Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.hatten. In Kurzem sahen wir Monte Casino vor uns, auf hohem 75"
hatten. In Kurzem sahen wir Monte Casino vor uns, auf hohem 75«
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0591" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271852"/> <p xml:id="ID_1542" prev="#ID_1541" next="#ID_1543"> hatten. In Kurzem sahen wir Monte Casino vor uns, auf hohem<lb/> Berge das alte berühmte Venedictinerkloster, und erreichten den Fu߬<lb/> steig, welcher hier von der Landstraße, an der Bergwand hin und<lb/> wieder ziehend, mühsam hinaufführt. Wir entließen hier den Fuhr¬<lb/> mann, um ihn später in S. Germano wieder zu finden und began¬<lb/> nen, von unserem angenehmen Guardia, der sich uns zum Führer<lb/> freundlich anbot, geleitet, das Steigen. — Der Tag war bewölkt,<lb/> ja es hatte mehrmals getröpfelt; wir konnten es uns aber nicht<lb/> besser wünschen, denn in der Sonnengluth anderthalb Stümper lang<lb/> bergan zu gehen, ist kein Vergnügen. Otto hatte für die Mönche<lb/> zum Geschenke ein Buch von dein Legationsrathe B. aus L.,<lb/> der vor Jahren einige Zeit in der Bibliothek von Monte Cassino<lb/> Studien gemacht hat. Dies diente uns zu besonderer Empfehlung,<lb/> obwohl man auf Monte Cassino einer solchen nicht bedarf, um<lb/> freundlich ausgenommen zu werden. Wir besahen die Kirche, Sa¬<lb/> kristei, Bibliothek, Handschriften- und Urkundensammlung und was<lb/> sonst bemerkenswerth ist. Ich machte mir auf einige Gastlichkeit ma¬<lb/> terieller Art Rechnung, denn wir waren außerordentlich hungrig und<lb/> durstig; inzwischen erhielten wir»nur was wir erbaten, nämlich ein<lb/> Glas Wasser. Die Aussicht vom Kloster auf die umliegenden grü¬<lb/> nenden und blühenden Thäler, von weißen Landstraßen, bräunlichen<lb/> Feldwegen und schimmernden Wasseradern durchzogen, ist wunder¬<lb/> schön und man kann sich für Studien kein stilleres Heiligthum und<lb/> keine reizendere Einsamkeit denken. Wir sahen aus den umherliegen¬<lb/> den Bergzügen hervorstechende Gipfel sich beträchtlich erheben. Ganz<lb/> nahe dem Kloster steigt eine gewaltige Klippe auf, Monte Cairo<lb/> genannt. Von ihrer Spitze foll man nach der Versicherung des lie¬<lb/> benswürdigen und unterrichteten Bibliothekars beide Meere sehen,<lb/> das tyrrhenische und, freilich in etwas größerem Abstände, das<lb/> adriatische. Der Felsen, auf welchem das Kloster steht, ist Kalkstein.<lb/> Man bricht in der Nähe desselben eine Art grauen geäderten Mar¬<lb/> mor, davon wir eine Probe an den Gewänden der Kirchthüre 'sa¬<lb/> hen, und dessen sanfte Farbe mir sehr gefiel. Die Stiftung des<lb/> Klosters fällt in sehr frühe Zeit. Der heilige Benedict von Nur-<lb/> sia, der Begründer der Bencdictinerregel, gab ihm die Entstehung,<lb/> und vor dem Brande von 896 soll die handschriftliche Regel Bene-<lb/> dicts selbst dort aufbewahrt worden sein. Die Mönche tragen schwär-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 75«</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0591]
hatten. In Kurzem sahen wir Monte Casino vor uns, auf hohem
Berge das alte berühmte Venedictinerkloster, und erreichten den Fu߬
steig, welcher hier von der Landstraße, an der Bergwand hin und
wieder ziehend, mühsam hinaufführt. Wir entließen hier den Fuhr¬
mann, um ihn später in S. Germano wieder zu finden und began¬
nen, von unserem angenehmen Guardia, der sich uns zum Führer
freundlich anbot, geleitet, das Steigen. — Der Tag war bewölkt,
ja es hatte mehrmals getröpfelt; wir konnten es uns aber nicht
besser wünschen, denn in der Sonnengluth anderthalb Stümper lang
bergan zu gehen, ist kein Vergnügen. Otto hatte für die Mönche
zum Geschenke ein Buch von dein Legationsrathe B. aus L.,
der vor Jahren einige Zeit in der Bibliothek von Monte Cassino
Studien gemacht hat. Dies diente uns zu besonderer Empfehlung,
obwohl man auf Monte Cassino einer solchen nicht bedarf, um
freundlich ausgenommen zu werden. Wir besahen die Kirche, Sa¬
kristei, Bibliothek, Handschriften- und Urkundensammlung und was
sonst bemerkenswerth ist. Ich machte mir auf einige Gastlichkeit ma¬
terieller Art Rechnung, denn wir waren außerordentlich hungrig und
durstig; inzwischen erhielten wir»nur was wir erbaten, nämlich ein
Glas Wasser. Die Aussicht vom Kloster auf die umliegenden grü¬
nenden und blühenden Thäler, von weißen Landstraßen, bräunlichen
Feldwegen und schimmernden Wasseradern durchzogen, ist wunder¬
schön und man kann sich für Studien kein stilleres Heiligthum und
keine reizendere Einsamkeit denken. Wir sahen aus den umherliegen¬
den Bergzügen hervorstechende Gipfel sich beträchtlich erheben. Ganz
nahe dem Kloster steigt eine gewaltige Klippe auf, Monte Cairo
genannt. Von ihrer Spitze foll man nach der Versicherung des lie¬
benswürdigen und unterrichteten Bibliothekars beide Meere sehen,
das tyrrhenische und, freilich in etwas größerem Abstände, das
adriatische. Der Felsen, auf welchem das Kloster steht, ist Kalkstein.
Man bricht in der Nähe desselben eine Art grauen geäderten Mar¬
mor, davon wir eine Probe an den Gewänden der Kirchthüre 'sa¬
hen, und dessen sanfte Farbe mir sehr gefiel. Die Stiftung des
Klosters fällt in sehr frühe Zeit. Der heilige Benedict von Nur-
sia, der Begründer der Bencdictinerregel, gab ihm die Entstehung,
und vor dem Brande von 896 soll die handschriftliche Regel Bene-
dicts selbst dort aufbewahrt worden sein. Die Mönche tragen schwär-
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