Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.anmesst". Deshalb kam er in Arrest und sollte sogar angestoßen Im Jahre 1821, wo er als Souslieutenant den wirklichen In Marseille endlich, wo vor dem Ausbruche des spanischen Man sieht, Carrel hatte Bedeutendes erlebt und sich mit Po¬ anmesst». Deshalb kam er in Arrest und sollte sogar angestoßen Im Jahre 1821, wo er als Souslieutenant den wirklichen In Marseille endlich, wo vor dem Ausbruche des spanischen Man sieht, Carrel hatte Bedeutendes erlebt und sich mit Po¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181968"/> <p xml:id="ID_325" prev="#ID_324"> anmesst». Deshalb kam er in Arrest und sollte sogar angestoßen<lb/> werden. Aber Carrel schrieb sogleich ans Kriegsministerium eine<lb/> Rechtfertigung, und durste bleiben. Da ihm an dem Grade, mit<lb/> welchem er aus dem Institute treten sollte, nicht viel gelegen war,<lb/> so trieb er die vorgeschriebenen Studien, namentlich Mathematik,<lb/> nicht sehr eifrig, desto fleißiger trieb er Literatur und Geschichte,<lb/> und in seinen freien Ausarbeitungen, die meist Feldherrenreden und<lb/> Schlachtschilderungen im Style der bonaparteschen Bülletins ent¬<lb/> hielten, überflügelte er weit alle seine Mitschüler.</p><lb/> <p xml:id="ID_326"> Im Jahre 1821, wo er als Souslieutenant den wirklichen<lb/> Dienst angetreten hatte, kam er schon in einen ernsteren Conflict<lb/> mit der Regierung der Restauration. Er beteiligte sich nämlich<lb/> bei einem Militärcomplot, der sogenannten Verschwörung von B6-<lb/> fort, hatte jedoch das Glück, daß seine Mitschuld bei den polizei¬<lb/> lichen Untersuchungen nicht herauskam.</p><lb/> <p xml:id="ID_327"> In Marseille endlich, wo vor dem Ausbruche des spanischen<lb/> Nevolutionskrieges sein Regiment lag, schrieb er seinen ersten po¬<lb/> litischen Artikel: ein offenes Sendschreiben an die spanischen Cortes,<lb/> welches ihm eine väterliche Ermahnung von Seiten des Generals<lb/> Damas, seines Divisionscommandanten, zuzog, aber zugleich eine<lb/> höhere Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Dieses Sendschreiben war<lb/> Schuld, daß Carrel im Depot von Air zurückgelassen wurde, und<lb/> war die Veranlassung zu all seinen Abenteuern bis zu seiner Frei¬<lb/> sprechung in Toulouse.</p><lb/> <p xml:id="ID_328"> Man sieht, Carrel hatte Bedeutendes erlebt und sich mit Po¬<lb/> litik bereits persönlich auf Tod und Leben beschäftigt, ehe er in<lb/> die Oeffentlichkeit der journalistischen Arena trat. Unsere deutschen<lb/> Journalisten kommen weit auf kürzeren Wegen und durch kleinere<lb/> Conflicte mit der bestehenden Ordnung in den Dienst der Presse;<lb/> viel Studium, philosophische Geisteskämpfe, überhaupt nur innere<lb/> und Privaterlebnisse, oder höchstens, und das ist schon viel, Verlust<lb/> einer Privatdocentenstelle oder Ausweisung wegen eines Wortes<lb/> „in Sachen der Tscherkessen", das pflegt heutzutage unsere Bil-<lb/> dungs- und Vorschule zu sein. Unsere Matadore bringen mehr<lb/> Styl, mehr kritische und philosophische Bildung mit: die Schule,<lb/> die Carrel durchmachte, hat mehr antiken Beigeschmack, sie bildet<lb/> den Charakter.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
anmesst». Deshalb kam er in Arrest und sollte sogar angestoßen
werden. Aber Carrel schrieb sogleich ans Kriegsministerium eine
Rechtfertigung, und durste bleiben. Da ihm an dem Grade, mit
welchem er aus dem Institute treten sollte, nicht viel gelegen war,
so trieb er die vorgeschriebenen Studien, namentlich Mathematik,
nicht sehr eifrig, desto fleißiger trieb er Literatur und Geschichte,
und in seinen freien Ausarbeitungen, die meist Feldherrenreden und
Schlachtschilderungen im Style der bonaparteschen Bülletins ent¬
hielten, überflügelte er weit alle seine Mitschüler.
Im Jahre 1821, wo er als Souslieutenant den wirklichen
Dienst angetreten hatte, kam er schon in einen ernsteren Conflict
mit der Regierung der Restauration. Er beteiligte sich nämlich
bei einem Militärcomplot, der sogenannten Verschwörung von B6-
fort, hatte jedoch das Glück, daß seine Mitschuld bei den polizei¬
lichen Untersuchungen nicht herauskam.
In Marseille endlich, wo vor dem Ausbruche des spanischen
Nevolutionskrieges sein Regiment lag, schrieb er seinen ersten po¬
litischen Artikel: ein offenes Sendschreiben an die spanischen Cortes,
welches ihm eine väterliche Ermahnung von Seiten des Generals
Damas, seines Divisionscommandanten, zuzog, aber zugleich eine
höhere Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. Dieses Sendschreiben war
Schuld, daß Carrel im Depot von Air zurückgelassen wurde, und
war die Veranlassung zu all seinen Abenteuern bis zu seiner Frei¬
sprechung in Toulouse.
Man sieht, Carrel hatte Bedeutendes erlebt und sich mit Po¬
litik bereits persönlich auf Tod und Leben beschäftigt, ehe er in
die Oeffentlichkeit der journalistischen Arena trat. Unsere deutschen
Journalisten kommen weit auf kürzeren Wegen und durch kleinere
Conflicte mit der bestehenden Ordnung in den Dienst der Presse;
viel Studium, philosophische Geisteskämpfe, überhaupt nur innere
und Privaterlebnisse, oder höchstens, und das ist schon viel, Verlust
einer Privatdocentenstelle oder Ausweisung wegen eines Wortes
„in Sachen der Tscherkessen", das pflegt heutzutage unsere Bil-
dungs- und Vorschule zu sein. Unsere Matadore bringen mehr
Styl, mehr kritische und philosophische Bildung mit: die Schule,
die Carrel durchmachte, hat mehr antiken Beigeschmack, sie bildet
den Charakter.
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