Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.befohlen ward, daß ihm bei der Fortsetzung seiner Studien und spä¬ Die beiden Franzosen Berlioz und David sind hier angekom¬ befohlen ward, daß ihm bei der Fortsetzung seiner Studien und spä¬ Die beiden Franzosen Berlioz und David sind hier angekom¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0370" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271631"/> <p xml:id="ID_1000" prev="#ID_999"> befohlen ward, daß ihm bei der Fortsetzung seiner Studien und spä¬<lb/> ter bei etwaniger Erlangung eines Amtes aus der. über ihn verhäng¬<lb/> ten Criminalstrafe kein Hinderniß erwachsen solle. — Durch das Te¬<lb/> stament eines im Ausland verstorbenen Wieners, des spanischen Ge¬<lb/> neralkonsuls Viriot zu Hamburg, worin die Summe von 4l),W<><lb/> Gulden C. M. zur Gründung einer Kinderbewahranstalt in der Vor¬<lb/> stadt Lichtenthal, ist unsere ohnehin mit Humanitätsinstituten reichlich<lb/> gesegnete Stadt um eine auf das physische und sittliche Gedeihen der<lb/> verwahrlosten Kinder armer Eltern berechnete Anstalt reicher geworden.<lb/> Am 9. November fand die feierliche Grundsteinlegung des zu diesem<lb/> Zwecke bestimmten Hauses statt, und die Kaiserin-Mutter, welche zu¬<lb/> gleich die Schutzfrau des Institutes ist, verrichtete selbst den solennen<lb/> Act derselben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1001" next="#ID_1002"> Die beiden Franzosen Berlioz und David sind hier angekom¬<lb/> men, um ihre Werke vorzuführen. David hat bereits weichen müs¬<lb/> sen und ist einstweilen nach Pesth abgereist, um dort die Wüsten¬<lb/> symphonie zu produciren, indeß der Kunstcritiker des Journal des<lb/> Debats freies Feld hat. Die Franzosen sind immer klug, auch wenn<lb/> sie Künstler sind und machen es wie die Savoyarden in Paris, die<lb/> in verschiedenen Stadtvierteln abgesondert wohnen, die sie nie über¬<lb/> schreiten, um nicht in CoUisi'om'n zu gerathen und sich die Ernte zu<lb/> verderben. Dem Componisten der M>i'<:l>v l>ii>e>>><; ist die Halle des<lb/> großen Redoutensaales noch zu klein erschienen und er hat es darum<lb/> vorgezogen, sein erstes Concert im Theater an der Wien, dem ge¬<lb/> räumigsten, der Residenz, zu veranstalten, dessen Preise sehr bedeutend<lb/> erhöht sind- Berlioz kann gar nicht Blechmusik genug austreiben für<lb/> seine klanggewaltigen Werke, und es hätte bald keine Kirchenparade<lb/> stattfinden können an dem Sonntage, an welchem um die Mittags¬<lb/> stunde das Concert stattfinden soll, weil der Componist sämmtliche<lb/> Regia,entsbanden in Beschlag genommen hat. Höchst ergötzlich ist<lb/> es mit anzusehen , wie manche musikalische Notabilitäten dem Feuille¬<lb/> tonfürsten den Hof machen und sich in Gunst zu setzen suchen, da sie<lb/> ganz gut wissen, daß Berlioz seinen Wiener Triumph im Journal<lb/> des Debats mit blendenden Farben schildern wird, und sie doch gar<lb/> zu guil, auch eine Stelle mochten in dem Siegesbulletin. Berlioz<lb/> wohnte der Aufführung des diesjährigen großen Mustkfestes in- der<lb/> Reitschule bei, wo IWl) Sänger und Instrumentalsten mit¬<lb/> wirkten und außer einigen Tonstücken von Haydn und Tomaschek,<lb/> auch die Ouvertüre zum Egmont, und Christus am Oelbevge, von<lb/> Beethoven, executire wurden;, er war entzückt von dem mächtigen<lb/> Eindruck, den diese herrlichen Tongewitter auf die Seele des lauschen¬<lb/> den Hörers ausübten und konnte nicht Worte finden, die Jnstrumen-<lb/> talistik der Deutschen zu preisen und Staudigls seelenvolle Sologe¬<lb/> sänge zu bewundern. — Mit Nächstem beabsichtigt man auch die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0370]
befohlen ward, daß ihm bei der Fortsetzung seiner Studien und spä¬
ter bei etwaniger Erlangung eines Amtes aus der. über ihn verhäng¬
ten Criminalstrafe kein Hinderniß erwachsen solle. — Durch das Te¬
stament eines im Ausland verstorbenen Wieners, des spanischen Ge¬
neralkonsuls Viriot zu Hamburg, worin die Summe von 4l),W<>
Gulden C. M. zur Gründung einer Kinderbewahranstalt in der Vor¬
stadt Lichtenthal, ist unsere ohnehin mit Humanitätsinstituten reichlich
gesegnete Stadt um eine auf das physische und sittliche Gedeihen der
verwahrlosten Kinder armer Eltern berechnete Anstalt reicher geworden.
Am 9. November fand die feierliche Grundsteinlegung des zu diesem
Zwecke bestimmten Hauses statt, und die Kaiserin-Mutter, welche zu¬
gleich die Schutzfrau des Institutes ist, verrichtete selbst den solennen
Act derselben.
Die beiden Franzosen Berlioz und David sind hier angekom¬
men, um ihre Werke vorzuführen. David hat bereits weichen müs¬
sen und ist einstweilen nach Pesth abgereist, um dort die Wüsten¬
symphonie zu produciren, indeß der Kunstcritiker des Journal des
Debats freies Feld hat. Die Franzosen sind immer klug, auch wenn
sie Künstler sind und machen es wie die Savoyarden in Paris, die
in verschiedenen Stadtvierteln abgesondert wohnen, die sie nie über¬
schreiten, um nicht in CoUisi'om'n zu gerathen und sich die Ernte zu
verderben. Dem Componisten der M>i'<:l>v l>ii>e>>><; ist die Halle des
großen Redoutensaales noch zu klein erschienen und er hat es darum
vorgezogen, sein erstes Concert im Theater an der Wien, dem ge¬
räumigsten, der Residenz, zu veranstalten, dessen Preise sehr bedeutend
erhöht sind- Berlioz kann gar nicht Blechmusik genug austreiben für
seine klanggewaltigen Werke, und es hätte bald keine Kirchenparade
stattfinden können an dem Sonntage, an welchem um die Mittags¬
stunde das Concert stattfinden soll, weil der Componist sämmtliche
Regia,entsbanden in Beschlag genommen hat. Höchst ergötzlich ist
es mit anzusehen , wie manche musikalische Notabilitäten dem Feuille¬
tonfürsten den Hof machen und sich in Gunst zu setzen suchen, da sie
ganz gut wissen, daß Berlioz seinen Wiener Triumph im Journal
des Debats mit blendenden Farben schildern wird, und sie doch gar
zu guil, auch eine Stelle mochten in dem Siegesbulletin. Berlioz
wohnte der Aufführung des diesjährigen großen Mustkfestes in- der
Reitschule bei, wo IWl) Sänger und Instrumentalsten mit¬
wirkten und außer einigen Tonstücken von Haydn und Tomaschek,
auch die Ouvertüre zum Egmont, und Christus am Oelbevge, von
Beethoven, executire wurden;, er war entzückt von dem mächtigen
Eindruck, den diese herrlichen Tongewitter auf die Seele des lauschen¬
den Hörers ausübten und konnte nicht Worte finden, die Jnstrumen-
talistik der Deutschen zu preisen und Staudigls seelenvolle Sologe¬
sänge zu bewundern. — Mit Nächstem beabsichtigt man auch die
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