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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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mung kann manchen Gesetzen fehlen, und fehlt wirklich bei öl im,
selbst Criminalgesetzen, wo selbige dann dem richterlichen Ermessen
anheimgestellt bleibt; darum aber wird es nicht in Zweifel gestellt
werden können, daß auch solche Gesetze persönliche Rechte berühren.

"Ueberdies möchten die Vorgänge, welche das Circulair veran¬
laßt haben, schwerlich von Erheblichkeit gewesen sein; wenigstens ist
hier im Lande nichts davon bekannt geworden. Wer die Einwoh<
ner von Holstein genauer kennt, wird ihnen auch das Zeugniß nicht
versagen, daß ihnen Gesetz und Ordnung heilig sind, und Aufforde¬
rungen zu Ercessen bei ihnen keinen Anklang finden würden. ES
möchte mithin selbst zu temporairen außerordentlichen Pvlizeimaßre-
geln ein zureichendes Motiv nicht wohl vorhanden gewesen sein.
Wenn aber auch, was nicht der Fall gewesen zu sein scheint, an,
einem Orte, oder an einigen sich Zeichen kund gegeben halten, welche
das Einschreiten der Polizei gerechtfertigt hätten, so hat es dieser
auch vor dem Circulair nirgend an Macht gefehlt, dem Unfug, wo
und wie er sich auch äußern mochte, hemmend und verhütend entge¬
genzutreten. Es dürfte daher völlig hingereicht haben, wenn die Re¬
gierung nach dem Auftrage der Canzlei den Polizeibehörden die nö¬
thige Beaufsichtigung eingeschärft hätte, ohne die allgemeinen in dem
Circulair enthaltenen Verbote hinzuzufügen.

"Ueberdies möchte gerade das Recht der Bitte das letzte sein,
was einer polizeilichen Beschränkung unterliegen könnte. Ein bitt¬
weise vorgetragenes Verlangen, wenn auch von einer Mehrzahl aus¬
gegangen, kann in gewöhnlichen Zeitumständen die bürgerliche Ord¬
nung nicht gefährden. DaS Circulair gedenkt auch nur der Ver¬
sammlungen zu diesem Zwecke, als Anlaß der ordnungswidrigen
Vorgänge; dennoch beschränkt es die erlassenen Verbote nicht darauf,
sondern verbietet auch das Circuliren von Petitionen und Sammeln
von Unterschriften zu denselben, auch wo keine Versammlun¬
gen Statt gefunden. Damit ist denn auch die Bitte selbst ver¬
boten, und es ist ausgesprochen, daß keine gemeinsamen Petitionen,
welche Veränderungen in der Verfassung oder Verwaltung bezwecken,
weiter Statt finden sollen.

"Wünschen und Bitten der Unterthanen von dieser Art ist mithin
der Zugang zum Throne verwehrt; denn ein Einzelner wird nicht


mung kann manchen Gesetzen fehlen, und fehlt wirklich bei öl im,
selbst Criminalgesetzen, wo selbige dann dem richterlichen Ermessen
anheimgestellt bleibt; darum aber wird es nicht in Zweifel gestellt
werden können, daß auch solche Gesetze persönliche Rechte berühren.

„Ueberdies möchten die Vorgänge, welche das Circulair veran¬
laßt haben, schwerlich von Erheblichkeit gewesen sein; wenigstens ist
hier im Lande nichts davon bekannt geworden. Wer die Einwoh<
ner von Holstein genauer kennt, wird ihnen auch das Zeugniß nicht
versagen, daß ihnen Gesetz und Ordnung heilig sind, und Aufforde¬
rungen zu Ercessen bei ihnen keinen Anklang finden würden. ES
möchte mithin selbst zu temporairen außerordentlichen Pvlizeimaßre-
geln ein zureichendes Motiv nicht wohl vorhanden gewesen sein.
Wenn aber auch, was nicht der Fall gewesen zu sein scheint, an,
einem Orte, oder an einigen sich Zeichen kund gegeben halten, welche
das Einschreiten der Polizei gerechtfertigt hätten, so hat es dieser
auch vor dem Circulair nirgend an Macht gefehlt, dem Unfug, wo
und wie er sich auch äußern mochte, hemmend und verhütend entge¬
genzutreten. Es dürfte daher völlig hingereicht haben, wenn die Re¬
gierung nach dem Auftrage der Canzlei den Polizeibehörden die nö¬
thige Beaufsichtigung eingeschärft hätte, ohne die allgemeinen in dem
Circulair enthaltenen Verbote hinzuzufügen.

„Ueberdies möchte gerade das Recht der Bitte das letzte sein,
was einer polizeilichen Beschränkung unterliegen könnte. Ein bitt¬
weise vorgetragenes Verlangen, wenn auch von einer Mehrzahl aus¬
gegangen, kann in gewöhnlichen Zeitumständen die bürgerliche Ord¬
nung nicht gefährden. DaS Circulair gedenkt auch nur der Ver¬
sammlungen zu diesem Zwecke, als Anlaß der ordnungswidrigen
Vorgänge; dennoch beschränkt es die erlassenen Verbote nicht darauf,
sondern verbietet auch das Circuliren von Petitionen und Sammeln
von Unterschriften zu denselben, auch wo keine Versammlun¬
gen Statt gefunden. Damit ist denn auch die Bitte selbst ver¬
boten, und es ist ausgesprochen, daß keine gemeinsamen Petitionen,
welche Veränderungen in der Verfassung oder Verwaltung bezwecken,
weiter Statt finden sollen.

„Wünschen und Bitten der Unterthanen von dieser Art ist mithin
der Zugang zum Throne verwehrt; denn ein Einzelner wird nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/577>, abgerufen am 05.02.2025.