Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Auch ein Wort über dramatische Zustände.



Die Literatur, und namentlich die Journalistik, hat sich in letz¬
terer Zeit wieder mit Eifer unserer neu aufstrebenden Dramatik an¬
genommen; aber nicht der Literatur allein liegt es ob, ihre Zeit zu
verstehen, sondern allen Denen, welche berufen sind, Leiter zu sein
in dieser oder jener Beziehung des Lebens, welche durch Zufall
oder menschliche Wahl an einen Platz gestellt wurden, von wo aus
ihnen eine reichere Einwirkung auf die Geschicke der menschlichen
Thätigkeit gestattet ist. Reden wir von der dramatischen Poesie
und von Deutschland, so sind es die deutschen Theater-Directionen
und die deutschen Regierungen, denen ein Haupttheil der Aufgabe
zufällt, dem regeren Streben fördernd ihre Unterstützung zu weihen.
Denn es ist kein Spiel, wenn eine ganze Literatur sich mit aller
Intensität einem besonderen Zweige des poetischen Schaffens zu¬
wendet, es ist vielmehr eine wichtige historische Nothwendigkeit.

Was thun zunächst die Theater zur Begünstigung der jungen
deutschen Dramatik? Lassen sie es sich angelegen sein, alles Erschei¬
nende liebevoll und aufmerksam zu prüfen, fordern sie Erstlings -
Werke, ohne Rücksicht auf äußere Vortheile zur Darstellung, ist es
überhaupt die Schönheit, der Werth einer dramatischen Arbeit, was
die Wahl bestimmt? So im Allgemeinen die Frage gestellt, kann
nur eine traurige verneinende Antwort folgen. Gerade die am
reichsten dotirter Theater thun das Wenigste aus reinem Interesse


Auch ein Wort über dramatische Zustände.



Die Literatur, und namentlich die Journalistik, hat sich in letz¬
terer Zeit wieder mit Eifer unserer neu aufstrebenden Dramatik an¬
genommen; aber nicht der Literatur allein liegt es ob, ihre Zeit zu
verstehen, sondern allen Denen, welche berufen sind, Leiter zu sein
in dieser oder jener Beziehung des Lebens, welche durch Zufall
oder menschliche Wahl an einen Platz gestellt wurden, von wo aus
ihnen eine reichere Einwirkung auf die Geschicke der menschlichen
Thätigkeit gestattet ist. Reden wir von der dramatischen Poesie
und von Deutschland, so sind es die deutschen Theater-Directionen
und die deutschen Regierungen, denen ein Haupttheil der Aufgabe
zufällt, dem regeren Streben fördernd ihre Unterstützung zu weihen.
Denn es ist kein Spiel, wenn eine ganze Literatur sich mit aller
Intensität einem besonderen Zweige des poetischen Schaffens zu¬
wendet, es ist vielmehr eine wichtige historische Nothwendigkeit.

Was thun zunächst die Theater zur Begünstigung der jungen
deutschen Dramatik? Lassen sie es sich angelegen sein, alles Erschei¬
nende liebevoll und aufmerksam zu prüfen, fordern sie Erstlings -
Werke, ohne Rücksicht auf äußere Vortheile zur Darstellung, ist es
überhaupt die Schönheit, der Werth einer dramatischen Arbeit, was
die Wahl bestimmt? So im Allgemeinen die Frage gestellt, kann
nur eine traurige verneinende Antwort folgen. Gerade die am
reichsten dotirter Theater thun das Wenigste aus reinem Interesse


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0174" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181984"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Auch ein Wort über dramatische Zustände.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_376"> Die Literatur, und namentlich die Journalistik, hat sich in letz¬<lb/>
terer Zeit wieder mit Eifer unserer neu aufstrebenden Dramatik an¬<lb/>
genommen; aber nicht der Literatur allein liegt es ob, ihre Zeit zu<lb/>
verstehen, sondern allen Denen, welche berufen sind, Leiter zu sein<lb/>
in dieser oder jener Beziehung des Lebens, welche durch Zufall<lb/>
oder menschliche Wahl an einen Platz gestellt wurden, von wo aus<lb/>
ihnen eine reichere Einwirkung auf die Geschicke der menschlichen<lb/>
Thätigkeit gestattet ist. Reden wir von der dramatischen Poesie<lb/>
und von Deutschland, so sind es die deutschen Theater-Directionen<lb/>
und die deutschen Regierungen, denen ein Haupttheil der Aufgabe<lb/>
zufällt, dem regeren Streben fördernd ihre Unterstützung zu weihen.<lb/>
Denn es ist kein Spiel, wenn eine ganze Literatur sich mit aller<lb/>
Intensität einem besonderen Zweige des poetischen Schaffens zu¬<lb/>
wendet, es ist vielmehr eine wichtige historische Nothwendigkeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_377" next="#ID_378"> Was thun zunächst die Theater zur Begünstigung der jungen<lb/>
deutschen Dramatik? Lassen sie es sich angelegen sein, alles Erschei¬<lb/>
nende liebevoll und aufmerksam zu prüfen, fordern sie Erstlings -<lb/>
Werke, ohne Rücksicht auf äußere Vortheile zur Darstellung, ist es<lb/>
überhaupt die Schönheit, der Werth einer dramatischen Arbeit, was<lb/>
die Wahl bestimmt? So im Allgemeinen die Frage gestellt, kann<lb/>
nur eine traurige verneinende Antwort folgen. Gerade die am<lb/>
reichsten dotirter Theater thun das Wenigste aus reinem Interesse</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0174] Auch ein Wort über dramatische Zustände. Die Literatur, und namentlich die Journalistik, hat sich in letz¬ terer Zeit wieder mit Eifer unserer neu aufstrebenden Dramatik an¬ genommen; aber nicht der Literatur allein liegt es ob, ihre Zeit zu verstehen, sondern allen Denen, welche berufen sind, Leiter zu sein in dieser oder jener Beziehung des Lebens, welche durch Zufall oder menschliche Wahl an einen Platz gestellt wurden, von wo aus ihnen eine reichere Einwirkung auf die Geschicke der menschlichen Thätigkeit gestattet ist. Reden wir von der dramatischen Poesie und von Deutschland, so sind es die deutschen Theater-Directionen und die deutschen Regierungen, denen ein Haupttheil der Aufgabe zufällt, dem regeren Streben fördernd ihre Unterstützung zu weihen. Denn es ist kein Spiel, wenn eine ganze Literatur sich mit aller Intensität einem besonderen Zweige des poetischen Schaffens zu¬ wendet, es ist vielmehr eine wichtige historische Nothwendigkeit. Was thun zunächst die Theater zur Begünstigung der jungen deutschen Dramatik? Lassen sie es sich angelegen sein, alles Erschei¬ nende liebevoll und aufmerksam zu prüfen, fordern sie Erstlings - Werke, ohne Rücksicht auf äußere Vortheile zur Darstellung, ist es überhaupt die Schönheit, der Werth einer dramatischen Arbeit, was die Wahl bestimmt? So im Allgemeinen die Frage gestellt, kann nur eine traurige verneinende Antwort folgen. Gerade die am reichsten dotirter Theater thun das Wenigste aus reinem Interesse

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/174
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/174>, abgerufen am 23.12.2024.