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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Blick in das Kommende werfen, sondern nur rückwärts schauen auf
das bereits Vorgetragene.

Das Colleg selbst ist in zwei streng geschiedene Räume getheilt.
Den einen bewohnt die philosophische, den andern die theologische
Kammer. Im Gang jeder Kammer befindet sich ein Hausaltar,
der Verehrung der Mutter Gottes geweiht. Im untern Stockwerk
hat jede Kammer ihren besondern Speisesaal, und eine Aula in
Mitte deS Prosesshauses; dann ein Sacellum, von welchem man
durch eine enge Stiege in einen bedeckten Porticus gelangt, der
durch die Fenster die Aussicht auf den geschlossenen Klostergarten ge¬
währt. Außerdem ist noch eine Hauscapelle zum täglichen Gottes¬
dienst vorhanden, weil die Zöglinge nur an Sonntagen und bei
festlichen Veranlassungen in die dem Publicum sgeoffnete Kirche "I
<?e8,i treten dürfen.

Den Unterricht besuchen sie im benachbarten römischen Colleg,
welches ebenfalls unter den Jesuiten steht, und die geistliche Uni¬
versität Roms ist, im Gegensatz zur Sapienza, an welcher größ-
tentheils nur Laien studiren. In dieses Collegio Romano kommen
außer den deutschen Zöglingen und den künftigen Priestern des
Kirchenstaates noch die Alumnen der meisten ausländischen Anstalten.
Es bestehen nämlich neben dem deutschen noch ein irlandisches, ein
holländisches, ein griechisches und andere College. Sämmtliche haben
ähnliche Constitutionen und gleiche Bestimmung wie das deutsche,
dem sie nachgebildet sind. Im Collegio Romano hören alle diese
Missionszöglinge des civilisirten Europa gemeinschaftlich scholastische
Philosophie und Theologie. Der Unterricht in den Kirchenceremonicn,
dem ascetischen Leben, und allem demjenigen, was nach Verschieden¬
heit der Länder auch verschiedene Maßregeln erfordert, bleibt den
Vorständen der einzelnen Anstalten überlassen. Die auf solche Art
den öffentlichen Unterricht besuchenden Alumnen haben im Collegio
Romano ihre bestimmten Plätze, welche sie nie verlassen dürfen.
Diese werden nach einer herkömmlichen Rangordnung angewiesen,
wobei die deutschen Zöglinge, als unter besondern" Protectorat des
Papstes und der Cardinäle stehend, den Vorzug haben, und rechts
neben dem bockender Pater in gleicher Höhe mit dessen Katheder
sitzen. Links neben den Pater kommen die Jrländer, ebenfalls in
gleicher Höhe. An diese zwei Abtheilungen schließen sich rechts und


Blick in das Kommende werfen, sondern nur rückwärts schauen auf
das bereits Vorgetragene.

Das Colleg selbst ist in zwei streng geschiedene Räume getheilt.
Den einen bewohnt die philosophische, den andern die theologische
Kammer. Im Gang jeder Kammer befindet sich ein Hausaltar,
der Verehrung der Mutter Gottes geweiht. Im untern Stockwerk
hat jede Kammer ihren besondern Speisesaal, und eine Aula in
Mitte deS Prosesshauses; dann ein Sacellum, von welchem man
durch eine enge Stiege in einen bedeckten Porticus gelangt, der
durch die Fenster die Aussicht auf den geschlossenen Klostergarten ge¬
währt. Außerdem ist noch eine Hauscapelle zum täglichen Gottes¬
dienst vorhanden, weil die Zöglinge nur an Sonntagen und bei
festlichen Veranlassungen in die dem Publicum sgeoffnete Kirche »I
<?e8,i treten dürfen.

Den Unterricht besuchen sie im benachbarten römischen Colleg,
welches ebenfalls unter den Jesuiten steht, und die geistliche Uni¬
versität Roms ist, im Gegensatz zur Sapienza, an welcher größ-
tentheils nur Laien studiren. In dieses Collegio Romano kommen
außer den deutschen Zöglingen und den künftigen Priestern des
Kirchenstaates noch die Alumnen der meisten ausländischen Anstalten.
Es bestehen nämlich neben dem deutschen noch ein irlandisches, ein
holländisches, ein griechisches und andere College. Sämmtliche haben
ähnliche Constitutionen und gleiche Bestimmung wie das deutsche,
dem sie nachgebildet sind. Im Collegio Romano hören alle diese
Missionszöglinge des civilisirten Europa gemeinschaftlich scholastische
Philosophie und Theologie. Der Unterricht in den Kirchenceremonicn,
dem ascetischen Leben, und allem demjenigen, was nach Verschieden¬
heit der Länder auch verschiedene Maßregeln erfordert, bleibt den
Vorständen der einzelnen Anstalten überlassen. Die auf solche Art
den öffentlichen Unterricht besuchenden Alumnen haben im Collegio
Romano ihre bestimmten Plätze, welche sie nie verlassen dürfen.
Diese werden nach einer herkömmlichen Rangordnung angewiesen,
wobei die deutschen Zöglinge, als unter besondern« Protectorat des
Papstes und der Cardinäle stehend, den Vorzug haben, und rechts
neben dem bockender Pater in gleicher Höhe mit dessen Katheder
sitzen. Links neben den Pater kommen die Jrländer, ebenfalls in
gleicher Höhe. An diese zwei Abtheilungen schließen sich rechts und


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[0252] Blick in das Kommende werfen, sondern nur rückwärts schauen auf das bereits Vorgetragene. Das Colleg selbst ist in zwei streng geschiedene Räume getheilt. Den einen bewohnt die philosophische, den andern die theologische Kammer. Im Gang jeder Kammer befindet sich ein Hausaltar, der Verehrung der Mutter Gottes geweiht. Im untern Stockwerk hat jede Kammer ihren besondern Speisesaal, und eine Aula in Mitte deS Prosesshauses; dann ein Sacellum, von welchem man durch eine enge Stiege in einen bedeckten Porticus gelangt, der durch die Fenster die Aussicht auf den geschlossenen Klostergarten ge¬ währt. Außerdem ist noch eine Hauscapelle zum täglichen Gottes¬ dienst vorhanden, weil die Zöglinge nur an Sonntagen und bei festlichen Veranlassungen in die dem Publicum sgeoffnete Kirche »I <?e8,i treten dürfen. Den Unterricht besuchen sie im benachbarten römischen Colleg, welches ebenfalls unter den Jesuiten steht, und die geistliche Uni¬ versität Roms ist, im Gegensatz zur Sapienza, an welcher größ- tentheils nur Laien studiren. In dieses Collegio Romano kommen außer den deutschen Zöglingen und den künftigen Priestern des Kirchenstaates noch die Alumnen der meisten ausländischen Anstalten. Es bestehen nämlich neben dem deutschen noch ein irlandisches, ein holländisches, ein griechisches und andere College. Sämmtliche haben ähnliche Constitutionen und gleiche Bestimmung wie das deutsche, dem sie nachgebildet sind. Im Collegio Romano hören alle diese Missionszöglinge des civilisirten Europa gemeinschaftlich scholastische Philosophie und Theologie. Der Unterricht in den Kirchenceremonicn, dem ascetischen Leben, und allem demjenigen, was nach Verschieden¬ heit der Länder auch verschiedene Maßregeln erfordert, bleibt den Vorständen der einzelnen Anstalten überlassen. Die auf solche Art den öffentlichen Unterricht besuchenden Alumnen haben im Collegio Romano ihre bestimmten Plätze, welche sie nie verlassen dürfen. Diese werden nach einer herkömmlichen Rangordnung angewiesen, wobei die deutschen Zöglinge, als unter besondern« Protectorat des Papstes und der Cardinäle stehend, den Vorzug haben, und rechts neben dem bockender Pater in gleicher Höhe mit dessen Katheder sitzen. Links neben den Pater kommen die Jrländer, ebenfalls in gleicher Höhe. An diese zwei Abtheilungen schließen sich rechts und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/252>, abgerufen am 05.02.2025.