Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.rauhen Biterolf zum trotzigen Uebermuth getrieben. Wolfram sucht Beim Beginn des dritten Actes harrt Elisabeth trauernd den rauhen Biterolf zum trotzigen Uebermuth getrieben. Wolfram sucht Beim Beginn des dritten Actes harrt Elisabeth trauernd den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0286" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271547"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> rauhen Biterolf zum trotzigen Uebermuth getrieben. Wolfram sucht<lb/> zwar den sich erhebenden Sturm zu beschwichtigen; jetzt aber hat auch<lb/> Tannhäuser, alles Andere um sich her vergessend, ganz von wilder,<lb/> tobender Leidenschaft hingerissen, den letzten Zwang abgeschüttelt, der<lb/> ihn bis dahin noch befangen hielt; glühende Bilder der genossenen<lb/> Freuden schwirren und mahnen in dämonischen Tönen, die nun sein<lb/> Ohr umgaukeln, und laut und trotzig aufjubelnd, donnert er den<lb/> entsetzt Zurückweichenden den Preis des verrufenen, wollüstigen Hör-<lb/> selberges entgegen. Verwirrung folgt diesem kaum gesprochenen Wort,<lb/> die Frauen entfliehen, die Männer wollen sich mit den gezogenen<lb/> Schwertern aus den Frevler stürzen, Elisabeth aber schützt ihn und<lb/> bittet um sein Leben. Nun erst erwacht Tannhäuser aus seinem un¬<lb/> heimlichen Rausch und erkennt sein Verbrechen an der edlen, reinen<lb/> Jungfrau. Der Chor wallfahrender Pilger schallt von außen heraus,<lb/> während der Landgraf ihm die Buße auflegt, nach Rom zu ziehen<lb/> und dort Vergebung seiner Sünden zu erflehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Beim Beginn des dritten Actes harrt Elisabeth trauernd den<lb/> rückkehrenden Pilgern entgegen und forscht vergeblich unter diesen nach<lb/> dem entsündigten, einst so geliebten Manne. Wehmüthig wendet sie<lb/> sich der Heimath wieder zu und weist selbst Wolframs Begleitung,<lb/> der sich ihr freundlich naht, zurück. Jetzt aber wankt im abgerisse¬<lb/> nen Pilgerkleid, mit bleichen Wangen Tannhäuser herbei; der Freund<lb/> selbst erkennt ihn im ersten Augenblick nicht; doch nicht entsündigt<lb/> kehrt er von heiliger Stätte wieder, mit lüsternem Verlangen sehnt<lb/> er sich nach dem verlassenen Lustort zurück in die Arme der süßen<lb/> Göttin. Er erzählt Wolfram von seiner Pilgerfahrt; wie er das<lb/> Schwerste ertragen, und sich flehend, seine Sünden bekennend, zu<lb/> den Füßen des Pabstes niedergeworfen, dieser ihn aber kalt und ver¬<lb/> nichtend zurückgewiesen, und den Fluch über ihn mit den Worten<lb/> ausgesprochen habe, daß er so wenig Vergebung hoffen könne, wie der<lb/> Stab, den er in seiner Hand halte, je wieder grünen werde. Der<lb/> erbarmungslose Spruch des Priesters zerriß aber das letzte Band, das<lb/> ihn noch in reuevoller Demuth an die Kirche gefesselt hatte; „der<lb/> Verheißung trügerischer Klang" ekelte ihn an, zurück will er nun,<lb/> zurück an die Brust der liebeathmenden Göttin, und dahin sucht er<lb/> auch den Freund mit sich zu ziehen, woher ihm jetzt in wildem<lb/> Reigen jubelnd und lockend die bekannten Klänge entgegen¬<lb/> tönen. Der Hörselberg erglüht in unheimlichen Lichtern, selbst Wol¬<lb/> fram schwankt, von den verführerischen Tönen ergriffen. Da er¬<lb/> mannt er sich, der Name Elisabeths übt auf den Freund die alte<lb/> Gewalt, Morgendämmerung steigt empor, von der Wartburg ver¬<lb/> künden Todtensange das Hinscheiden der frommen Dulderin und<lb/> Tannhäuser sinkt entseelt in die Arme des Freundes, wahrend ein<lb/> zweiter Zug wiederkehrender Pilger das Wunder kund thut, wie der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0286]
rauhen Biterolf zum trotzigen Uebermuth getrieben. Wolfram sucht
zwar den sich erhebenden Sturm zu beschwichtigen; jetzt aber hat auch
Tannhäuser, alles Andere um sich her vergessend, ganz von wilder,
tobender Leidenschaft hingerissen, den letzten Zwang abgeschüttelt, der
ihn bis dahin noch befangen hielt; glühende Bilder der genossenen
Freuden schwirren und mahnen in dämonischen Tönen, die nun sein
Ohr umgaukeln, und laut und trotzig aufjubelnd, donnert er den
entsetzt Zurückweichenden den Preis des verrufenen, wollüstigen Hör-
selberges entgegen. Verwirrung folgt diesem kaum gesprochenen Wort,
die Frauen entfliehen, die Männer wollen sich mit den gezogenen
Schwertern aus den Frevler stürzen, Elisabeth aber schützt ihn und
bittet um sein Leben. Nun erst erwacht Tannhäuser aus seinem un¬
heimlichen Rausch und erkennt sein Verbrechen an der edlen, reinen
Jungfrau. Der Chor wallfahrender Pilger schallt von außen heraus,
während der Landgraf ihm die Buße auflegt, nach Rom zu ziehen
und dort Vergebung seiner Sünden zu erflehen.
Beim Beginn des dritten Actes harrt Elisabeth trauernd den
rückkehrenden Pilgern entgegen und forscht vergeblich unter diesen nach
dem entsündigten, einst so geliebten Manne. Wehmüthig wendet sie
sich der Heimath wieder zu und weist selbst Wolframs Begleitung,
der sich ihr freundlich naht, zurück. Jetzt aber wankt im abgerisse¬
nen Pilgerkleid, mit bleichen Wangen Tannhäuser herbei; der Freund
selbst erkennt ihn im ersten Augenblick nicht; doch nicht entsündigt
kehrt er von heiliger Stätte wieder, mit lüsternem Verlangen sehnt
er sich nach dem verlassenen Lustort zurück in die Arme der süßen
Göttin. Er erzählt Wolfram von seiner Pilgerfahrt; wie er das
Schwerste ertragen, und sich flehend, seine Sünden bekennend, zu
den Füßen des Pabstes niedergeworfen, dieser ihn aber kalt und ver¬
nichtend zurückgewiesen, und den Fluch über ihn mit den Worten
ausgesprochen habe, daß er so wenig Vergebung hoffen könne, wie der
Stab, den er in seiner Hand halte, je wieder grünen werde. Der
erbarmungslose Spruch des Priesters zerriß aber das letzte Band, das
ihn noch in reuevoller Demuth an die Kirche gefesselt hatte; „der
Verheißung trügerischer Klang" ekelte ihn an, zurück will er nun,
zurück an die Brust der liebeathmenden Göttin, und dahin sucht er
auch den Freund mit sich zu ziehen, woher ihm jetzt in wildem
Reigen jubelnd und lockend die bekannten Klänge entgegen¬
tönen. Der Hörselberg erglüht in unheimlichen Lichtern, selbst Wol¬
fram schwankt, von den verführerischen Tönen ergriffen. Da er¬
mannt er sich, der Name Elisabeths übt auf den Freund die alte
Gewalt, Morgendämmerung steigt empor, von der Wartburg ver¬
künden Todtensange das Hinscheiden der frommen Dulderin und
Tannhäuser sinkt entseelt in die Arme des Freundes, wahrend ein
zweiter Zug wiederkehrender Pilger das Wunder kund thut, wie der
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