Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.Thalern jährlich sein Gelüste büßen solle. Unter'in 10. September ist Zum Unglück reimt' ick einmal auf Tyrannen In einem Klinggedicht das Wort: von dannen! Ein andermal fiel mir auf: Senatoren Kein andrer Reim just ein, als: Micasohren Die Reime, traun, sind reine, regeitrcue, Ich brauchte gleich sie wieder ohne Reue; Doch meinten drauf die Herrn, auf mein Sonnette ' Außerdem hat der Magistrat von Berlin -- Freiheit, Fortschritt, Wenn sich nun all' dieses Große in dieser unserer Welt begiebt, Thalern jährlich sein Gelüste büßen solle. Unter'in 10. September ist Zum Unglück reimt' ick einmal auf Tyrannen In einem Klinggedicht das Wort: von dannen! Ein andermal fiel mir auf: Senatoren Kein andrer Reim just ein, als: Micasohren Die Reime, traun, sind reine, regeitrcue, Ich brauchte gleich sie wieder ohne Reue; Doch meinten drauf die Herrn, auf mein Sonnette ' Außerdem hat der Magistrat von Berlin — Freiheit, Fortschritt, Wenn sich nun all' dieses Große in dieser unserer Welt begiebt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0053" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271314"/> <p xml:id="ID_125" prev="#ID_124"> Thalern jährlich sein Gelüste büßen solle. Unter'in 10. September ist<lb/> die betreffende Verordnung erlassen, und sie beginnt so: „Um in<lb/> einer, in neuerer Zeit fühlbar gewordenen Verminderung der Nachti¬<lb/> gallen im Freien vorzubeugen, hat die Communalbchörde beschlossen,<lb/> in Berlin eine Nachtigallsteuer einzuführen." Fühlbar ist es gewor¬<lb/> den. Beachten Sie dies Wort. Heil der Stadt, deren Väter ein füh¬<lb/> lendes Herz im Busen tragen. Der Ertrag dieser, gefühlvollen Steuer<lb/> wird, wie die Verfügung weiter erklärt, zu wohlthätigen Zwecken<lb/> verwendet werden. Ein vorwitziger Berliner schlug in der Zeitung<lb/> vor, den Ertrag zur Erhaltung derjenigen Nachtigallen zu verwenden,<lb/> die deren dermalige Besitzer, um vie Steuer nicht zu zahlen, bei'in<lb/> Beginn des Sleuerjahrcs mitten im Winter würden fliegen lassen.<lb/> Wie fühllos, ich meine wie ungefühlvoll so ein Berliner ist! Aber<lb/> wie dem sei, Sie sehen, daß in Berlin die Hoffnung auch sogar<lb/> den Nachtigallen blüht. Wer weiß es, ob nicht noch gar der Tag<lb/> kommt, wo selbst die Lerchen — nämlich die, von denen ein gewis¬<lb/> ser in Berlin unnennbarer Poet sagt: „Die Lerche war's, nicht die<lb/> Nachtigall" — zu hoffen wagen dürfen, daß alle Diejenigen schwer<lb/> besteuert werden, deren Liebhaberei es ist, besagte Lerchen hinter Eisen¬<lb/> stäben zu halten. IZxempü ^i.teil>:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <l> Zum Unglück reimt' ick einmal auf Tyrannen<lb/><lb/> In einem Klinggedicht das Wort: von dannen!<lb/> Ein andermal fiel mir auf: Senatoren<lb/><lb/> Kein andrer Reim just ein, als: Micasohren<lb/> Die Reime, traun, sind reine, regeitrcue,<lb/> Ich brauchte gleich sie wieder ohne Reue;<lb/><lb/> Doch meinten drauf die Herrn, auf mein Sonnette<lb/> '<lb/></l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_126"> Außerdem hat der Magistrat von Berlin — Freiheit, Fortschritt,<lb/> wie Sie sehen, ist Trumpf geworden — beschlossen, die Aeltesten<lb/> der Gewerbe vierteljährlich zusammen zu rufen, um ihre Wünsche in<lb/> GewcrbSangelegenheiten zu hören; am 48. Sept. fand eine erste Ver¬<lb/> sammlung statt.</p><lb/> <p xml:id="ID_127"> Wenn sich nun all' dieses Große in dieser unserer Welt begiebt,<lb/> wie viel Größeres hat nicht erst die Welt in der Welt aufzuweisen:<lb/> Hoffeste, Sie wissen, daß Ihre Majestät, die Kaiserin von Nußland,<lb/> uns hier mit ihrer Anwesenheit beglückt, und daß viele andere hohe<lb/> Herrschaften aus Meklenburg, Baiern, Dessau und sonst hier sind,<lb/> und gewesen sind; Paraden, Corpsmanöver, Feier des 5Vjährigcn<lb/> Dienstjubiläums des Prinzen Heinrich von Preußen, Hurra'S, Kano¬<lb/> nendonner, Krieggspiel zwischen Mariendorf und Blankenftlde. Doch<lb/> auf diese Höhen wage ich mich nicht zu versteigen. Während die<lb/> Diener des Krieges Krieg spielen (in diesem Augenblick ist freilich das<lb/> Herbstmcmnöver schon beendet) führen die Diener des Friedens, die<lb/> Geistlichen, ernstlich Krieg in den Zeitungen und in Brochüren. Doch<lb/> das erfordert einen eigenen Brief. Also nächstens.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0053]
Thalern jährlich sein Gelüste büßen solle. Unter'in 10. September ist
die betreffende Verordnung erlassen, und sie beginnt so: „Um in
einer, in neuerer Zeit fühlbar gewordenen Verminderung der Nachti¬
gallen im Freien vorzubeugen, hat die Communalbchörde beschlossen,
in Berlin eine Nachtigallsteuer einzuführen." Fühlbar ist es gewor¬
den. Beachten Sie dies Wort. Heil der Stadt, deren Väter ein füh¬
lendes Herz im Busen tragen. Der Ertrag dieser, gefühlvollen Steuer
wird, wie die Verfügung weiter erklärt, zu wohlthätigen Zwecken
verwendet werden. Ein vorwitziger Berliner schlug in der Zeitung
vor, den Ertrag zur Erhaltung derjenigen Nachtigallen zu verwenden,
die deren dermalige Besitzer, um vie Steuer nicht zu zahlen, bei'in
Beginn des Sleuerjahrcs mitten im Winter würden fliegen lassen.
Wie fühllos, ich meine wie ungefühlvoll so ein Berliner ist! Aber
wie dem sei, Sie sehen, daß in Berlin die Hoffnung auch sogar
den Nachtigallen blüht. Wer weiß es, ob nicht noch gar der Tag
kommt, wo selbst die Lerchen — nämlich die, von denen ein gewis¬
ser in Berlin unnennbarer Poet sagt: „Die Lerche war's, nicht die
Nachtigall" — zu hoffen wagen dürfen, daß alle Diejenigen schwer
besteuert werden, deren Liebhaberei es ist, besagte Lerchen hinter Eisen¬
stäben zu halten. IZxempü ^i.teil>:
Zum Unglück reimt' ick einmal auf Tyrannen
In einem Klinggedicht das Wort: von dannen!
Ein andermal fiel mir auf: Senatoren
Kein andrer Reim just ein, als: Micasohren
Die Reime, traun, sind reine, regeitrcue,
Ich brauchte gleich sie wieder ohne Reue;
Doch meinten drauf die Herrn, auf mein Sonnette
'
Außerdem hat der Magistrat von Berlin — Freiheit, Fortschritt,
wie Sie sehen, ist Trumpf geworden — beschlossen, die Aeltesten
der Gewerbe vierteljährlich zusammen zu rufen, um ihre Wünsche in
GewcrbSangelegenheiten zu hören; am 48. Sept. fand eine erste Ver¬
sammlung statt.
Wenn sich nun all' dieses Große in dieser unserer Welt begiebt,
wie viel Größeres hat nicht erst die Welt in der Welt aufzuweisen:
Hoffeste, Sie wissen, daß Ihre Majestät, die Kaiserin von Nußland,
uns hier mit ihrer Anwesenheit beglückt, und daß viele andere hohe
Herrschaften aus Meklenburg, Baiern, Dessau und sonst hier sind,
und gewesen sind; Paraden, Corpsmanöver, Feier des 5Vjährigcn
Dienstjubiläums des Prinzen Heinrich von Preußen, Hurra'S, Kano¬
nendonner, Krieggspiel zwischen Mariendorf und Blankenftlde. Doch
auf diese Höhen wage ich mich nicht zu versteigen. Während die
Diener des Krieges Krieg spielen (in diesem Augenblick ist freilich das
Herbstmcmnöver schon beendet) führen die Diener des Friedens, die
Geistlichen, ernstlich Krieg in den Zeitungen und in Brochüren. Doch
das erfordert einen eigenen Brief. Also nächstens.
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