresken ausgeführt sind, deren Werth in einem entsprechenderen<lb/> Raume sich in vollendeteren Maße herausstellen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_53"> Wir wenden uns zu den Werken und versuchen die Anschauung<lb/> derselben, wie sie unserm Auge sich dargeboten, und den Eindruck,<lb/> welchen diese Anschauungen in uns festigten, in flüchtigen Umrissen<lb/> darzulegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_54" next="#ID_55"> Inmitten der Hauptwand, unmittelbar über dem Thron, erblickt<lb/> man Sachsens Schutzgöttin (Saronia); reiche Gewände umhüllen<lb/> die gewaltige Gestalt;, daS ernste Angesicht schaut mit der Zuversicht<lb/> des gesicherten Glücks auf die gesegneten Gauen unseres schönen Hei¬<lb/> mathlandes; bedeutungsvoll ist unter dem Bildwerk der Wahlspruch:<lb/> „Stark durch Eintracht!" Der Thron zu beiden Seiten ist von<lb/> 16 Gesetzgebern und Regenten umgeben; sie sind über Lebensgröße,<lb/> aufrecht stehend, in Wandvertiefungen auf Goldgrund gemalt. Gro߬<lb/> artige, mächtige Gestalten, in ergreifender, lebenvoller Wahrheit, ste¬<lb/> hen sie da, die Weisen und Herrscher, die Helden und Lehrer der<lb/> Vorzeit, die würdigste Umgebung des Thrones eines deutschen Für¬<lb/> sten. Moses ist der erste unter der gewählten Zahl. Der<lb/> Künstler hat den inwohnenden Geist, die Gotteskraft des heili¬<lb/> gen Propheten in seiner tiefsten Bedeutung erfaßt und veranschaulicht;<lb/> in den Händen hält er die Gesetztafeln; unter dem Bild steht als<lb/> Wahlspruch: „Du sollst nicht andere Götter haben neben mir." —<lb/> Mose zur Seite steht David, der fromme Sänger der heiligen<lb/> Psalmen, das Saitenspiel im Arm; wir lesen den Wahlspruch: „Dein<lb/> Gesetz ist mein Wille." — Diesem zunächst sehen wir Salomo; die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
schmücken; die Wahl der Gegenstände für diese Arbeit blieb dem
Künstler frei gegeben. Er begann die Vorarbeiten dafür in dem¬
selben Jahre; sie wurde durch ein Augenleiden deS Künstlers, dessen
Heilung einen Aufenthalt in Italien erheischte, einige Zeit gehemmt
und im Herbst 1845 vollendet, wo der kunstgeschmückte Saal die
würdigste Weihe erhielt, indem bei Eröffnung des Landtages der
König die Deputirten seines Landes darin empfing.
Der Saal, ein langes Viereck, ist in seiner frühern Gestalt ge¬
blieben; die Decke ohne Wölbung, durch schwere und künstlerische
Verzierungen der Architektur — es sind in gleicher Form und Farbe
die sächsischen Wappen über hundertmal angebracht — überladen,
steht in keinem Verhältniß zu den Räumlichkeiten, auf welchen die
Fresken ausgeführt sind, deren Werth in einem entsprechenderen
Raume sich in vollendeteren Maße herausstellen würde.
Wir wenden uns zu den Werken und versuchen die Anschauung
derselben, wie sie unserm Auge sich dargeboten, und den Eindruck,
welchen diese Anschauungen in uns festigten, in flüchtigen Umrissen
darzulegen.
Inmitten der Hauptwand, unmittelbar über dem Thron, erblickt
man Sachsens Schutzgöttin (Saronia); reiche Gewände umhüllen
die gewaltige Gestalt;, daS ernste Angesicht schaut mit der Zuversicht
des gesicherten Glücks auf die gesegneten Gauen unseres schönen Hei¬
mathlandes; bedeutungsvoll ist unter dem Bildwerk der Wahlspruch:
„Stark durch Eintracht!" Der Thron zu beiden Seiten ist von
16 Gesetzgebern und Regenten umgeben; sie sind über Lebensgröße,
aufrecht stehend, in Wandvertiefungen auf Goldgrund gemalt. Gro߬
artige, mächtige Gestalten, in ergreifender, lebenvoller Wahrheit, ste¬
hen sie da, die Weisen und Herrscher, die Helden und Lehrer der
Vorzeit, die würdigste Umgebung des Thrones eines deutschen Für¬
sten. Moses ist der erste unter der gewählten Zahl. Der
Künstler hat den inwohnenden Geist, die Gotteskraft des heili¬
gen Propheten in seiner tiefsten Bedeutung erfaßt und veranschaulicht;
in den Händen hält er die Gesetztafeln; unter dem Bild steht als
Wahlspruch: „Du sollst nicht andere Götter haben neben mir." —
Mose zur Seite steht David, der fromme Sänger der heiligen
Psalmen, das Saitenspiel im Arm; wir lesen den Wahlspruch: „Dein
Gesetz ist mein Wille." — Diesem zunächst sehen wir Salomo; die
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