Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.der in den letzten drei Monaten in Brüssel lebte, und der nun wie¬ III. Aus Wie ". Earneval. -- Ein neuer Ballsaal. -- Iuristcnball. -- Theatralisches. -- Erz¬ herzog Karl. -- or. Lepsius. -- Nosologischcs. -- Censurwescn. Der Carneval hat bereits sein buntflatterndes Panier aufge- der in den letzten drei Monaten in Brüssel lebte, und der nun wie¬ III. Aus Wie «. Earneval. — Ein neuer Ballsaal. — Iuristcnball. — Theatralisches. — Erz¬ herzog Karl. — or. Lepsius. — Nosologischcs. — Censurwescn. Der Carneval hat bereits sein buntflatterndes Panier aufge- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182047"/> <p xml:id="ID_541" prev="#ID_540"> der in den letzten drei Monaten in Brüssel lebte, und der nun wie¬<lb/> der Hieher zurückgekehrt ist, um — wie es heißt — mit einer lie¬<lb/> benswürdigen und geistreichen Französin sich zu vermählen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> III.<lb/> Aus Wie «.</head><lb/> <note type="argument"> Earneval. — Ein neuer Ballsaal. — Iuristcnball. — Theatralisches. — Erz¬<lb/> herzog Karl. — or. Lepsius. — Nosologischcs. — Censurwescn.</note><lb/> <p xml:id="ID_542" next="#ID_543"> Der Carneval hat bereits sein buntflatterndes Panier aufge-<lb/> steckt und der Signalschuß der Freude ruft die fröhliche Bevölkerung<lb/> auf ihre Sammelorte, worunter nichts anderes zu verstehen als die<lb/> zahllosen Tanzsale, in denen die heiteren Terpsichore ihren Thronsitz<lb/> ausgeschlagen. Die vcrschrumpfte „Birn" ist wieder frisch, und neu¬<lb/> geboren lachen den Vergnügunssüchtigen die früher vielbesuchten Hal¬<lb/> len entgegen; das Luftreich des Sverls hat-seine Pforten geöffnet, und<lb/> in allen Vorstädten tauchen neue Ballsäle auf, in denen sich die<lb/> schönere Hälfte ganz besonders glücklich fühlt. Unter diesen Neubau¬<lb/> ten fesselt besonders der große Ballsaal, welcher in einem Anbau des<lb/> unter der Leitung des blinden Mornartz stehenden Sophienbades ent¬<lb/> stand, die allgemeine Neugier durch die Neuheit und Originalität des<lb/> Arrangements und durch den Glanz und den Geschmack der Dekora¬<lb/> tion. Nach einem Plan der Architecten Van der Null und Sicco-<lb/> ralsburg erbaut, ist der Salon daraus berechnet, daß er im Sommer<lb/> als Schwimmschule dienen kann; seine Länge beträgt 2l) Klafter, die<lb/> Breite 9 und die Höhe 8 Klafter. Die Parketten, über den Bauch<lb/> des Wasserbeckens gelegt, besitzen einen gewissen Grad von Elastici¬<lb/> tät/ welche den — Tänzern sehr gut zu Statten kommen dürste,<lb/> und ein sinnreich 'angewendetes Vcntilationssystem sorgt dafür, daß<lb/> die Hitze nicht allzu groß werde. Zudem strömen über hundert helle<lb/> Gasflammen auf vier prachtvollen Kronleuchtern ein blendendes Licht¬<lb/> meer in die elegant decorirten Räume, denen vorzüglich ihre kunstvol¬<lb/> len Freskomalereien nachgerühmt werden. Doch alle diese Vorzüge<lb/> sollten unsere sonst so strenge Baupolizei nicht abhalten, die Benutzung<lb/> der Localität für die laufende Saison zu untersagen, indem es nicht<lb/> anders als höchst verderblich für ein leichtgekleidetes Ballpublicum fein<lb/> kann, eine ganze Nacht hindurch in einem Raume sich zu bewegen,<lb/> den erst vor wenigen Tagen der Maurer und Stubenmaler verlassen<lb/> haben. Die Wände sind noch feucht von Kalk, und während ein ge¬<lb/> wöhnliches Wohnhaus längere Zeit unbewohnt stehen und austrocke¬<lb/> nen muss, ist man so gewissenlos einen kaum vollendeten Salon<lb/> drr öffentlichen Benutzung zu übergeben? — Als eine Curiosität un¬<lb/> seres Carnevals und als einen spaßhaften Beleg der kindischen Arro¬<lb/> ganz und dünkelhaften Vornehmthuerei unseres Studententhums, wat-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
der in den letzten drei Monaten in Brüssel lebte, und der nun wie¬
der Hieher zurückgekehrt ist, um — wie es heißt — mit einer lie¬
benswürdigen und geistreichen Französin sich zu vermählen.
III.
Aus Wie «.
Earneval. — Ein neuer Ballsaal. — Iuristcnball. — Theatralisches. — Erz¬
herzog Karl. — or. Lepsius. — Nosologischcs. — Censurwescn.
Der Carneval hat bereits sein buntflatterndes Panier aufge-
steckt und der Signalschuß der Freude ruft die fröhliche Bevölkerung
auf ihre Sammelorte, worunter nichts anderes zu verstehen als die
zahllosen Tanzsale, in denen die heiteren Terpsichore ihren Thronsitz
ausgeschlagen. Die vcrschrumpfte „Birn" ist wieder frisch, und neu¬
geboren lachen den Vergnügunssüchtigen die früher vielbesuchten Hal¬
len entgegen; das Luftreich des Sverls hat-seine Pforten geöffnet, und
in allen Vorstädten tauchen neue Ballsäle auf, in denen sich die
schönere Hälfte ganz besonders glücklich fühlt. Unter diesen Neubau¬
ten fesselt besonders der große Ballsaal, welcher in einem Anbau des
unter der Leitung des blinden Mornartz stehenden Sophienbades ent¬
stand, die allgemeine Neugier durch die Neuheit und Originalität des
Arrangements und durch den Glanz und den Geschmack der Dekora¬
tion. Nach einem Plan der Architecten Van der Null und Sicco-
ralsburg erbaut, ist der Salon daraus berechnet, daß er im Sommer
als Schwimmschule dienen kann; seine Länge beträgt 2l) Klafter, die
Breite 9 und die Höhe 8 Klafter. Die Parketten, über den Bauch
des Wasserbeckens gelegt, besitzen einen gewissen Grad von Elastici¬
tät/ welche den — Tänzern sehr gut zu Statten kommen dürste,
und ein sinnreich 'angewendetes Vcntilationssystem sorgt dafür, daß
die Hitze nicht allzu groß werde. Zudem strömen über hundert helle
Gasflammen auf vier prachtvollen Kronleuchtern ein blendendes Licht¬
meer in die elegant decorirten Räume, denen vorzüglich ihre kunstvol¬
len Freskomalereien nachgerühmt werden. Doch alle diese Vorzüge
sollten unsere sonst so strenge Baupolizei nicht abhalten, die Benutzung
der Localität für die laufende Saison zu untersagen, indem es nicht
anders als höchst verderblich für ein leichtgekleidetes Ballpublicum fein
kann, eine ganze Nacht hindurch in einem Raume sich zu bewegen,
den erst vor wenigen Tagen der Maurer und Stubenmaler verlassen
haben. Die Wände sind noch feucht von Kalk, und während ein ge¬
wöhnliches Wohnhaus längere Zeit unbewohnt stehen und austrocke¬
nen muss, ist man so gewissenlos einen kaum vollendeten Salon
drr öffentlichen Benutzung zu übergeben? — Als eine Curiosität un¬
seres Carnevals und als einen spaßhaften Beleg der kindischen Arro¬
ganz und dünkelhaften Vornehmthuerei unseres Studententhums, wat-
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