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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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"8Z5 bis 1845 umfassend? Periode ist epochemachend in d^r Ent¬
wickelungsgeschichte der österreichischen Gew.erbsamkeit, deren Vertreter
sich fortan mit mehr Selbstvertrauen bewegten, und die Theilnahme
für Erfindungen und das gesammte Maschinenwesen ist seither, sowie
die Emsigkeit technischer Studien ins Unglaubliche gestiegen. Bezeich¬
nend für den Geist dieses Zeitabschnittes ist die bisher ganz unbekannte
Kühnheit, mit welcher sich bei den in fremden Staaten veranstalteten
Ausstellungen auch österreichische Fabrikanten einfanden, welche früher
jede Berührung mit den auswärtigen Industriellen ängstlich gemieden
und eine nicht immer wohlmotivirte Scheu vor jedem Vergleiche mit
den ausländischen Concurrenten hatten. Di" im Jahre 1839 Statt
gefundene, gleichfalls von der Hofkammer ins Leben gerufene allge¬
meine Industrieausstellung kann nicht als so wichtig anerkannt wer¬
den, um sie zu einem Wendepunkte in der Entwickelung österreichi¬
scher Gewerbsamkeit zu stempeln, indem sie nur als ein Ferment der
industriellen Welt Oesterreichs zu betrachten ist, deren Gährungspro-
ccß erst in der letzten Jndustrieschau fertige Resultate zu Tage brachte.

Bei der ersten Ausstellung im Jahre 1835 stand die Zahl der
Concurrenten zu der Masse der Erzeuger in gar keinem Verhältniß,
denn die Zahl der Aussteller betrug kaum 599, indeß doch der ganze
Bedarf der Consumenten bei den hohen Schutzzöllen mit geringer Aus¬
nahme im Lande selbst producirt wurde. Als die Ursache dieses Mi߬
verhältnisses darf man mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, daß der
Zweck und die Bedeutung öffentlicher gewerblicher Ausstellungen von
vielen Gewerbsmannern noch nicht vom richtigen Gesichtspunkte auf¬
gefaßt worden war und die angeborene Bescheidenheit des österreichi¬
schen Industriellen -- denn unter den bescheidenen Deutschen ist der
Oesterreicher wieder der bescheidenste -- einschüchternd wirkte, indem
er bei seinem gänzlichen Mangel von Selbstvertrauen es nicht wagte,
die Früchte seiner Arbeit dem öffentlichen Urtheile preiszugeben. Die
zweite, im Jahre 1839 veranstaltete Exposition lieferte schon ein un¬
gleich günstigeres Resultat und gewährte die Ueberzeugung, daß die
heimischen Gewerbsbeflissenen den ihnen in den hohen Zöllen an den
Grenzschranken verliehenen Schutz nicht als ein Lotterbett betrachtet,
auf dem sie sich's für alle Ewigkeit bequem machen könnten. Die Zahl
der Aussteller war bereits auf 721 gestiegen, und noch mehr als die¬
ser Zuwachs siel die Qualität der Einsendungen in ti" Wagschale, die
einen sehr raschen Fortschritt bekundete und von dem Eifer Zeugniß
gab, der die Producenten ergriffen hatte.

Unter besonders glücklichen Auspickn und mit großen Erwartun¬
gen erfolgte endlich nach einer längeren Pause die Eröffnung der drit¬
ten Ausstellung im Lenze dieses Jahres. Um das Wachsthum der
österreichischen JndMrjekräfte in einem klaren Zifferblicke zu veran¬
schaulichen, setzen wir ein" vergleichende Tabelle her drei allgemeinen


»8Z5 bis 1845 umfassend? Periode ist epochemachend in d^r Ent¬
wickelungsgeschichte der österreichischen Gew.erbsamkeit, deren Vertreter
sich fortan mit mehr Selbstvertrauen bewegten, und die Theilnahme
für Erfindungen und das gesammte Maschinenwesen ist seither, sowie
die Emsigkeit technischer Studien ins Unglaubliche gestiegen. Bezeich¬
nend für den Geist dieses Zeitabschnittes ist die bisher ganz unbekannte
Kühnheit, mit welcher sich bei den in fremden Staaten veranstalteten
Ausstellungen auch österreichische Fabrikanten einfanden, welche früher
jede Berührung mit den auswärtigen Industriellen ängstlich gemieden
und eine nicht immer wohlmotivirte Scheu vor jedem Vergleiche mit
den ausländischen Concurrenten hatten. Di» im Jahre 1839 Statt
gefundene, gleichfalls von der Hofkammer ins Leben gerufene allge¬
meine Industrieausstellung kann nicht als so wichtig anerkannt wer¬
den, um sie zu einem Wendepunkte in der Entwickelung österreichi¬
scher Gewerbsamkeit zu stempeln, indem sie nur als ein Ferment der
industriellen Welt Oesterreichs zu betrachten ist, deren Gährungspro-
ccß erst in der letzten Jndustrieschau fertige Resultate zu Tage brachte.

Bei der ersten Ausstellung im Jahre 1835 stand die Zahl der
Concurrenten zu der Masse der Erzeuger in gar keinem Verhältniß,
denn die Zahl der Aussteller betrug kaum 599, indeß doch der ganze
Bedarf der Consumenten bei den hohen Schutzzöllen mit geringer Aus¬
nahme im Lande selbst producirt wurde. Als die Ursache dieses Mi߬
verhältnisses darf man mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, daß der
Zweck und die Bedeutung öffentlicher gewerblicher Ausstellungen von
vielen Gewerbsmannern noch nicht vom richtigen Gesichtspunkte auf¬
gefaßt worden war und die angeborene Bescheidenheit des österreichi¬
schen Industriellen — denn unter den bescheidenen Deutschen ist der
Oesterreicher wieder der bescheidenste — einschüchternd wirkte, indem
er bei seinem gänzlichen Mangel von Selbstvertrauen es nicht wagte,
die Früchte seiner Arbeit dem öffentlichen Urtheile preiszugeben. Die
zweite, im Jahre 1839 veranstaltete Exposition lieferte schon ein un¬
gleich günstigeres Resultat und gewährte die Ueberzeugung, daß die
heimischen Gewerbsbeflissenen den ihnen in den hohen Zöllen an den
Grenzschranken verliehenen Schutz nicht als ein Lotterbett betrachtet,
auf dem sie sich's für alle Ewigkeit bequem machen könnten. Die Zahl
der Aussteller war bereits auf 721 gestiegen, und noch mehr als die¬
ser Zuwachs siel die Qualität der Einsendungen in ti» Wagschale, die
einen sehr raschen Fortschritt bekundete und von dem Eifer Zeugniß
gab, der die Producenten ergriffen hatte.

Unter besonders glücklichen Auspickn und mit großen Erwartun¬
gen erfolgte endlich nach einer längeren Pause die Eröffnung der drit¬
ten Ausstellung im Lenze dieses Jahres. Um das Wachsthum der
österreichischen JndMrjekräfte in einem klaren Zifferblicke zu veran¬
schaulichen, setzen wir ein« vergleichende Tabelle her drei allgemeinen


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[0559] »8Z5 bis 1845 umfassend? Periode ist epochemachend in d^r Ent¬ wickelungsgeschichte der österreichischen Gew.erbsamkeit, deren Vertreter sich fortan mit mehr Selbstvertrauen bewegten, und die Theilnahme für Erfindungen und das gesammte Maschinenwesen ist seither, sowie die Emsigkeit technischer Studien ins Unglaubliche gestiegen. Bezeich¬ nend für den Geist dieses Zeitabschnittes ist die bisher ganz unbekannte Kühnheit, mit welcher sich bei den in fremden Staaten veranstalteten Ausstellungen auch österreichische Fabrikanten einfanden, welche früher jede Berührung mit den auswärtigen Industriellen ängstlich gemieden und eine nicht immer wohlmotivirte Scheu vor jedem Vergleiche mit den ausländischen Concurrenten hatten. Di» im Jahre 1839 Statt gefundene, gleichfalls von der Hofkammer ins Leben gerufene allge¬ meine Industrieausstellung kann nicht als so wichtig anerkannt wer¬ den, um sie zu einem Wendepunkte in der Entwickelung österreichi¬ scher Gewerbsamkeit zu stempeln, indem sie nur als ein Ferment der industriellen Welt Oesterreichs zu betrachten ist, deren Gährungspro- ccß erst in der letzten Jndustrieschau fertige Resultate zu Tage brachte. Bei der ersten Ausstellung im Jahre 1835 stand die Zahl der Concurrenten zu der Masse der Erzeuger in gar keinem Verhältniß, denn die Zahl der Aussteller betrug kaum 599, indeß doch der ganze Bedarf der Consumenten bei den hohen Schutzzöllen mit geringer Aus¬ nahme im Lande selbst producirt wurde. Als die Ursache dieses Mi߬ verhältnisses darf man mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, daß der Zweck und die Bedeutung öffentlicher gewerblicher Ausstellungen von vielen Gewerbsmannern noch nicht vom richtigen Gesichtspunkte auf¬ gefaßt worden war und die angeborene Bescheidenheit des österreichi¬ schen Industriellen — denn unter den bescheidenen Deutschen ist der Oesterreicher wieder der bescheidenste — einschüchternd wirkte, indem er bei seinem gänzlichen Mangel von Selbstvertrauen es nicht wagte, die Früchte seiner Arbeit dem öffentlichen Urtheile preiszugeben. Die zweite, im Jahre 1839 veranstaltete Exposition lieferte schon ein un¬ gleich günstigeres Resultat und gewährte die Ueberzeugung, daß die heimischen Gewerbsbeflissenen den ihnen in den hohen Zöllen an den Grenzschranken verliehenen Schutz nicht als ein Lotterbett betrachtet, auf dem sie sich's für alle Ewigkeit bequem machen könnten. Die Zahl der Aussteller war bereits auf 721 gestiegen, und noch mehr als die¬ ser Zuwachs siel die Qualität der Einsendungen in ti» Wagschale, die einen sehr raschen Fortschritt bekundete und von dem Eifer Zeugniß gab, der die Producenten ergriffen hatte. Unter besonders glücklichen Auspickn und mit großen Erwartun¬ gen erfolgte endlich nach einer längeren Pause die Eröffnung der drit¬ ten Ausstellung im Lenze dieses Jahres. Um das Wachsthum der österreichischen JndMrjekräfte in einem klaren Zifferblicke zu veran¬ schaulichen, setzen wir ein« vergleichende Tabelle her drei allgemeinen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/559>, abgerufen am 05.02.2025.