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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Hier ruft es: Fauler König, gieb uns Brod!
Dort schreit die Wuth: Seid frei und schlagt ihn todt
Die Keulen dröhnen an geschloßner Pforte
Und an des Königs Ohr mordlustge Worte --
Er bebt -- da ist kein Weg, der ihn errette --
Die Moldau hier und hier des Volkes Kette! --
Da stürzt des Hauses starke Magd heran,
Sie wirft ein Linnen um des Königs Lenden,
Dann faßt sie ihn, und mit gewaltgen Händen
Fort zieht sie ihn -- hinaus und in den Kahn.
Fort, ruft sie, fort, eh sie das Thor erbrechen
Und ihre Noth in deinem Blute rächen!
Das Nuder faßt sie an, und weit vom Ufer
Das Schifflein fliegt auf sturmbewegter Welle,
Indessen ferner an des Bades Schwelle
Versälle das Schreien der rebellschen Rufer.
Stromaufwärts fliegt's -- die Sturmeswellen heben
Und werfen es, als wollten sie erfühlen
Die süße Lust mit einem Königsleben
Gleich wie mit einem leichten Ball zu spielen.
Susanna aber schlägt sie mit Gewalt
Aufs Haupt mit ihrem Ruder, daß es schallt
Wie eines Schwertes Schläge ohne Aahl
Auf eines Feindes Helm- und Schilderstahl.
Vorüber an der Inseln grünem Rande
Und an des Wissehrades felsgem Strande -
Lenkt sie das Schifflein mit gewaltger Hand
Und weiter immer fort ins offne Land.
Auf niedrer Bank der König Wenzel sitzt;
Kaum daß er seine Blöße kann bedecken
Vor Well' auf Welle, die herüberspritzt
Und höhnend nach ihm scheint die Hand zu strecken.
Doch wie die Well' ihn wirft, ihm ist es recht! --
Fürwahr, der kennt den König Wenzel schlecht, >
Der meint, daß ihm vor Volk und Welle bangt;
Nicht doch -- in stiller Lust sein Auge hangt
An der gewaltgen wellenmachtgen Magd,
Die, wie sie vor ihm steht mit losen Haaren
Durch die die Winde stürmisch wühlend fahren

Hier ruft es: Fauler König, gieb uns Brod!
Dort schreit die Wuth: Seid frei und schlagt ihn todt
Die Keulen dröhnen an geschloßner Pforte
Und an des Königs Ohr mordlustge Worte —
Er bebt — da ist kein Weg, der ihn errette —
Die Moldau hier und hier des Volkes Kette! —
Da stürzt des Hauses starke Magd heran,
Sie wirft ein Linnen um des Königs Lenden,
Dann faßt sie ihn, und mit gewaltgen Händen
Fort zieht sie ihn — hinaus und in den Kahn.
Fort, ruft sie, fort, eh sie das Thor erbrechen
Und ihre Noth in deinem Blute rächen!
Das Nuder faßt sie an, und weit vom Ufer
Das Schifflein fliegt auf sturmbewegter Welle,
Indessen ferner an des Bades Schwelle
Versälle das Schreien der rebellschen Rufer.
Stromaufwärts fliegt's — die Sturmeswellen heben
Und werfen es, als wollten sie erfühlen
Die süße Lust mit einem Königsleben
Gleich wie mit einem leichten Ball zu spielen.
Susanna aber schlägt sie mit Gewalt
Aufs Haupt mit ihrem Ruder, daß es schallt
Wie eines Schwertes Schläge ohne Aahl
Auf eines Feindes Helm- und Schilderstahl.
Vorüber an der Inseln grünem Rande
Und an des Wissehrades felsgem Strande -
Lenkt sie das Schifflein mit gewaltger Hand
Und weiter immer fort ins offne Land.
Auf niedrer Bank der König Wenzel sitzt;
Kaum daß er seine Blöße kann bedecken
Vor Well' auf Welle, die herüberspritzt
Und höhnend nach ihm scheint die Hand zu strecken.
Doch wie die Well' ihn wirft, ihm ist es recht! —
Fürwahr, der kennt den König Wenzel schlecht, >
Der meint, daß ihm vor Volk und Welle bangt;
Nicht doch — in stiller Lust sein Auge hangt
An der gewaltgen wellenmachtgen Magd,
Die, wie sie vor ihm steht mit losen Haaren
Durch die die Winde stürmisch wühlend fahren

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[0220] Hier ruft es: Fauler König, gieb uns Brod! Dort schreit die Wuth: Seid frei und schlagt ihn todt Die Keulen dröhnen an geschloßner Pforte Und an des Königs Ohr mordlustge Worte — Er bebt — da ist kein Weg, der ihn errette — Die Moldau hier und hier des Volkes Kette! — Da stürzt des Hauses starke Magd heran, Sie wirft ein Linnen um des Königs Lenden, Dann faßt sie ihn, und mit gewaltgen Händen Fort zieht sie ihn — hinaus und in den Kahn. Fort, ruft sie, fort, eh sie das Thor erbrechen Und ihre Noth in deinem Blute rächen! Das Nuder faßt sie an, und weit vom Ufer Das Schifflein fliegt auf sturmbewegter Welle, Indessen ferner an des Bades Schwelle Versälle das Schreien der rebellschen Rufer. Stromaufwärts fliegt's — die Sturmeswellen heben Und werfen es, als wollten sie erfühlen Die süße Lust mit einem Königsleben Gleich wie mit einem leichten Ball zu spielen. Susanna aber schlägt sie mit Gewalt Aufs Haupt mit ihrem Ruder, daß es schallt Wie eines Schwertes Schläge ohne Aahl Auf eines Feindes Helm- und Schilderstahl. Vorüber an der Inseln grünem Rande Und an des Wissehrades felsgem Strande - Lenkt sie das Schifflein mit gewaltger Hand Und weiter immer fort ins offne Land. Auf niedrer Bank der König Wenzel sitzt; Kaum daß er seine Blöße kann bedecken Vor Well' auf Welle, die herüberspritzt Und höhnend nach ihm scheint die Hand zu strecken. Doch wie die Well' ihn wirft, ihm ist es recht! — Fürwahr, der kennt den König Wenzel schlecht, > Der meint, daß ihm vor Volk und Welle bangt; Nicht doch — in stiller Lust sein Auge hangt An der gewaltgen wellenmachtgen Magd, Die, wie sie vor ihm steht mit losen Haaren Durch die die Winde stürmisch wühlend fahren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/220>, abgerufen am 23.12.2024.