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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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einer neuen Composition I^man ti lioslnii-xo, welche zugleich mi
Rossini's Oper v Liistiilil gegeben wurde und enthusiasti¬
schen Beifall fand. Diese in Venedig so sehr beklatschte Oper
wurde in Berlin zu Anfang des Jahres 1820 aufgeführt. Sie ge¬
fiel aber nicht sehr, das Publikum war der Meinung, daß in derselben
eher Concert-Musik als wahrhaft dramatische Musik stecke. In
Wien, wo man sie ebenfalls unter dem Titel Emma von Leicester
aufführte, erklärte man sie für eine sclavische Nachahmung Rossini's
und die Wiener Kritiker, feinschmeckende Kunstkenner, nannten sie
vergleichsweise ein Dessertstück.

Deutschland sing bereits an, sich an dem italianisirten Deutschen
zu rächen, und doch vergaß Herr Meyer Liebmann Beer, obgleich er
jetzt miiostt" lZi-tevmo Ä1,;^erbeor geworden war, sein ursprüngli¬
ches Vaterland nicht; er schrieb für Berlin ein Stück im italienischen
Styl, betitelt das Brandenburger Thor; dieses Festspiel -- ein
Gelegenheitsstück -- kam nicht zu der festgesetzten Zeit an, und die
Berliner ließen es ruhig schlafen.

Endlich als der Ruf Meyerbeers in Italien täglich wuchs, öff¬
nete das Theater de la Scala in Mailand, welches im Allgemeinen
für Compositeure schwer zugänglich ist, im Jahre 1822 der Oper
Margaretha von Anjou seine Pforten. Dieses Werk fand lebhaften
Beifall, und bald darauf folgte der Lsul" <ki (Zritnatit. Der Erfolg
dieser Oper war einen Augenblick streitig. Eine gehässige Cabale
gegen den Impressario wollte ihre Galle an den Compositeur aus¬
lassen. Der erste Act wurde ausgepsisien und fiel vollkommen durch;
der zweite hätte ohne Zweifel dasselbe Schicksal erfahren ohne ein
Duett, in welchem Lablache und Madame Pisaront, welche die Haupt¬
rollen gaben, alle Zuhörer hinrissen. Die folgenden Vorstellungen
hatten einen günstigen Erfolg. Die Oper Almanzor, in demsel¬
ben Jahre (1823) für Rom geschrieben, wurde nie aufgeführt. Ma¬
dame Bassi, für welche sie geschrieben war, wurde, als sie
aus der Generalprobe ging, sehr gefährlich krank, und behielt die
Partitur.

So sind wir denn allmälig zu der glänzendsten, und
am meisten beklatschten von allen italienischen Opern Meyerberr's


16."

einer neuen Composition I^man ti lioslnii-xo, welche zugleich mi
Rossini's Oper v Liistiilil gegeben wurde und enthusiasti¬
schen Beifall fand. Diese in Venedig so sehr beklatschte Oper
wurde in Berlin zu Anfang des Jahres 1820 aufgeführt. Sie ge¬
fiel aber nicht sehr, das Publikum war der Meinung, daß in derselben
eher Concert-Musik als wahrhaft dramatische Musik stecke. In
Wien, wo man sie ebenfalls unter dem Titel Emma von Leicester
aufführte, erklärte man sie für eine sclavische Nachahmung Rossini's
und die Wiener Kritiker, feinschmeckende Kunstkenner, nannten sie
vergleichsweise ein Dessertstück.

Deutschland sing bereits an, sich an dem italianisirten Deutschen
zu rächen, und doch vergaß Herr Meyer Liebmann Beer, obgleich er
jetzt miiostt» lZi-tevmo Ä1,;^erbeor geworden war, sein ursprüngli¬
ches Vaterland nicht; er schrieb für Berlin ein Stück im italienischen
Styl, betitelt das Brandenburger Thor; dieses Festspiel — ein
Gelegenheitsstück — kam nicht zu der festgesetzten Zeit an, und die
Berliner ließen es ruhig schlafen.

Endlich als der Ruf Meyerbeers in Italien täglich wuchs, öff¬
nete das Theater de la Scala in Mailand, welches im Allgemeinen
für Compositeure schwer zugänglich ist, im Jahre 1822 der Oper
Margaretha von Anjou seine Pforten. Dieses Werk fand lebhaften
Beifall, und bald darauf folgte der Lsul« <ki (Zritnatit. Der Erfolg
dieser Oper war einen Augenblick streitig. Eine gehässige Cabale
gegen den Impressario wollte ihre Galle an den Compositeur aus¬
lassen. Der erste Act wurde ausgepsisien und fiel vollkommen durch;
der zweite hätte ohne Zweifel dasselbe Schicksal erfahren ohne ein
Duett, in welchem Lablache und Madame Pisaront, welche die Haupt¬
rollen gaben, alle Zuhörer hinrissen. Die folgenden Vorstellungen
hatten einen günstigen Erfolg. Die Oper Almanzor, in demsel¬
ben Jahre (1823) für Rom geschrieben, wurde nie aufgeführt. Ma¬
dame Bassi, für welche sie geschrieben war, wurde, als sie
aus der Generalprobe ging, sehr gefährlich krank, und behielt die
Partitur.

So sind wir denn allmälig zu der glänzendsten, und
am meisten beklatschten von allen italienischen Opern Meyerberr's


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[0131] einer neuen Composition I^man ti lioslnii-xo, welche zugleich mi Rossini's Oper v Liistiilil gegeben wurde und enthusiasti¬ schen Beifall fand. Diese in Venedig so sehr beklatschte Oper wurde in Berlin zu Anfang des Jahres 1820 aufgeführt. Sie ge¬ fiel aber nicht sehr, das Publikum war der Meinung, daß in derselben eher Concert-Musik als wahrhaft dramatische Musik stecke. In Wien, wo man sie ebenfalls unter dem Titel Emma von Leicester aufführte, erklärte man sie für eine sclavische Nachahmung Rossini's und die Wiener Kritiker, feinschmeckende Kunstkenner, nannten sie vergleichsweise ein Dessertstück. Deutschland sing bereits an, sich an dem italianisirten Deutschen zu rächen, und doch vergaß Herr Meyer Liebmann Beer, obgleich er jetzt miiostt» lZi-tevmo Ä1,;^erbeor geworden war, sein ursprüngli¬ ches Vaterland nicht; er schrieb für Berlin ein Stück im italienischen Styl, betitelt das Brandenburger Thor; dieses Festspiel — ein Gelegenheitsstück — kam nicht zu der festgesetzten Zeit an, und die Berliner ließen es ruhig schlafen. Endlich als der Ruf Meyerbeers in Italien täglich wuchs, öff¬ nete das Theater de la Scala in Mailand, welches im Allgemeinen für Compositeure schwer zugänglich ist, im Jahre 1822 der Oper Margaretha von Anjou seine Pforten. Dieses Werk fand lebhaften Beifall, und bald darauf folgte der Lsul« <ki (Zritnatit. Der Erfolg dieser Oper war einen Augenblick streitig. Eine gehässige Cabale gegen den Impressario wollte ihre Galle an den Compositeur aus¬ lassen. Der erste Act wurde ausgepsisien und fiel vollkommen durch; der zweite hätte ohne Zweifel dasselbe Schicksal erfahren ohne ein Duett, in welchem Lablache und Madame Pisaront, welche die Haupt¬ rollen gaben, alle Zuhörer hinrissen. Die folgenden Vorstellungen hatten einen günstigen Erfolg. Die Oper Almanzor, in demsel¬ ben Jahre (1823) für Rom geschrieben, wurde nie aufgeführt. Ma¬ dame Bassi, für welche sie geschrieben war, wurde, als sie aus der Generalprobe ging, sehr gefährlich krank, und behielt die Partitur. So sind wir denn allmälig zu der glänzendsten, und am meisten beklatschten von allen italienischen Opern Meyerberr's 16."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/131>, abgerufen am 05.02.2025.