Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.Die Krankheit des Erzherzogs Karl, die bereits eine sehr schlimme Kaum glaubte man in der Person des Ritters von Borr der Die Glückswechsel in der Börsenwelt sind wirklich so fabelhaft, 35*
Die Krankheit des Erzherzogs Karl, die bereits eine sehr schlimme Kaum glaubte man in der Person des Ritters von Borr der Die Glückswechsel in der Börsenwelt sind wirklich so fabelhaft, 35*
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Die Krankheit des Erzherzogs Karl, die bereits eine sehr schlimme
Wendung genommen, hat in den jüngsten Tagen einen beruhigenden
Verlauf eingeschlagen, so daß man jetzt an dem Aufkommen des grei¬
sen Helden nicht mehr zweifelt. Auf die erste Kunde von der gefähr¬
lichen Erkrankung des Erzherzogs sind sogleich die beiden abwesenden
Prinzen Friedrich und Karl aus Venedig und Prag hiehergceilt, wer¬
den aber jetzt wieder ihre Rückreise antreten.
Kaum glaubte man in der Person des Ritters von Borr der
Quelle der verhängnißvollen Bcmknotensälschung auf die Spur ge¬
kommen zu sein, der es allein zugeschrieben werden muß, daß bei der
diesjährigen Dividendenverthcilung der Nationalbank kein Reservefonds¬
betrag eingelegt werden konnte, indem die Borr'schen Falsisicate und
die Betrügereien des Kassirers F. damit gedeckt werden mußten, so
sind auch schon wieder neue Banknoten unechten Ursprungs im Um¬
lauf. Zum Glück sind sie nichts weniger als gelungene Nachahmun¬
gen und werden daher nicht sehr gefährlich werden. In dieser Woche
muß übrigens der im Criminalgebäude sitzende Borr vor einer Eom-
mission von Sachverständigen sein ganzes Verfahren produciren, wel¬
ches er bei der Erzeugung seiner Falsisicate angewendet hat, um je¬
nen Grad verführerischer Aehnlichkeit zu erreichen, der seinem Wirken
eine so unheilvolle Bedeutung verliehen hat. Höchst seltsam soll das
Betragen des Jnquisttcn dem Verhörrichter gegenüber sein, indem
Borr sein Verbrechen stets nur als wissenschaftlich-technisches Problem
betrachtet, dessen Besprechung ihm große Freude verursacht, während
er die praktische Seite und strafbare Ausbeutung desselben kaum zu
ahnen oder wenigstens kaum zu beachten scheint.
Die Glückswechsel in der Börsenwelt sind wirklich so fabelhaft,
daß sie an die Wunder der Tausend und einen Nacht gemahnen;
scheint es doch fast, als wolle sich das Bischen Schicksalspoesie das
die moderne Civilisation noch auf der Erde gelassen, ganz und gar in
die Actienpapiere ziehen, denn diese allein machen noch ähnliche Um¬
wälzungen in dem individuellen Schicksale möglich, wie sie die Ro¬
mantik der Orientalen liebt und die türkischen Staatsverhältnisse er¬
lauben, wo aus einem Schisssknecht ein Minister, aus einem Bart-
krausler ein Mufti werden kann. Vor mehreren Jahren kam, um
unter vielen Beispielen nur ein leuchtendes zu erwähnen, ein Italie¬
ner, Namens Galvani, Hieher, ohne irgend ein Vermögen zu besitzen.
Nach mancherlei Wechselfällen ist besagter Galvani im Besitz unge¬
heurer Reichthümer, die ihn in Stand setzen zum Behufe großartiger
Neubauten in dem der sogenannten Hohenbrücke nächstgelegenen
Stadttheile eine ganze Häuserreihe zum Abbruch anzukaufen, und
überdies den Plan zu realistren, der ihn in einen römischen Herzog
verwandeln soll. Im Kirchenstaat, so wie in Neapel gibt es nämlich
große Ländereien, mit deren Besitz der Herzogstitel verknüpft ist und
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