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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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zu lassen und ihm die nöthigste Unterstützung zur Ausführung des¬
selben zuzusagen, wozu er um so mehr in den Stand gesetzt war,
da er ein bedeutendes Vermögen besaß, von dem er wohl zu thun
und mitzutheilen nicht zu vergessen pflegte.

Der Vater, der sich lange Zeit mit dem Entschlüsse seines Soh¬
nes nicht einverstanden fand, gab nur dessen anhaltenden Bitten
und Thränen nach, welche ihm endlich seine Einwilligung abnöthig-
ten. Auch diese nahm er noch wiederholt zurück, und es währte
lange, bis des jungen Sylvester Beharrlichkeit den Sieg davon trug.
Unter harten Kämpfen mit dem Widerstreben des Vaters betrieb
Jordan seine Vorbereitungöstudien im Sommer 1806, zunächst unter
der Anleitung des Supernumerarpriesters Jordan zu Uräus, eines
weitläufigen Vetters, später mit Hilfe des Hilfspriesters Holzmann
in ven schon genannten Dorf Oberfuß. Im Herbste desselben Jah¬
res sing er das Gymnasium zu Jnspruck zu besuchen an, wo er
durch Vermittelung des Hilfspriesters Hirn unentgeldlichen Unterricht
erhielt; sein ihm von frühester Jugend auf wohlgeneigter Oheim,
der Ammer Schuster Franz, verwendete sich bei Bekannten und ande¬
ren wohlthätigen Menschen um freiwillige Uebernahme der Bekösti¬
gung und nothdürftigen Kleidung und um sonstige Unterstützung des
Neffen. Außerdem verdiente er sich schon in seinem ersten Jahre
zu Innsbruck monatlich einen Gulden dadurch, daß er einem reichen
Mitschüler, v. Halbe, die Bücher in die Schule und wieder zurück
trug, wofür ihm außerdem noch gestattet wurde, dessen Privatun¬
terrichte beizuwohnen. Im Jahre I8V9, als er bereits den erfor¬
derlichen Grund zu der eigenen Bildung gelegt hatte, begann er mit
drei Schülern der ersten, d. h. nach dortigem Sprachgebrauche der
untersten Lehrklasse, die ihm von ihren Aeltern zur besonderen Un¬
terweisung in den Lehrgegenständen der Schule und zur Aufsteht als
Stubenburschen anvertraut worden waren, Privatunterricht zu er¬
theilen, und eröffnete sich dadurch eine Unterhaltsquelle, die er fort¬
während bis noch Vollendung seiner Studien benutzt hat.

In dem Jahre vor Jordans Uebergange zu der Gelehrtenschule
war die Grafschaft Tyrol im preßburgcr Frieden von Oesterreich an
Baiern abgetreten worden. Die Umgestaltungen, welchen in Folge
dieses Herrscherwechsels die ganze Verwaltung des Landes unter¬
worfen wurde, blieben auch für das Schulwesen nicht aus. Zwar


zu lassen und ihm die nöthigste Unterstützung zur Ausführung des¬
selben zuzusagen, wozu er um so mehr in den Stand gesetzt war,
da er ein bedeutendes Vermögen besaß, von dem er wohl zu thun
und mitzutheilen nicht zu vergessen pflegte.

Der Vater, der sich lange Zeit mit dem Entschlüsse seines Soh¬
nes nicht einverstanden fand, gab nur dessen anhaltenden Bitten
und Thränen nach, welche ihm endlich seine Einwilligung abnöthig-
ten. Auch diese nahm er noch wiederholt zurück, und es währte
lange, bis des jungen Sylvester Beharrlichkeit den Sieg davon trug.
Unter harten Kämpfen mit dem Widerstreben des Vaters betrieb
Jordan seine Vorbereitungöstudien im Sommer 1806, zunächst unter
der Anleitung des Supernumerarpriesters Jordan zu Uräus, eines
weitläufigen Vetters, später mit Hilfe des Hilfspriesters Holzmann
in ven schon genannten Dorf Oberfuß. Im Herbste desselben Jah¬
res sing er das Gymnasium zu Jnspruck zu besuchen an, wo er
durch Vermittelung des Hilfspriesters Hirn unentgeldlichen Unterricht
erhielt; sein ihm von frühester Jugend auf wohlgeneigter Oheim,
der Ammer Schuster Franz, verwendete sich bei Bekannten und ande¬
ren wohlthätigen Menschen um freiwillige Uebernahme der Bekösti¬
gung und nothdürftigen Kleidung und um sonstige Unterstützung des
Neffen. Außerdem verdiente er sich schon in seinem ersten Jahre
zu Innsbruck monatlich einen Gulden dadurch, daß er einem reichen
Mitschüler, v. Halbe, die Bücher in die Schule und wieder zurück
trug, wofür ihm außerdem noch gestattet wurde, dessen Privatun¬
terrichte beizuwohnen. Im Jahre I8V9, als er bereits den erfor¬
derlichen Grund zu der eigenen Bildung gelegt hatte, begann er mit
drei Schülern der ersten, d. h. nach dortigem Sprachgebrauche der
untersten Lehrklasse, die ihm von ihren Aeltern zur besonderen Un¬
terweisung in den Lehrgegenständen der Schule und zur Aufsteht als
Stubenburschen anvertraut worden waren, Privatunterricht zu er¬
theilen, und eröffnete sich dadurch eine Unterhaltsquelle, die er fort¬
während bis noch Vollendung seiner Studien benutzt hat.

In dem Jahre vor Jordans Uebergange zu der Gelehrtenschule
war die Grafschaft Tyrol im preßburgcr Frieden von Oesterreich an
Baiern abgetreten worden. Die Umgestaltungen, welchen in Folge
dieses Herrscherwechsels die ganze Verwaltung des Landes unter¬
worfen wurde, blieben auch für das Schulwesen nicht aus. Zwar


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[0342] zu lassen und ihm die nöthigste Unterstützung zur Ausführung des¬ selben zuzusagen, wozu er um so mehr in den Stand gesetzt war, da er ein bedeutendes Vermögen besaß, von dem er wohl zu thun und mitzutheilen nicht zu vergessen pflegte. Der Vater, der sich lange Zeit mit dem Entschlüsse seines Soh¬ nes nicht einverstanden fand, gab nur dessen anhaltenden Bitten und Thränen nach, welche ihm endlich seine Einwilligung abnöthig- ten. Auch diese nahm er noch wiederholt zurück, und es währte lange, bis des jungen Sylvester Beharrlichkeit den Sieg davon trug. Unter harten Kämpfen mit dem Widerstreben des Vaters betrieb Jordan seine Vorbereitungöstudien im Sommer 1806, zunächst unter der Anleitung des Supernumerarpriesters Jordan zu Uräus, eines weitläufigen Vetters, später mit Hilfe des Hilfspriesters Holzmann in ven schon genannten Dorf Oberfuß. Im Herbste desselben Jah¬ res sing er das Gymnasium zu Jnspruck zu besuchen an, wo er durch Vermittelung des Hilfspriesters Hirn unentgeldlichen Unterricht erhielt; sein ihm von frühester Jugend auf wohlgeneigter Oheim, der Ammer Schuster Franz, verwendete sich bei Bekannten und ande¬ ren wohlthätigen Menschen um freiwillige Uebernahme der Bekösti¬ gung und nothdürftigen Kleidung und um sonstige Unterstützung des Neffen. Außerdem verdiente er sich schon in seinem ersten Jahre zu Innsbruck monatlich einen Gulden dadurch, daß er einem reichen Mitschüler, v. Halbe, die Bücher in die Schule und wieder zurück trug, wofür ihm außerdem noch gestattet wurde, dessen Privatun¬ terrichte beizuwohnen. Im Jahre I8V9, als er bereits den erfor¬ derlichen Grund zu der eigenen Bildung gelegt hatte, begann er mit drei Schülern der ersten, d. h. nach dortigem Sprachgebrauche der untersten Lehrklasse, die ihm von ihren Aeltern zur besonderen Un¬ terweisung in den Lehrgegenständen der Schule und zur Aufsteht als Stubenburschen anvertraut worden waren, Privatunterricht zu er¬ theilen, und eröffnete sich dadurch eine Unterhaltsquelle, die er fort¬ während bis noch Vollendung seiner Studien benutzt hat. In dem Jahre vor Jordans Uebergange zu der Gelehrtenschule war die Grafschaft Tyrol im preßburgcr Frieden von Oesterreich an Baiern abgetreten worden. Die Umgestaltungen, welchen in Folge dieses Herrscherwechsels die ganze Verwaltung des Landes unter¬ worfen wurde, blieben auch für das Schulwesen nicht aus. Zwar

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/342>, abgerufen am 05.02.2025.