Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.Da werden die Liberalen zu Predigern des neuen Glaubens So sind die alten Ideale allesammt zerstört, hier nicht von einem Ihr, der ästhetischen Kritik, mögen noch Gedichte wie das: Da werden die Liberalen zu Predigern des neuen Glaubens So sind die alten Ideale allesammt zerstört, hier nicht von einem Ihr, der ästhetischen Kritik, mögen noch Gedichte wie das: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182078"/> <lg xml:id="POEMID_68" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_592"> Da werden die Liberalen zu Predigern des neuen Glaubens<lb/> und wol gar — wenn sie das Glück haben, vierzehn Tage einge¬<lb/> sperrt zu werden — zu Märtyrern und Propheten; der Barbier<lb/> schneidet seinen Kunden in die Lippe vor Religionseifer u. s. f.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_69" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_593"> So sind die alten Ideale allesammt zerstört, hier nicht von einem<lb/> Radicalen, Subversiven, Negativen, speculativen und wie diese Jven<lb/> alle heißen, nein, sogar vom Poeten, von dem Manne mit dem Seherblick,<lb/> mit dem Blicke der die Erscheinungen des Lebens ergreift, durchbohrt.<lb/> Sehetda, die Subversion ist auch in die poetischeWelt eingedrungen, die<lb/> Poesie unserer Neactionsepoche, sie, welche Poesie der Ideale, Poesie<lb/> um ihrer selbst willen, absolute Poesie war, ist auf einmal umge¬<lb/> stürzt, die Poesie hat sich gegen sich selbst gekehrt, und frißt, ein<lb/> neuer Prometheus, der aber, ungleich dem alten, sein eigener Geier<lb/> ist, sich selbst das Herz aus der Brust. — Wie mag nur die<lb/> ästhetische Kritik, jene ächte, aus der guten Zeit her, wo die Poesie<lb/> noch der Idee, dem Gespenste des Schönen nachjagte, es anstellen,<lb/> sich mit dieser modernen Poesie von Fleisch und Blut abzufinden?<lb/> — Nun, doch wohl so, wie der alte Glaube mit allem was der<lb/> Welt und ihres Fürsten ist — verdammend!</p><lb/> <p xml:id="ID_594" next="#ID_595"> Ihr, der ästhetischen Kritik, mögen noch Gedichte wie das:<lb/> „Auch eine Dorfgeschichte" am meisten zusagen; wo der wilde Schotte,<lb/> der Bauernquäler, in dem Augenblicke da ihn zum ersten Male in<lb/> seinem Leben ein menschliches Gefühl beschleicht und er sich'ö vornimmt<lb/> nun ein anderer Mensch zu werden, von dem rächenden Blei ereilt wird.<lb/> In der That ein prachtvolles Gedicht, von gewaltiger Wirkung;<lb/> das aber in dieser Sammlung der „Lieder vom armen Mann" eher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
Da werden die Liberalen zu Predigern des neuen Glaubens
und wol gar — wenn sie das Glück haben, vierzehn Tage einge¬
sperrt zu werden — zu Märtyrern und Propheten; der Barbier
schneidet seinen Kunden in die Lippe vor Religionseifer u. s. f.
So sind die alten Ideale allesammt zerstört, hier nicht von einem
Radicalen, Subversiven, Negativen, speculativen und wie diese Jven
alle heißen, nein, sogar vom Poeten, von dem Manne mit dem Seherblick,
mit dem Blicke der die Erscheinungen des Lebens ergreift, durchbohrt.
Sehetda, die Subversion ist auch in die poetischeWelt eingedrungen, die
Poesie unserer Neactionsepoche, sie, welche Poesie der Ideale, Poesie
um ihrer selbst willen, absolute Poesie war, ist auf einmal umge¬
stürzt, die Poesie hat sich gegen sich selbst gekehrt, und frißt, ein
neuer Prometheus, der aber, ungleich dem alten, sein eigener Geier
ist, sich selbst das Herz aus der Brust. — Wie mag nur die
ästhetische Kritik, jene ächte, aus der guten Zeit her, wo die Poesie
noch der Idee, dem Gespenste des Schönen nachjagte, es anstellen,
sich mit dieser modernen Poesie von Fleisch und Blut abzufinden?
— Nun, doch wohl so, wie der alte Glaube mit allem was der
Welt und ihres Fürsten ist — verdammend!
Ihr, der ästhetischen Kritik, mögen noch Gedichte wie das:
„Auch eine Dorfgeschichte" am meisten zusagen; wo der wilde Schotte,
der Bauernquäler, in dem Augenblicke da ihn zum ersten Male in
seinem Leben ein menschliches Gefühl beschleicht und er sich'ö vornimmt
nun ein anderer Mensch zu werden, von dem rächenden Blei ereilt wird.
In der That ein prachtvolles Gedicht, von gewaltiger Wirkung;
das aber in dieser Sammlung der „Lieder vom armen Mann" eher
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