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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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ehrenwerthesten und großartigsten benommen und war am meisten
und lebhaftesten davon durchdrungen, was eigentlich das Fest be¬
deute. Hier sano man die gesündesten Ansichten, hier den regsten
Eifer, die unverdrossenste Theilnahme und die wahrste, zu jedem der
guten Sache dienenden und fördernden Opfer bereite Freude. Die
Bonner Bürgerschaft und die Ausländer waren die Begeistertsten;
die Deutschen, die von fernher zum Feste kamen, brachten den besten
Willen mit, namentlich und vor Allen die Künstler; aber wer kann
begeistert bleiben, wenn er gekränkt und geärgert wird!

Man hat die Schuld auf das Comite werfen wollen, und die,
welche am wenigsten Recht dazu haben, versuchten das am meisten
zu thun und versuchen es auch noch; manche Einzelnheiten, die von
Einzelnen deS Comites ausgeführt wurden, lassen sich allerdings nicht
in Schutz nehmen, aber dagegen läßt sich aufstellen und muß auf¬
gestellt werden, daß wiederum von Einzelnen des Comites außeror¬
dentliche Opfer an Zeit, an Geld, an Mühen gebracht worden sind,
um die würdige Durchführung des Ganzen zu befördern. Dem
Gesammtcomite fehlten zwei Dinge: einmal, daß kein Mann an der
Spitze stand, vor dem sich ganz Deutschland in allgemeinster Aner¬
kennung verehrend beugte und dessen bloßes Erscheinen schon genügte,
Gemeinheit und Spießbürgerlichkeit, wo und wie sie immer sich stö¬
rend zeigten, in ihre Schranken zurückzuweisen; -- zweitens, daß, an
kleine Verhältnisse gewöhnt, das Comite von vorn herein nicht an
die ungewöhnlichen Ve> Hältnisse eines solchen Unternehmens gedacht
und die ganze administrative Einrichtung darnach festgestellt hatte.
Durch den Mangel des ersteren imponirte das Comite nicht überall,
wo es öffentlich erschien; durch den Mangel des zweiten entstand
viel Irrthum und Verwirrung, um so mehr, als die Bestimmungen
über einzelne wichtige Dinge, die längst hätten abgethan und geord¬
net sein sollen, erst während deS Festes berathen und entschieden
wurden, was viel Mißverständnisse, Irrungen und Unannehmlichkei¬
ten veranlaßte und mitunter heftige Scenen herbeiführte, in denen
schlimme und harte Aeußerungen sielen und einzelne Mitglieder deö
Comite, wie das immer in Deutschland der Fall sein wird, für alle
ihre Mühe und Arbeit nichts als Undank ernteten.

Was endlich noch die Stellung des Comites zu den vielen
Fremden, welche allein gekommen waren, den Manen Beethoven'S


ehrenwerthesten und großartigsten benommen und war am meisten
und lebhaftesten davon durchdrungen, was eigentlich das Fest be¬
deute. Hier sano man die gesündesten Ansichten, hier den regsten
Eifer, die unverdrossenste Theilnahme und die wahrste, zu jedem der
guten Sache dienenden und fördernden Opfer bereite Freude. Die
Bonner Bürgerschaft und die Ausländer waren die Begeistertsten;
die Deutschen, die von fernher zum Feste kamen, brachten den besten
Willen mit, namentlich und vor Allen die Künstler; aber wer kann
begeistert bleiben, wenn er gekränkt und geärgert wird!

Man hat die Schuld auf das Comite werfen wollen, und die,
welche am wenigsten Recht dazu haben, versuchten das am meisten
zu thun und versuchen es auch noch; manche Einzelnheiten, die von
Einzelnen deS Comites ausgeführt wurden, lassen sich allerdings nicht
in Schutz nehmen, aber dagegen läßt sich aufstellen und muß auf¬
gestellt werden, daß wiederum von Einzelnen des Comites außeror¬
dentliche Opfer an Zeit, an Geld, an Mühen gebracht worden sind,
um die würdige Durchführung des Ganzen zu befördern. Dem
Gesammtcomite fehlten zwei Dinge: einmal, daß kein Mann an der
Spitze stand, vor dem sich ganz Deutschland in allgemeinster Aner¬
kennung verehrend beugte und dessen bloßes Erscheinen schon genügte,
Gemeinheit und Spießbürgerlichkeit, wo und wie sie immer sich stö¬
rend zeigten, in ihre Schranken zurückzuweisen; — zweitens, daß, an
kleine Verhältnisse gewöhnt, das Comite von vorn herein nicht an
die ungewöhnlichen Ve> Hältnisse eines solchen Unternehmens gedacht
und die ganze administrative Einrichtung darnach festgestellt hatte.
Durch den Mangel des ersteren imponirte das Comite nicht überall,
wo es öffentlich erschien; durch den Mangel des zweiten entstand
viel Irrthum und Verwirrung, um so mehr, als die Bestimmungen
über einzelne wichtige Dinge, die längst hätten abgethan und geord¬
net sein sollen, erst während deS Festes berathen und entschieden
wurden, was viel Mißverständnisse, Irrungen und Unannehmlichkei¬
ten veranlaßte und mitunter heftige Scenen herbeiführte, in denen
schlimme und harte Aeußerungen sielen und einzelne Mitglieder deö
Comite, wie das immer in Deutschland der Fall sein wird, für alle
ihre Mühe und Arbeit nichts als Undank ernteten.

Was endlich noch die Stellung des Comites zu den vielen
Fremden, welche allein gekommen waren, den Manen Beethoven'S


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[0038] ehrenwerthesten und großartigsten benommen und war am meisten und lebhaftesten davon durchdrungen, was eigentlich das Fest be¬ deute. Hier sano man die gesündesten Ansichten, hier den regsten Eifer, die unverdrossenste Theilnahme und die wahrste, zu jedem der guten Sache dienenden und fördernden Opfer bereite Freude. Die Bonner Bürgerschaft und die Ausländer waren die Begeistertsten; die Deutschen, die von fernher zum Feste kamen, brachten den besten Willen mit, namentlich und vor Allen die Künstler; aber wer kann begeistert bleiben, wenn er gekränkt und geärgert wird! Man hat die Schuld auf das Comite werfen wollen, und die, welche am wenigsten Recht dazu haben, versuchten das am meisten zu thun und versuchen es auch noch; manche Einzelnheiten, die von Einzelnen deS Comites ausgeführt wurden, lassen sich allerdings nicht in Schutz nehmen, aber dagegen läßt sich aufstellen und muß auf¬ gestellt werden, daß wiederum von Einzelnen des Comites außeror¬ dentliche Opfer an Zeit, an Geld, an Mühen gebracht worden sind, um die würdige Durchführung des Ganzen zu befördern. Dem Gesammtcomite fehlten zwei Dinge: einmal, daß kein Mann an der Spitze stand, vor dem sich ganz Deutschland in allgemeinster Aner¬ kennung verehrend beugte und dessen bloßes Erscheinen schon genügte, Gemeinheit und Spießbürgerlichkeit, wo und wie sie immer sich stö¬ rend zeigten, in ihre Schranken zurückzuweisen; — zweitens, daß, an kleine Verhältnisse gewöhnt, das Comite von vorn herein nicht an die ungewöhnlichen Ve> Hältnisse eines solchen Unternehmens gedacht und die ganze administrative Einrichtung darnach festgestellt hatte. Durch den Mangel des ersteren imponirte das Comite nicht überall, wo es öffentlich erschien; durch den Mangel des zweiten entstand viel Irrthum und Verwirrung, um so mehr, als die Bestimmungen über einzelne wichtige Dinge, die längst hätten abgethan und geord¬ net sein sollen, erst während deS Festes berathen und entschieden wurden, was viel Mißverständnisse, Irrungen und Unannehmlichkei¬ ten veranlaßte und mitunter heftige Scenen herbeiführte, in denen schlimme und harte Aeußerungen sielen und einzelne Mitglieder deö Comite, wie das immer in Deutschland der Fall sein wird, für alle ihre Mühe und Arbeit nichts als Undank ernteten. Was endlich noch die Stellung des Comites zu den vielen Fremden, welche allein gekommen waren, den Manen Beethoven'S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/38>, abgerufen am 05.02.2025.