Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.derbe der in gleichmäßiger Reihenfolge sich allzu oft wiederholenden Mit einer durch Privatunterricht erworbenen Baarschaft von Nachdem er zu einiger Sicherung seiner äußeren Stellung in derbe der in gleichmäßiger Reihenfolge sich allzu oft wiederholenden Mit einer durch Privatunterricht erworbenen Baarschaft von Nachdem er zu einiger Sicherung seiner äußeren Stellung in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271605"/> <p xml:id="ID_947" prev="#ID_946"> derbe der in gleichmäßiger Reihenfolge sich allzu oft wiederholenden<lb/> Andachtsübungen. Das einmal erwachte Nachdenken über Dinge<lb/> des Glaubens führte ihn von Schritt zu Schritt weiter, und Alles,<lb/> was sich mit seiner geläuterten Auffassung des höchsten Wesens und<lb/> der göttlichen Dinge nicht vertrug, verlor für ihn die Geltung der<lb/> Glaubhaftigkeit und des Verehrungswürdigen. Bei seinem offenen<lb/> Wesen machte er kein Hehl aus seiner innern Umwandlung; ja er<lb/> nahm sogar keinen Anstand, bei Gelegenheit einer Schulfeierlichkeit<lb/> seine geläuterten Ansichten in einem von ihm verfaßten und öffent¬<lb/> lich vorgetragenen Aufsatze: „Christus und Socrcites, eine Paral¬<lb/> lele," unumwunden zu bekennen, wodurch er aber freilich nicht ver¬<lb/> fehlen konnte, sich das Mißfallen und den Tadel der Priester zuzu¬<lb/> ziehen, deren Abneigung gegen ihn in der Folge um so mehr wuchs,<lb/> je freisinniger er sich über Gegenstände des Glaubens und der Kirche<lb/> zu äußern fortfuhr. Er sah endlich ein, daß er zum Priesterstande<lb/> nicht mehr tauge, und diese Einsicht bestimmte ihn zugleich, das<lb/> Gymnasium zu Innsbruck mit München zu vertauschen; durch den<lb/> Aufenthalt in München hoffte er, den künstigen Besuch der Univer¬<lb/> sität Landshut zu ermöglichen und zu erleichtern.</p><lb/> <p xml:id="ID_948"> Mit einer durch Privatunterricht erworbenen Baarschaft von<lb/> 36 Gulden machte er sich im September 1811 nach München auf,<lb/> fand dort Gönner an den Professoren Meillinger und Kajetan Wei¬<lb/> ler und durch deren Fürsorge bald Gelegenheit zur Ertheilung meh¬<lb/> rerer Privatuntcrrichtsstunden, welche sich im Verlaufe der Zeit bis<lb/> auf sieben des Tages vermehrten, weshalb er auf der einen Seite<lb/> zwar auf alte mögliche Weise mit seiner Zeit geizen mußte, auf der<lb/> anderen aber sich dadurch eines reichlichen Auskommens und des<lb/> Zutritts zu sehr angesehenen Häusern Münchens erfreute, besonders<lb/> als Lehrer der französischen Sprache, in welcher er sich in München<lb/> noch weiter ausgebildet hatte. An das gute Auskommen, welches<lb/> ihm sein Privatunterricht gewährte, knüpften sich anziehende Bekannt¬<lb/> schaften, welche ihm den Aufenthalt in München sehr angenehm<lb/> machten und auch in der Folgezeit manche Vortheile gewährten-</p><lb/> <p xml:id="ID_949" next="#ID_950"> Nachdem er zu einiger Sicherung seiner äußeren Stellung in<lb/> Bezug auf seinen Lebensunterhalt sich anfangs vergeblich, endlich<lb/> aber doch mit Erfolg um ein Stipendium von 120 Gulden aus</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0344]
derbe der in gleichmäßiger Reihenfolge sich allzu oft wiederholenden
Andachtsübungen. Das einmal erwachte Nachdenken über Dinge
des Glaubens führte ihn von Schritt zu Schritt weiter, und Alles,
was sich mit seiner geläuterten Auffassung des höchsten Wesens und
der göttlichen Dinge nicht vertrug, verlor für ihn die Geltung der
Glaubhaftigkeit und des Verehrungswürdigen. Bei seinem offenen
Wesen machte er kein Hehl aus seiner innern Umwandlung; ja er
nahm sogar keinen Anstand, bei Gelegenheit einer Schulfeierlichkeit
seine geläuterten Ansichten in einem von ihm verfaßten und öffent¬
lich vorgetragenen Aufsatze: „Christus und Socrcites, eine Paral¬
lele," unumwunden zu bekennen, wodurch er aber freilich nicht ver¬
fehlen konnte, sich das Mißfallen und den Tadel der Priester zuzu¬
ziehen, deren Abneigung gegen ihn in der Folge um so mehr wuchs,
je freisinniger er sich über Gegenstände des Glaubens und der Kirche
zu äußern fortfuhr. Er sah endlich ein, daß er zum Priesterstande
nicht mehr tauge, und diese Einsicht bestimmte ihn zugleich, das
Gymnasium zu Innsbruck mit München zu vertauschen; durch den
Aufenthalt in München hoffte er, den künstigen Besuch der Univer¬
sität Landshut zu ermöglichen und zu erleichtern.
Mit einer durch Privatunterricht erworbenen Baarschaft von
36 Gulden machte er sich im September 1811 nach München auf,
fand dort Gönner an den Professoren Meillinger und Kajetan Wei¬
ler und durch deren Fürsorge bald Gelegenheit zur Ertheilung meh¬
rerer Privatuntcrrichtsstunden, welche sich im Verlaufe der Zeit bis
auf sieben des Tages vermehrten, weshalb er auf der einen Seite
zwar auf alte mögliche Weise mit seiner Zeit geizen mußte, auf der
anderen aber sich dadurch eines reichlichen Auskommens und des
Zutritts zu sehr angesehenen Häusern Münchens erfreute, besonders
als Lehrer der französischen Sprache, in welcher er sich in München
noch weiter ausgebildet hatte. An das gute Auskommen, welches
ihm sein Privatunterricht gewährte, knüpften sich anziehende Bekannt¬
schaften, welche ihm den Aufenthalt in München sehr angenehm
machten und auch in der Folgezeit manche Vortheile gewährten-
Nachdem er zu einiger Sicherung seiner äußeren Stellung in
Bezug auf seinen Lebensunterhalt sich anfangs vergeblich, endlich
aber doch mit Erfolg um ein Stipendium von 120 Gulden aus
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