Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.Englische Dichter. i. Thomas Moore. Gewiß erinnert sich mancher Leser noch jener Zeit, da die so¬ Wir glauben nicht zu irren, wenn wir behaupten, daß Tau¬ Gr-nzbotcn, 18"". I. 25
Englische Dichter. i. Thomas Moore. Gewiß erinnert sich mancher Leser noch jener Zeit, da die so¬ Wir glauben nicht zu irren, wenn wir behaupten, daß Tau¬ Gr-nzbotcn, 18««. I. 25
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Englische Dichter.
i.
Thomas Moore.
Gewiß erinnert sich mancher Leser noch jener Zeit, da die so¬
genannte „classische Cabinetöbibliothek" uns die gescnnmte Weltlite¬
ratur, den Raupach.und den Calderon, den Dante und die Scho¬
penhauer, im selben Format aus Herz legte. Die Cabinetsbiblio-
thek war eine Walhalla, in der kein europäischer Klassiker fehlen
sollte, und worin manch Neuer aufgenommen wurde, der seitdem
gar nicht mehr zu den Klassikern gezählt wird. Das waren uns
selige Tage! Das Publicum selbst kritisirte sehr wenig und hatte
einen liebenswürdigen Appetit. Es betrachtete sich noch immer wie
einen Reconvalescenten, der sich für die Angst und die Leiden des
Freiheitskrieges, ein wenig zerstreuen und stärken mußte und sich
daher von allen Seiten mit zarten Hühnersuppen, ästhetischen Com-
pots und leichten Süßigkeiten füttern ließ. Unsere Romantik war
etwas kränklich, in Folge des Katzenjammers, der auf den ersten
Freiheitsrausch der Deutschen folgte, und konnte keine Kraftbrühen
für das Volk liefern; sie wies mit blasser, schwindsüchtiger Hand
nach dem Ausland im Süden und Norden. Damals wurde viel
übersetzt; nicht so viel wie heut, aber sehr oft mit größerer Liebe
und mit besserer Auswahl. —
Wir glauben nicht zu irren, wenn wir behaupten, daß Tau¬
sende unter den Gebildeten Deutschlands den berühmten Dichter
Thomas Moore zum erstenmal aus jener schätzenswerthen Cabi-
netsbibliothek kennen lernten, durch die Uebersetzung von Lalla Rookh;
und sie haben dies Gedicht voll orientalischer Farbengluth vielleicht
mit eben so großem Vergnügen gelesen, wie Morter's Hadschi
Gr-nzbotcn, 18««. I. 25
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