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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Als drückte nicht den Wandrer unbehaust
Wohin er zieht das Recht der blutgen Faust,
Als flöße nicht um ihn das Blut in Strömen
Aus den entflammten Herzen feiner Böhmen,
Als keuchte nicht die blasse Hungersnot!)
Rings durch die Gassen Prags und schrie nach Brod.
Da träumt ein König nur wie Wenzeslaus,
schwankt wie ein Nachen auch sein Königshaus
Ein König, der des Geistes Sonnen preist
Und seinen Henker gern Gevatter heißt,
Der seine Königin vorwarf den Hunden
Und süße Lieder singt zu allen Stunden.
Ja, auch ein Sänger ist der holden Minnen
Der zubenannte faule Vöhmenkönig;
Mild klingt sein Lied und kirchenglockentönig.
Wie er im Bad sich streckt -- in tiefes Sinnen,
In aufgelöste Träumerei versenkt --
Vielleicht, daß eines süßen Lieds er denkt.
Da stört ihn auf ein Lärm, ein fernes Schrein,
Ein wildes Stimmenrufen mittendrein,
Ein tolles Jauchzen und ein dumpfes Heulen,
Ein Dröhnen wie von Lanzen, Schwert und Keulen
Wie Sturm und Wirbelwind in Eins verflossen.
Der König hebt im Bade sich verdrossen
Und streckt das bärtge Haupt empor zu lauschen:
"Sind es der Moldau Wellen, die so rauschen?
"Schlagt so der Sturm an dieser Hütte Planken
"Die, ob sie stürzen wollten, bebend schwanken? --
Da schallt herein des Aufruhrs erster Gruß :
Den Pfaffen Tod! -- und hoch Johannes Huß! --
"Zsts das? -- ich geb euch gern die Pfaffen drein/'
"Hoch lebe Huß! ich stimme mit euch ein!" --
Ein zweites Grüßen: Nieder mit den Räthen
Die uns die Seele aus dem Leibe treten! --
Der König spricht: "Ist euch dies Volk zur Last,
"So nehmt es hin -- s'ist mir wie euch verhaßt."
Doch immer wilder tönt des Aufruhrs Stimme,
Das Haus erzittert von des Volkes Grimme;

27"
Als drückte nicht den Wandrer unbehaust
Wohin er zieht das Recht der blutgen Faust,
Als flöße nicht um ihn das Blut in Strömen
Aus den entflammten Herzen feiner Böhmen,
Als keuchte nicht die blasse Hungersnot!)
Rings durch die Gassen Prags und schrie nach Brod.
Da träumt ein König nur wie Wenzeslaus,
schwankt wie ein Nachen auch sein Königshaus
Ein König, der des Geistes Sonnen preist
Und seinen Henker gern Gevatter heißt,
Der seine Königin vorwarf den Hunden
Und süße Lieder singt zu allen Stunden.
Ja, auch ein Sänger ist der holden Minnen
Der zubenannte faule Vöhmenkönig;
Mild klingt sein Lied und kirchenglockentönig.
Wie er im Bad sich streckt — in tiefes Sinnen,
In aufgelöste Träumerei versenkt —
Vielleicht, daß eines süßen Lieds er denkt.
Da stört ihn auf ein Lärm, ein fernes Schrein,
Ein wildes Stimmenrufen mittendrein,
Ein tolles Jauchzen und ein dumpfes Heulen,
Ein Dröhnen wie von Lanzen, Schwert und Keulen
Wie Sturm und Wirbelwind in Eins verflossen.
Der König hebt im Bade sich verdrossen
Und streckt das bärtge Haupt empor zu lauschen:
„Sind es der Moldau Wellen, die so rauschen?
„Schlagt so der Sturm an dieser Hütte Planken
„Die, ob sie stürzen wollten, bebend schwanken? —
Da schallt herein des Aufruhrs erster Gruß :
Den Pfaffen Tod! — und hoch Johannes Huß! —
„Zsts das? — ich geb euch gern die Pfaffen drein/'
„Hoch lebe Huß! ich stimme mit euch ein!" —
Ein zweites Grüßen: Nieder mit den Räthen
Die uns die Seele aus dem Leibe treten! —
Der König spricht: „Ist euch dies Volk zur Last,
„So nehmt es hin — s'ist mir wie euch verhaßt."
Doch immer wilder tönt des Aufruhrs Stimme,
Das Haus erzittert von des Volkes Grimme;

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[0219] Als drückte nicht den Wandrer unbehaust Wohin er zieht das Recht der blutgen Faust, Als flöße nicht um ihn das Blut in Strömen Aus den entflammten Herzen feiner Böhmen, Als keuchte nicht die blasse Hungersnot!) Rings durch die Gassen Prags und schrie nach Brod. Da träumt ein König nur wie Wenzeslaus, schwankt wie ein Nachen auch sein Königshaus Ein König, der des Geistes Sonnen preist Und seinen Henker gern Gevatter heißt, Der seine Königin vorwarf den Hunden Und süße Lieder singt zu allen Stunden. Ja, auch ein Sänger ist der holden Minnen Der zubenannte faule Vöhmenkönig; Mild klingt sein Lied und kirchenglockentönig. Wie er im Bad sich streckt — in tiefes Sinnen, In aufgelöste Träumerei versenkt — Vielleicht, daß eines süßen Lieds er denkt. Da stört ihn auf ein Lärm, ein fernes Schrein, Ein wildes Stimmenrufen mittendrein, Ein tolles Jauchzen und ein dumpfes Heulen, Ein Dröhnen wie von Lanzen, Schwert und Keulen Wie Sturm und Wirbelwind in Eins verflossen. Der König hebt im Bade sich verdrossen Und streckt das bärtge Haupt empor zu lauschen: „Sind es der Moldau Wellen, die so rauschen? „Schlagt so der Sturm an dieser Hütte Planken „Die, ob sie stürzen wollten, bebend schwanken? — Da schallt herein des Aufruhrs erster Gruß : Den Pfaffen Tod! — und hoch Johannes Huß! — „Zsts das? — ich geb euch gern die Pfaffen drein/' „Hoch lebe Huß! ich stimme mit euch ein!" — Ein zweites Grüßen: Nieder mit den Räthen Die uns die Seele aus dem Leibe treten! — Der König spricht: „Ist euch dies Volk zur Last, „So nehmt es hin — s'ist mir wie euch verhaßt." Doch immer wilder tönt des Aufruhrs Stimme, Das Haus erzittert von des Volkes Grimme; 27»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/219>, abgerufen am 23.12.2024.