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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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-- Vorausbezahlt? frug Wolf und sah ihn mit zweifelndem
Blicke an! --

-- Vorausbezahlt! -- hier auf der Stelle, rief Hayde, dem
bei diesen Worten neue Hoffnung zu dämmern schien. Wolf? --
Gold-Wölfchen? Wollt Ihr mit einem einzigen Knoten fünfzig harte
Piaster verdienen?

-- Werden sie mich aber lassen? frug Wolf zweifelnd, da könnte
ja doch Jeder kommen.

-- Jeder kann kommen! unterbrach ihn mit ungeduldiger Hast
der kleine Vice-Sheriff, Jeder kann kommen und wenn der Gottsei¬
beiuns käme und wollte es sich zum besonderen Vergnügen machen,
den Mann zu hängen, so hätte das Gericht Nichts dawider -- Wolf-
chen! er soll ja nur gehangen werden, -- wer ihn hängt, ist ganz
egal.

-- Ich weiß aber nicht, fuhr Wolf überlegend fort; es ist Ei¬
nem doch ein ganz eigenes Gefühl, wenn man einen Menschen um¬
bringen soll!

-- Aber Ihr bringt ihn ja gar nicht um, Wölfchen! bat Fritz
Hayde weiter, das Gericht bringt ihn um, Ihr steht blos auf der
Leiter und macht eine Schleife; wenn nun das Gericht in diese
Schleife eines Menschen Kopf hineinsteckt, da könnt Ihr doch Nichts
dafür!

-- Ja, das möchte noch gehn, sagte Wolf, aber nachher die
Stütze unten wegzuziehn -- daß die Klappe niederfällt -- ich weiß
nicht, das ist mir gar zu schauerlich.

-- Ihr braucht Eure Hand nicht dran zu legen, redete ihm
Hayde zu, das könnt Ihr mit dem Fuße thun und -- es ist gerade
wie beim Strick, mein bester Wolf; Ihr habt ja doch den Verbrecher
da oben nicht hingestellt, das fällt doch immer wieder auf die Richter
zurück!

-- Nun meinetwegen! rief Wolf endlich, wenn man sich nach¬
her wieder wäscht, wird's eben so gut sein!

-- Ihr willigt also ein? frug Hayde.

-- Hier ist meine Hand, sagte Wolf.

-- Topp! schrie der Kleine und lief augenblicklich zu seinem
Koffer, aus dem er die fünfzig Dollars herausnahm und dem Krä¬
mer einhändigte.


— Vorausbezahlt? frug Wolf und sah ihn mit zweifelndem
Blicke an! —

— Vorausbezahlt! — hier auf der Stelle, rief Hayde, dem
bei diesen Worten neue Hoffnung zu dämmern schien. Wolf? —
Gold-Wölfchen? Wollt Ihr mit einem einzigen Knoten fünfzig harte
Piaster verdienen?

— Werden sie mich aber lassen? frug Wolf zweifelnd, da könnte
ja doch Jeder kommen.

— Jeder kann kommen! unterbrach ihn mit ungeduldiger Hast
der kleine Vice-Sheriff, Jeder kann kommen und wenn der Gottsei¬
beiuns käme und wollte es sich zum besonderen Vergnügen machen,
den Mann zu hängen, so hätte das Gericht Nichts dawider — Wolf-
chen! er soll ja nur gehangen werden, — wer ihn hängt, ist ganz
egal.

— Ich weiß aber nicht, fuhr Wolf überlegend fort; es ist Ei¬
nem doch ein ganz eigenes Gefühl, wenn man einen Menschen um¬
bringen soll!

— Aber Ihr bringt ihn ja gar nicht um, Wölfchen! bat Fritz
Hayde weiter, das Gericht bringt ihn um, Ihr steht blos auf der
Leiter und macht eine Schleife; wenn nun das Gericht in diese
Schleife eines Menschen Kopf hineinsteckt, da könnt Ihr doch Nichts
dafür!

— Ja, das möchte noch gehn, sagte Wolf, aber nachher die
Stütze unten wegzuziehn — daß die Klappe niederfällt — ich weiß
nicht, das ist mir gar zu schauerlich.

— Ihr braucht Eure Hand nicht dran zu legen, redete ihm
Hayde zu, das könnt Ihr mit dem Fuße thun und — es ist gerade
wie beim Strick, mein bester Wolf; Ihr habt ja doch den Verbrecher
da oben nicht hingestellt, das fällt doch immer wieder auf die Richter
zurück!

— Nun meinetwegen! rief Wolf endlich, wenn man sich nach¬
her wieder wäscht, wird's eben so gut sein!

— Ihr willigt also ein? frug Hayde.

— Hier ist meine Hand, sagte Wolf.

— Topp! schrie der Kleine und lief augenblicklich zu seinem
Koffer, aus dem er die fünfzig Dollars herausnahm und dem Krä¬
mer einhändigte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/558>, abgerufen am 23.07.2024.