Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.dem nur für Adelige bestimmten theresianischen Fond zu Innsbruck Grenztvten, I"i!>. IV. 44
dem nur für Adelige bestimmten theresianischen Fond zu Innsbruck Grenztvten, I»i!>. IV. 44
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271606"/> <p xml:id="ID_950" prev="#ID_949" next="#ID_951"> dem nur für Adelige bestimmten theresianischen Fond zu Innsbruck<lb/> beworben hatte, bezog Jordan im November 1813 die Universität<lb/> Landshut, um sich der Rechtswissenschaft zu widmen. Als aber<lb/> 1814 Tyrol von Baiern wieder an Oesterreich zurückfiel, fand er<lb/> sich bewogen, Baiern zu verlassen. Mit 17V Gulden versehen,<lb/> welche er theils von seinem Stipendium erübrigt, theils durch Pri¬<lb/> vatunterricht erworben hatte, reiste er gegen Ende Septembers 1814<lb/> von Landshut ab und begab sich nach einem kurzen Aufenthalte in<lb/> München zunächst in seine Heimath, um die Seinigen wieder zu<lb/> sehen. Von den Priestern, welche er wieder besuchte, mußte er die<lb/> bittersten Vorwürfe über seinen Abfall von ihrem Stande und über<lb/> die Wahl der Rechtswissenschaft hören ; es konnte daher nicht fehlen,<lb/> daß das Zerwürfniß mit ihnen nur noch vergrößert und er mit ih¬<lb/> rem Fluche beladen von ihnen entlassen wurde. In der Mitte Oc-<lb/> tobers verließ er seine Heimath wieder und begab sich nach Wien.<lb/> Ungeachtet mancher Unterstützung, die er fand und einer Aussicht,<lb/> die sich ihm eröffnete, auf einen Lehrstuhl an der eben in Umge¬<lb/> staltung begriffenen Universität Pavia, fühlte er sich indessen nicht<lb/> wohn Er glaubte, in einem Gefängnisse zu sein: Alles beengte ihn.<lb/> Schon in seinen nächsten Beziehungen mußte ihn, der mit dem freien<lb/> deutschen Universitätsleben, wie es damals bestand, bekannt war, der<lb/> pcnnalistische Schulzwang aufs Empfindlichste berühren, welcher auf<lb/> den österreichischen Universitäten herrscht und von diesen nicht blos<lb/> die änßere, oft nur eingebildete, sondern auch die wahre geistige,<lb/> .zum Gedeihen der Wissenschaft selbst erforderliche academische Frei¬<lb/> heit fern hält. Schon nach Ablauf des ersten Halbjahres beschloß<lb/> er, die Hauptstadt und auch wohl überhaupt den Kaiserstaat wieder<lb/> zu verlassen. Nur die Theilnahme, mit welcher er die Verhandlun¬<lb/> gen des gerade zur Zeit seiner Ankunft in Wien eröffneten großen<lb/> europäischen Fürstencongresses verfolgte, deren Ausgang er gern ab¬<lb/> gewartet hätte, verzögerte seine Abreise von Wien bis zum April des<lb/> Jahres 1815. Höchst ungern entließen ihn seine Freunde, denen er<lb/> seinen Vorsatz, Wien zu verlassen, nicht einmal offenbart zu haben<lb/> scheint; denn als Grund seiner Abreise gab er dort die Erhebung<lb/> des zeither von Innsbruck bezogenen theresianischen Stipendiums für<lb/> das dritte zu Wien zugebrachte academische Halbjahr an. Noch ein¬<lb/> mal besuchte er jetzt seine Heimath, sah zum letzten Mal seine Ael-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenztvten, I»i!>. IV. 44</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0345]
dem nur für Adelige bestimmten theresianischen Fond zu Innsbruck
beworben hatte, bezog Jordan im November 1813 die Universität
Landshut, um sich der Rechtswissenschaft zu widmen. Als aber
1814 Tyrol von Baiern wieder an Oesterreich zurückfiel, fand er
sich bewogen, Baiern zu verlassen. Mit 17V Gulden versehen,
welche er theils von seinem Stipendium erübrigt, theils durch Pri¬
vatunterricht erworben hatte, reiste er gegen Ende Septembers 1814
von Landshut ab und begab sich nach einem kurzen Aufenthalte in
München zunächst in seine Heimath, um die Seinigen wieder zu
sehen. Von den Priestern, welche er wieder besuchte, mußte er die
bittersten Vorwürfe über seinen Abfall von ihrem Stande und über
die Wahl der Rechtswissenschaft hören ; es konnte daher nicht fehlen,
daß das Zerwürfniß mit ihnen nur noch vergrößert und er mit ih¬
rem Fluche beladen von ihnen entlassen wurde. In der Mitte Oc-
tobers verließ er seine Heimath wieder und begab sich nach Wien.
Ungeachtet mancher Unterstützung, die er fand und einer Aussicht,
die sich ihm eröffnete, auf einen Lehrstuhl an der eben in Umge¬
staltung begriffenen Universität Pavia, fühlte er sich indessen nicht
wohn Er glaubte, in einem Gefängnisse zu sein: Alles beengte ihn.
Schon in seinen nächsten Beziehungen mußte ihn, der mit dem freien
deutschen Universitätsleben, wie es damals bestand, bekannt war, der
pcnnalistische Schulzwang aufs Empfindlichste berühren, welcher auf
den österreichischen Universitäten herrscht und von diesen nicht blos
die änßere, oft nur eingebildete, sondern auch die wahre geistige,
.zum Gedeihen der Wissenschaft selbst erforderliche academische Frei¬
heit fern hält. Schon nach Ablauf des ersten Halbjahres beschloß
er, die Hauptstadt und auch wohl überhaupt den Kaiserstaat wieder
zu verlassen. Nur die Theilnahme, mit welcher er die Verhandlun¬
gen des gerade zur Zeit seiner Ankunft in Wien eröffneten großen
europäischen Fürstencongresses verfolgte, deren Ausgang er gern ab¬
gewartet hätte, verzögerte seine Abreise von Wien bis zum April des
Jahres 1815. Höchst ungern entließen ihn seine Freunde, denen er
seinen Vorsatz, Wien zu verlassen, nicht einmal offenbart zu haben
scheint; denn als Grund seiner Abreise gab er dort die Erhebung
des zeither von Innsbruck bezogenen theresianischen Stipendiums für
das dritte zu Wien zugebrachte academische Halbjahr an. Noch ein¬
mal besuchte er jetzt seine Heimath, sah zum letzten Mal seine Ael-
Grenztvten, I»i!>. IV. 44
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |