Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.schon in Gedanken von der glänzenden Anerkennung ihrer loyale" schon in Gedanken von der glänzenden Anerkennung ihrer loyale» <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0554" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271815"/> <p xml:id="ID_1465" prev="#ID_1464" next="#ID_1466"> schon in Gedanken von der glänzenden Anerkennung ihrer loyale»<lb/> Verdienste träumten und nun mit einem Male sahen, daß sie die Ge¬<lb/> foppten waren. — Die von ihnen so häusig ausgesprochene perfide<lb/> Behauptung, es sei den Führern der Oppositionspartei bei der Stif¬<lb/> tung des Schutzvereins keineswegs um die Durchsetzung industrieller<lb/> Tendenzen zu thun gewesen, sondern vielmehr um die Herstellung ei¬<lb/> nes handbaren Instruments für politische Zwecke, um Organisation<lb/> eines Heeres unter erlaubter Firma für unerlaubte Parteiplane, ist<lb/> von den Denuncianten des magyarischen Patriotismus nicht durch eine<lb/> einzige Thatsache bewiesen worden, und wenn sie als Muthmaßung<lb/> vielleicht ziemlich nahe lag, so gab es wahrlich keinen bessern Weg,<lb/> um sich von der Wahrheit derselben zu überzeugen, als indem man die<lb/> Klagpunkte, welche der industriellen Agitation zu Grunde liegen soll¬<lb/> ten, gehörig prüfte und beseitigte; blieb dann nach Beseitigung der<lb/> als Motiv angegebenen Landesgebrechen gleichwohl die Erscheinung<lb/> feststehen, so war es klar, daß der Zolltarif blos den Vorwand abgab<lb/> und die wahren Gründe in einem andern Gebiete gesucht werden mu߬<lb/> ten. So lange diese praktische Prüfung aber noch nicht factisch in<lb/> Anwendung gekommen war, blieb es jedenfalls eine maßlose Unver¬<lb/> schämtheit, die subjective Vermuthung als objective Thatsache hinzu¬<lb/> stellen. — Mögen immerhin einigen Parteiführern späterhin derlei<lb/> Ideen vorgeschwebt haben, ohne daß sie sich wohl dieselben selbst ge¬<lb/> stehen wollten, ursprünglich, bei der Anregung des Vedegvlct selbst,<lb/> waren sie in keinem Falle im Spiele. Man muß den Stolz und die<lb/> Eitelkeit des Magyaren kennen, um zu begreifen, wie unlieb ihm das<lb/> ewige Geschwätz von seiner industriellen Abhängigkeit vom Auslande<lb/> sein muß, und wie begierig er den Gedanken aufgreifen wird, diese<lb/> Fessel zu brechen und Ungarn auch in dieser Beziehung der Welt in<lb/> einem hellglänzenden Siriuslichte zu zeigen. Die Masse der Bevöl¬<lb/> kerung hat nicht den mindesten Sinn für Gewerbsfleiß und die fei¬<lb/> neren Künste der Mechanik, im Gegentheile, sie verachtet dieses Spiel¬<lb/> zeug des Luxus als die Arbeit weibischer Knechte; allein weil es heut¬<lb/> zutage einmal allgemein angenommen ist, daß die Arbeit des Natio-<lb/> nalfleißes, daß der Betrieb der Fabrikthätigkeit etwas Großes und<lb/> Wichtiges sei, und weil die Zeitungen aller europäischen Staaten mit<lb/> den Fortschritten des Jndustrialismus angefüllt sind, während Ungarn<lb/> darin völlig ignorirt wird, so hat sich das Magyarcnthum gleichfalls<lb/> für die Industrie, die ihm im Herzen zuwider ist, enthusiasmirt und<lb/> will um jeden Preis Producent werden. Weil die Regierung dieser<lb/> neuen Neigung nicht schnell genug entgegen kam und der Meinung<lb/> war, es gäbe vor der Hand noch wichtigere und nothwendigere Dinge<lb/> zu ordnen, so schritt die Opposition selbstthätig ans Wert. Da es<lb/> nicht in der Macht einer politischen Partei liegt, auch wenn das ganze<lb/> Land hinter ihr stände, was hier nicht der Fall war, den durch die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0554]
schon in Gedanken von der glänzenden Anerkennung ihrer loyale»
Verdienste träumten und nun mit einem Male sahen, daß sie die Ge¬
foppten waren. — Die von ihnen so häusig ausgesprochene perfide
Behauptung, es sei den Führern der Oppositionspartei bei der Stif¬
tung des Schutzvereins keineswegs um die Durchsetzung industrieller
Tendenzen zu thun gewesen, sondern vielmehr um die Herstellung ei¬
nes handbaren Instruments für politische Zwecke, um Organisation
eines Heeres unter erlaubter Firma für unerlaubte Parteiplane, ist
von den Denuncianten des magyarischen Patriotismus nicht durch eine
einzige Thatsache bewiesen worden, und wenn sie als Muthmaßung
vielleicht ziemlich nahe lag, so gab es wahrlich keinen bessern Weg,
um sich von der Wahrheit derselben zu überzeugen, als indem man die
Klagpunkte, welche der industriellen Agitation zu Grunde liegen soll¬
ten, gehörig prüfte und beseitigte; blieb dann nach Beseitigung der
als Motiv angegebenen Landesgebrechen gleichwohl die Erscheinung
feststehen, so war es klar, daß der Zolltarif blos den Vorwand abgab
und die wahren Gründe in einem andern Gebiete gesucht werden mu߬
ten. So lange diese praktische Prüfung aber noch nicht factisch in
Anwendung gekommen war, blieb es jedenfalls eine maßlose Unver¬
schämtheit, die subjective Vermuthung als objective Thatsache hinzu¬
stellen. — Mögen immerhin einigen Parteiführern späterhin derlei
Ideen vorgeschwebt haben, ohne daß sie sich wohl dieselben selbst ge¬
stehen wollten, ursprünglich, bei der Anregung des Vedegvlct selbst,
waren sie in keinem Falle im Spiele. Man muß den Stolz und die
Eitelkeit des Magyaren kennen, um zu begreifen, wie unlieb ihm das
ewige Geschwätz von seiner industriellen Abhängigkeit vom Auslande
sein muß, und wie begierig er den Gedanken aufgreifen wird, diese
Fessel zu brechen und Ungarn auch in dieser Beziehung der Welt in
einem hellglänzenden Siriuslichte zu zeigen. Die Masse der Bevöl¬
kerung hat nicht den mindesten Sinn für Gewerbsfleiß und die fei¬
neren Künste der Mechanik, im Gegentheile, sie verachtet dieses Spiel¬
zeug des Luxus als die Arbeit weibischer Knechte; allein weil es heut¬
zutage einmal allgemein angenommen ist, daß die Arbeit des Natio-
nalfleißes, daß der Betrieb der Fabrikthätigkeit etwas Großes und
Wichtiges sei, und weil die Zeitungen aller europäischen Staaten mit
den Fortschritten des Jndustrialismus angefüllt sind, während Ungarn
darin völlig ignorirt wird, so hat sich das Magyarcnthum gleichfalls
für die Industrie, die ihm im Herzen zuwider ist, enthusiasmirt und
will um jeden Preis Producent werden. Weil die Regierung dieser
neuen Neigung nicht schnell genug entgegen kam und der Meinung
war, es gäbe vor der Hand noch wichtigere und nothwendigere Dinge
zu ordnen, so schritt die Opposition selbstthätig ans Wert. Da es
nicht in der Macht einer politischen Partei liegt, auch wenn das ganze
Land hinter ihr stände, was hier nicht der Fall war, den durch die
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