Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.her zu einer freiwilligen Trennung und Entfernung zu bewege". Mit Mühe und Noth gelangten wir durch die Stadt Kasimir. Diesem häßlichen Denkmal gegenüber, welches sich der Graf her zu einer freiwilligen Trennung und Entfernung zu bewege». Mit Mühe und Noth gelangten wir durch die Stadt Kasimir. Diesem häßlichen Denkmal gegenüber, welches sich der Graf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0306" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271567"/> <p xml:id="ID_873" prev="#ID_872"> her zu einer freiwilligen Trennung und Entfernung zu bewege».<lb/> Da aber seine Bemühungen an der Hartnäckigkeit seiner Geliebten<lb/> scheiterten, so heißt rS, habe er seine schöne Esther in den vor dem<lb/> Schlößchen befindlichen Teich gestürzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_874"> Mit Mühe und Noth gelangten wir durch die Stadt Kasimir.<lb/> Nicht der Schmutz der schlechten Ser.ißen machte uns so viel Be¬<lb/> schwerde, als die moralische Schmutzigkeit der hiesigen Juden. Ich<lb/> sollte nicht sagen wir, denn ich allein war der Unglückliche, weil ich ein<lb/> Fremder war und dies nichtverbergen konnte. Aus allen den kleinen Ver¬<lb/> kaufsladen, deren es hier Hunderte giebt, stürzten die Kaufherren, Kauf¬<lb/> frauen und Faktoren hervor und priesen mir, der eine seine fertigen Röcke,<lb/> Hosen und Westen, der zweite seine Mützen, der dritte seine „ganz<lb/> neuen" Hüte, der vierte seine Tuche, Kattune und Seidenstoffe, der<lb/> fünfte seine Häringe, Gewürze und w.unen Rindfleischwürstchen,<lb/> der sechste seine Biere, Weine und Branntweine, zugleich Hafer,<lb/> Heu und Hechsel, der siebente seine seidenen Bänder, goldenen Ringe<lb/> und sein Brennöl, der achte seine Halsbinden, der neunte seine<lb/> Kämme, Rasirmesser und Packpapier, der zehnte sein altes Ei¬<lb/> sen und gebrauchte Bücher, der eilfte seine ganz neuen Meubles<lb/> und Lampendochte, der zwölfte geräucherten Lachs, Caviar und<lb/> Schnupftabak und noch zwanzig andere zwanzigerlei Anderes.<lb/> Ich wurde an den Aermeln, den Rvckfittigcn, dem Kragen und<lb/> überall angepackt. Unter tausend Verbeugungen und wunderlichen<lb/> Ehrentiteln, unter denen „Herr lieb" und „Herr Deutscher" die ge¬<lb/> ringfügigsten, „Herr Baron" und „Groißgeborncr Herr Aidelmann"<lb/> etwa die gewichlvollsten waren, suchte in.,n mich in diesen und jenen<lb/> Laden und in alle zugleich zu zerren. Judenkinder mit Nadeln, Ra-<lb/> sirpinseln, Siegeln, Zwirn und Anderem wanden sich unter den<lb/> Beinen der mich atlaguirenden erwachsenen Juden durch und fielen<lb/> mich von unten an.</p><lb/> <p xml:id="ID_875" next="#ID_876"> Diesem häßlichen Denkmal gegenüber, welches sich der Graf<lb/> Kasimir zu Krakau gesetzt hat, eins von den vielen herrlichen.<lb/> Am Nachmittag fuhren wir durch die Stadt, um das reizend ge¬<lb/> legene schöne Kloster Biclany zu besuchen. In der Nähe des ur¬<lb/> alten berühmten Tuchhauses grüßten meinen freundlichen Freund und<lb/> Gefährten zwei junge Männer. „Wer sind diese Herren?" „Stu¬<lb/> denten" antwortete mir mein Gefährte, und setzte mich dadurch in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0306]
her zu einer freiwilligen Trennung und Entfernung zu bewege».
Da aber seine Bemühungen an der Hartnäckigkeit seiner Geliebten
scheiterten, so heißt rS, habe er seine schöne Esther in den vor dem
Schlößchen befindlichen Teich gestürzt.
Mit Mühe und Noth gelangten wir durch die Stadt Kasimir.
Nicht der Schmutz der schlechten Ser.ißen machte uns so viel Be¬
schwerde, als die moralische Schmutzigkeit der hiesigen Juden. Ich
sollte nicht sagen wir, denn ich allein war der Unglückliche, weil ich ein
Fremder war und dies nichtverbergen konnte. Aus allen den kleinen Ver¬
kaufsladen, deren es hier Hunderte giebt, stürzten die Kaufherren, Kauf¬
frauen und Faktoren hervor und priesen mir, der eine seine fertigen Röcke,
Hosen und Westen, der zweite seine Mützen, der dritte seine „ganz
neuen" Hüte, der vierte seine Tuche, Kattune und Seidenstoffe, der
fünfte seine Häringe, Gewürze und w.unen Rindfleischwürstchen,
der sechste seine Biere, Weine und Branntweine, zugleich Hafer,
Heu und Hechsel, der siebente seine seidenen Bänder, goldenen Ringe
und sein Brennöl, der achte seine Halsbinden, der neunte seine
Kämme, Rasirmesser und Packpapier, der zehnte sein altes Ei¬
sen und gebrauchte Bücher, der eilfte seine ganz neuen Meubles
und Lampendochte, der zwölfte geräucherten Lachs, Caviar und
Schnupftabak und noch zwanzig andere zwanzigerlei Anderes.
Ich wurde an den Aermeln, den Rvckfittigcn, dem Kragen und
überall angepackt. Unter tausend Verbeugungen und wunderlichen
Ehrentiteln, unter denen „Herr lieb" und „Herr Deutscher" die ge¬
ringfügigsten, „Herr Baron" und „Groißgeborncr Herr Aidelmann"
etwa die gewichlvollsten waren, suchte in.,n mich in diesen und jenen
Laden und in alle zugleich zu zerren. Judenkinder mit Nadeln, Ra-
sirpinseln, Siegeln, Zwirn und Anderem wanden sich unter den
Beinen der mich atlaguirenden erwachsenen Juden durch und fielen
mich von unten an.
Diesem häßlichen Denkmal gegenüber, welches sich der Graf
Kasimir zu Krakau gesetzt hat, eins von den vielen herrlichen.
Am Nachmittag fuhren wir durch die Stadt, um das reizend ge¬
legene schöne Kloster Biclany zu besuchen. In der Nähe des ur¬
alten berühmten Tuchhauses grüßten meinen freundlichen Freund und
Gefährten zwei junge Männer. „Wer sind diese Herren?" „Stu¬
denten" antwortete mir mein Gefährte, und setzte mich dadurch in
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