Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.nicht selten mit den süßen Trostworten! "es ist kein Geld mehr zum Es war eine Zeit, wo sich die Düsseldorfer Akademie selbst als nicht selten mit den süßen Trostworten! „es ist kein Geld mehr zum Es war eine Zeit, wo sich die Düsseldorfer Akademie selbst als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0567" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271828"/> <p xml:id="ID_1493" prev="#ID_1492"> nicht selten mit den süßen Trostworten! „es ist kein Geld mehr zum<lb/> Anlaufen da" abgespeist werden; z. B. bei den diesjährigen Anlau¬<lb/> fen unsers Kunstvereins habe ein einzelnes Mitglied des Verwaltungs¬<lb/> rathes die übrigen Mitglieder alle im Schach gehalten, so daß einzig<lb/> nach seinem Willen und Gutdünken angekauft worden, so unter an¬<lb/> dern ein „Stillleben" von Lehnen zu 8V oder 99 Friedrichsd'or. Ich<lb/> will allen diesen Sagen keinen sonderlichen Glauben schenken, sie zei¬<lb/> gen aber doch, in welchem Gerüche das hiesige Treiben steht. Und<lb/> wer übrigens die Auserwählten der Akademie kennen lernen will, der<lb/> darf sich nur die Mühe geben, in den Jahresberichten unsers Kunst¬<lb/> vereins den Abschnitt über die jährlichen Ankaufe und die Bestellun¬<lb/> gen zu öffentlichen Zwecken zu lesen, er wird sich wundern, wie sich<lb/> da einzelne Namen auf eine so eigene Weise stets mit den bedeutend¬<lb/> sten Preisen wiederholen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1494" next="#ID_1495"> Es war eine Zeit, wo sich die Düsseldorfer Akademie selbst als<lb/> eignen Abgott auf den Altar der Oeffentlichkeit gestellt hatte und es<lb/> an süßduftenden Weihrauch nicht fehlen ließ. Diese dichten, freund¬<lb/> lichen Weihrauchwolken haben sich nach und nach verzogen, der bis<lb/> dahin umnebelte Blick fangt an, hat vielmehr längst schon angefangen,<lb/> klarer zu schauen, um zu sehen, daß gar Vieles bei uns Dunst war<lb/> und noch Dunst ist. Nachdem der Weihrauchduft in Nichts zerflos¬<lb/> sen, man den Götzendienern und Schleppträgern nirgend mehr unbe¬<lb/> dingten Glauben schenkt, sondern selbst sehen und prüfen gelernt hat,<lb/> trotz der Apotheosen eines von Ucchteritz und wie die andern Vergöt¬<lb/> terer heißen, hat das Ganze eine merkwürdige Wendung genommen,<lb/> und viele Namen, welche, glaubte man den unermüdlichen Nuhmspcn-<lb/> dern, schon im Tempel des Nachruhms glänzten, sind nach und nach<lb/> in ein bescheidenes Düster zurückgetreten. Das Jrrlichteliren im Ge¬<lb/> biete einer mattsüßcn, frömmelnden Romantik hat bei Vielen alle<lb/> Kraft erschlafft, weshalb auch ihre Arbeiten, sowohl was Erfindung<lb/> als Ausführung betrifft, ohne alle Kraft und Saft sind, es fehlt ih¬<lb/> nen Leben und Wahrheit. Solche Sachen konnten in Deutschland<lb/> gefallen, als man in der Uebergangsperiode allgemein in einem Ge-<lb/> fühlsdusel schwebelte und nebelte. Die Zeit will etwas Andres, sie<lb/> hat sich durchgekämpft. Wenn der Director, Ritter von Schadow,<lb/> von dem Schorn'schen Bilde „die Wiedertäufer" gesagt haben soll:<lb/> „Es käme ihm das Bild vor wie eine schön arrangirte Theatergruppe,<lb/> vor der man eben den Vorhang weggezogen", so hat er über die<lb/> Mehrzahl der historischen Bilder seiner Schule das treffendste Urtheil<lb/> gefällt, nur daß die Gruppen meist sehr mager und das Arrangement,<lb/> was die Herren Composition zu nennen belieben, gewöhnlich gar ledern<lb/> ist, denn vor lauter Studium, Hin- und Herhorchen über das, was<lb/> sie machen und wie sie es machen sollen, verdunstet bei vielen endlich<lb/> noch das Bischen Geist, mit dem sie sich ans Werk gegeben hatten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0567]
nicht selten mit den süßen Trostworten! „es ist kein Geld mehr zum
Anlaufen da" abgespeist werden; z. B. bei den diesjährigen Anlau¬
fen unsers Kunstvereins habe ein einzelnes Mitglied des Verwaltungs¬
rathes die übrigen Mitglieder alle im Schach gehalten, so daß einzig
nach seinem Willen und Gutdünken angekauft worden, so unter an¬
dern ein „Stillleben" von Lehnen zu 8V oder 99 Friedrichsd'or. Ich
will allen diesen Sagen keinen sonderlichen Glauben schenken, sie zei¬
gen aber doch, in welchem Gerüche das hiesige Treiben steht. Und
wer übrigens die Auserwählten der Akademie kennen lernen will, der
darf sich nur die Mühe geben, in den Jahresberichten unsers Kunst¬
vereins den Abschnitt über die jährlichen Ankaufe und die Bestellun¬
gen zu öffentlichen Zwecken zu lesen, er wird sich wundern, wie sich
da einzelne Namen auf eine so eigene Weise stets mit den bedeutend¬
sten Preisen wiederholen.
Es war eine Zeit, wo sich die Düsseldorfer Akademie selbst als
eignen Abgott auf den Altar der Oeffentlichkeit gestellt hatte und es
an süßduftenden Weihrauch nicht fehlen ließ. Diese dichten, freund¬
lichen Weihrauchwolken haben sich nach und nach verzogen, der bis
dahin umnebelte Blick fangt an, hat vielmehr längst schon angefangen,
klarer zu schauen, um zu sehen, daß gar Vieles bei uns Dunst war
und noch Dunst ist. Nachdem der Weihrauchduft in Nichts zerflos¬
sen, man den Götzendienern und Schleppträgern nirgend mehr unbe¬
dingten Glauben schenkt, sondern selbst sehen und prüfen gelernt hat,
trotz der Apotheosen eines von Ucchteritz und wie die andern Vergöt¬
terer heißen, hat das Ganze eine merkwürdige Wendung genommen,
und viele Namen, welche, glaubte man den unermüdlichen Nuhmspcn-
dern, schon im Tempel des Nachruhms glänzten, sind nach und nach
in ein bescheidenes Düster zurückgetreten. Das Jrrlichteliren im Ge¬
biete einer mattsüßcn, frömmelnden Romantik hat bei Vielen alle
Kraft erschlafft, weshalb auch ihre Arbeiten, sowohl was Erfindung
als Ausführung betrifft, ohne alle Kraft und Saft sind, es fehlt ih¬
nen Leben und Wahrheit. Solche Sachen konnten in Deutschland
gefallen, als man in der Uebergangsperiode allgemein in einem Ge-
fühlsdusel schwebelte und nebelte. Die Zeit will etwas Andres, sie
hat sich durchgekämpft. Wenn der Director, Ritter von Schadow,
von dem Schorn'schen Bilde „die Wiedertäufer" gesagt haben soll:
„Es käme ihm das Bild vor wie eine schön arrangirte Theatergruppe,
vor der man eben den Vorhang weggezogen", so hat er über die
Mehrzahl der historischen Bilder seiner Schule das treffendste Urtheil
gefällt, nur daß die Gruppen meist sehr mager und das Arrangement,
was die Herren Composition zu nennen belieben, gewöhnlich gar ledern
ist, denn vor lauter Studium, Hin- und Herhorchen über das, was
sie machen und wie sie es machen sollen, verdunstet bei vielen endlich
noch das Bischen Geist, mit dem sie sich ans Werk gegeben hatten.
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