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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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i.
Aus B cru n.
1.

Fräulein Lind alö Norm". -- Gräfin Rossi. -- Die Kaiserin Maria Theresia
auf der Bühne. -- Thomas Thurnau von Madame Birch.Pfeiffer und andere
Weihnachcsbescherungen.

Das Weihnachtsfest mit seinen Kindcrfrcuden hat in den letzten
Tagen auch die großen Kinder so sehr beschäftigt, daß kaum ein an¬
derer Gegenstand der Unterhaltung wie der Thätigkeit Platz zu greisen
Raum fand. Die Hinrichtung Tscheche war wie ein Donnerschlag
in den heiteren Himmel der Weihnachtspoesie hineingefahren, doch
Kinder vergessen leicht, was gestern vorgefallen, wie es ihnen auch
keine Sorge macht, was etwa morgen bevorsteht, und so blieb Weih¬
nacht im Vordergrund mit seiner fröhlichen Staffage, wenn auch da¬
hinter einige ernste Leute sich zeigten, die Allerlei vom öffentlichen
Gerichtsverfahren, von den moralischen Vorzügen und persönlichen Ge¬
währleistungen desselben, von Provinziallandtagen und von politischen
und religiösen Wirren zu sprechen schienen. Ja, der Hintergrund ist
Nichts weniger als heiter, doch -- auch wir wollen es so machen,
wie die Weihnachtskinder und uns für jetzt nur an das halten, was
uns der Himmel an Freuden beschert hat.

Also lassen Sie mich vor allen Dingen von den Genüssen er¬
zählen, die eine skandinavische Bulbul, eine wahre Degeborg mit gol¬
denen Locken und der Bardenleier in den lilienweißen Armen, den
Dilettanti unserer großen Oper verschafft. Sie errathen, daß ich von
Fraulein Jenny Lind, der sangreichsten Unterthanin Sr. Majestät des Königs
Oskar und der ersten Schwedin sprechen will, die wieder seit der Zeit
der Königin Christine einen Thron, auf dem sie zu Hause allein
herrschte, verließ, um die Herzen des übrigen Europa zu erobern.
In der vorigen Woche betrat sie zum ersten Male als Norm"
die hiesige Bühne. Ja, das war die rechte noi-um entre.in"1i, wie


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i.
Aus B cru n.
1.

Fräulein Lind alö Norm«. — Gräfin Rossi. — Die Kaiserin Maria Theresia
auf der Bühne. — Thomas Thurnau von Madame Birch.Pfeiffer und andere
Weihnachcsbescherungen.

Das Weihnachtsfest mit seinen Kindcrfrcuden hat in den letzten
Tagen auch die großen Kinder so sehr beschäftigt, daß kaum ein an¬
derer Gegenstand der Unterhaltung wie der Thätigkeit Platz zu greisen
Raum fand. Die Hinrichtung Tscheche war wie ein Donnerschlag
in den heiteren Himmel der Weihnachtspoesie hineingefahren, doch
Kinder vergessen leicht, was gestern vorgefallen, wie es ihnen auch
keine Sorge macht, was etwa morgen bevorsteht, und so blieb Weih¬
nacht im Vordergrund mit seiner fröhlichen Staffage, wenn auch da¬
hinter einige ernste Leute sich zeigten, die Allerlei vom öffentlichen
Gerichtsverfahren, von den moralischen Vorzügen und persönlichen Ge¬
währleistungen desselben, von Provinziallandtagen und von politischen
und religiösen Wirren zu sprechen schienen. Ja, der Hintergrund ist
Nichts weniger als heiter, doch — auch wir wollen es so machen,
wie die Weihnachtskinder und uns für jetzt nur an das halten, was
uns der Himmel an Freuden beschert hat.

Also lassen Sie mich vor allen Dingen von den Genüssen er¬
zählen, die eine skandinavische Bulbul, eine wahre Degeborg mit gol¬
denen Locken und der Bardenleier in den lilienweißen Armen, den
Dilettanti unserer großen Oper verschafft. Sie errathen, daß ich von
Fraulein Jenny Lind, der sangreichsten Unterthanin Sr. Majestät des Königs
Oskar und der ersten Schwedin sprechen will, die wieder seit der Zeit
der Königin Christine einen Thron, auf dem sie zu Hause allein
herrschte, verließ, um die Herzen des übrigen Europa zu erobern.
In der vorigen Woche betrat sie zum ersten Male als Norm«
die hiesige Bühne. Ja, das war die rechte noi-um entre.in«1i, wie


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[0089] T a g e b u clj. i. Aus B cru n. 1. Fräulein Lind alö Norm«. — Gräfin Rossi. — Die Kaiserin Maria Theresia auf der Bühne. — Thomas Thurnau von Madame Birch.Pfeiffer und andere Weihnachcsbescherungen. Das Weihnachtsfest mit seinen Kindcrfrcuden hat in den letzten Tagen auch die großen Kinder so sehr beschäftigt, daß kaum ein an¬ derer Gegenstand der Unterhaltung wie der Thätigkeit Platz zu greisen Raum fand. Die Hinrichtung Tscheche war wie ein Donnerschlag in den heiteren Himmel der Weihnachtspoesie hineingefahren, doch Kinder vergessen leicht, was gestern vorgefallen, wie es ihnen auch keine Sorge macht, was etwa morgen bevorsteht, und so blieb Weih¬ nacht im Vordergrund mit seiner fröhlichen Staffage, wenn auch da¬ hinter einige ernste Leute sich zeigten, die Allerlei vom öffentlichen Gerichtsverfahren, von den moralischen Vorzügen und persönlichen Ge¬ währleistungen desselben, von Provinziallandtagen und von politischen und religiösen Wirren zu sprechen schienen. Ja, der Hintergrund ist Nichts weniger als heiter, doch — auch wir wollen es so machen, wie die Weihnachtskinder und uns für jetzt nur an das halten, was uns der Himmel an Freuden beschert hat. Also lassen Sie mich vor allen Dingen von den Genüssen er¬ zählen, die eine skandinavische Bulbul, eine wahre Degeborg mit gol¬ denen Locken und der Bardenleier in den lilienweißen Armen, den Dilettanti unserer großen Oper verschafft. Sie errathen, daß ich von Fraulein Jenny Lind, der sangreichsten Unterthanin Sr. Majestät des Königs Oskar und der ersten Schwedin sprechen will, die wieder seit der Zeit der Königin Christine einen Thron, auf dem sie zu Hause allein herrschte, verließ, um die Herzen des übrigen Europa zu erobern. In der vorigen Woche betrat sie zum ersten Male als Norm« die hiesige Bühne. Ja, das war die rechte noi-um entre.in«1i, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/89>, abgerufen am 22.07.2024.