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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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kleinen, aber scharf geschriebenen Aphorismen für keine unnütze Verzierung
dieser Blätter halten. Bis hierher war dieser kleine Artikel geschrieben, als mir
die zweite Entgegnung des Herrn Lewald zu Gesichte kam. Wahrschein¬
lich hat man ihn darauf aufmerksam gemacht, daß sein "Kurandaspicgel/
keine Widerlegung und vor Allem keine würdige Antwort sei. Indem
er nun das Versäumte nachholen will, verfällt er bald wieder in den
erwähnten Fischweiberstyl, worin ich ihm gern das Feld räume, bald
in einen Ton weinerlicher Demuth, der eben so widerlich ist wie seine
sonstige Anmaßung. Er mochte den unschuldig Verfolgten spielen, er
möchte das Publicum rühren. Es ist aber wahrlich kein Muthwille
gewesen, was mich zwang, das unwürdige Treiben seines Blattes zu
enthüllen; es gibt eine Art journalistisches Fatum, dem man, ohne
der Feigheit beschuldigt zu werden, nicht ausweichen darf. Lewald's
Taktik im letzten Jahrgang seines Blattes war der Art, daß ich mich
moralisch genöthigt sah, ein Wort über ihn zu sprechen. Künftig wird
auch dieser Zwang keine Kraft mehr haben und ich werde mich bemü¬
hen, dem Beispiel des ehrenhaften Redacteurs des Stuttgarter "Mor¬
genblattes" zu folgen, der vor zwei Jahren eben fo ein Gegenstand
der Lewald'sehen Personalangrisse war, wie diesmal der Unterzeichnete.
Auch jetzt will Herr Lewald die Grenzboten nur zufällig "durch Ver¬
mittlung eines Freundes" gelesen haben, während doch jenes Heft
(Ur. I) als Probcblatt in 2.i0t> Exemplaren an alle deutschen Buch¬
handlungen verschickt wurde. Herr Lewald behauptet, er habe mir vor
sechs Jahren, da ich das erstemal aus Oesterreich kam, mehrere Arti¬
kel als unbrauchbar zurückgestellt, ist aber so naiv, den Commentar
dazu selbst zu geben, indem er bemerkt, das Cotta'sche M org en b kalt
(zu dessen thätigsten Mitarbeitern ich vor Begründung der Grenzboten
gehörte) habe diese unbrauchbaren Arbeiten ausgenommen. Noch rüh¬
render ist seine Besorgniß um meine weitere literarische Ausbildung; ich
soll fleißiger an größeren Werken arbeiten, verlangt er. Herr Lewald
wird hoffentlich nicht fordern, daß ein Schriftsteller, der gewissermaßen
noch am Anfang feiner Laufbahn steht, gleich zwanzig Bande bei ihm
einreichen soll M'l, venit r< "ÜKeuili. Indeß zu seiner Beruhigung
mag es dienen, daß grade in den nächsten Wochen ein Beweis von
der außerjournalistischen Thätigkeit des Unterzeichneten die Presse ver¬
lassen wird. Herr Lewald kann sogar ein Necensionseremplar bekom¬
I. Kuranda. men und sich rächen').



Dem Wiener Correspondenten der Europa kann ich abermc-Is blos eine
Note widme". Vielleicht ist schon dies eine Naunwerschwendung. Denn wir
sind eigentlich nicht dazu da, daß solche Federn sich an uns abschleifen und
schreiben lernen. Hoffentlich haben unsere Leser die brillante Polemik dieses
höchst würdevollen Mannes in der Europa nicht überschlagen und ich brauche
ihrem Urtheil nicht vorzugreifen. Nur aus drei Punkte darin will ich auf-

kleinen, aber scharf geschriebenen Aphorismen für keine unnütze Verzierung
dieser Blätter halten. Bis hierher war dieser kleine Artikel geschrieben, als mir
die zweite Entgegnung des Herrn Lewald zu Gesichte kam. Wahrschein¬
lich hat man ihn darauf aufmerksam gemacht, daß sein „Kurandaspicgel/
keine Widerlegung und vor Allem keine würdige Antwort sei. Indem
er nun das Versäumte nachholen will, verfällt er bald wieder in den
erwähnten Fischweiberstyl, worin ich ihm gern das Feld räume, bald
in einen Ton weinerlicher Demuth, der eben so widerlich ist wie seine
sonstige Anmaßung. Er mochte den unschuldig Verfolgten spielen, er
möchte das Publicum rühren. Es ist aber wahrlich kein Muthwille
gewesen, was mich zwang, das unwürdige Treiben seines Blattes zu
enthüllen; es gibt eine Art journalistisches Fatum, dem man, ohne
der Feigheit beschuldigt zu werden, nicht ausweichen darf. Lewald's
Taktik im letzten Jahrgang seines Blattes war der Art, daß ich mich
moralisch genöthigt sah, ein Wort über ihn zu sprechen. Künftig wird
auch dieser Zwang keine Kraft mehr haben und ich werde mich bemü¬
hen, dem Beispiel des ehrenhaften Redacteurs des Stuttgarter „Mor¬
genblattes" zu folgen, der vor zwei Jahren eben fo ein Gegenstand
der Lewald'sehen Personalangrisse war, wie diesmal der Unterzeichnete.
Auch jetzt will Herr Lewald die Grenzboten nur zufällig „durch Ver¬
mittlung eines Freundes" gelesen haben, während doch jenes Heft
(Ur. I) als Probcblatt in 2.i0t> Exemplaren an alle deutschen Buch¬
handlungen verschickt wurde. Herr Lewald behauptet, er habe mir vor
sechs Jahren, da ich das erstemal aus Oesterreich kam, mehrere Arti¬
kel als unbrauchbar zurückgestellt, ist aber so naiv, den Commentar
dazu selbst zu geben, indem er bemerkt, das Cotta'sche M org en b kalt
(zu dessen thätigsten Mitarbeitern ich vor Begründung der Grenzboten
gehörte) habe diese unbrauchbaren Arbeiten ausgenommen. Noch rüh¬
render ist seine Besorgniß um meine weitere literarische Ausbildung; ich
soll fleißiger an größeren Werken arbeiten, verlangt er. Herr Lewald
wird hoffentlich nicht fordern, daß ein Schriftsteller, der gewissermaßen
noch am Anfang feiner Laufbahn steht, gleich zwanzig Bande bei ihm
einreichen soll M'l, venit r< «ÜKeuili. Indeß zu seiner Beruhigung
mag es dienen, daß grade in den nächsten Wochen ein Beweis von
der außerjournalistischen Thätigkeit des Unterzeichneten die Presse ver¬
lassen wird. Herr Lewald kann sogar ein Necensionseremplar bekom¬
I. Kuranda. men und sich rächen').



Dem Wiener Correspondenten der Europa kann ich abermc-Is blos eine
Note widme». Vielleicht ist schon dies eine Naunwerschwendung. Denn wir
sind eigentlich nicht dazu da, daß solche Federn sich an uns abschleifen und
schreiben lernen. Hoffentlich haben unsere Leser die brillante Polemik dieses
höchst würdevollen Mannes in der Europa nicht überschlagen und ich brauche
ihrem Urtheil nicht vorzugreifen. Nur aus drei Punkte darin will ich auf-
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[0353] kleinen, aber scharf geschriebenen Aphorismen für keine unnütze Verzierung dieser Blätter halten. Bis hierher war dieser kleine Artikel geschrieben, als mir die zweite Entgegnung des Herrn Lewald zu Gesichte kam. Wahrschein¬ lich hat man ihn darauf aufmerksam gemacht, daß sein „Kurandaspicgel/ keine Widerlegung und vor Allem keine würdige Antwort sei. Indem er nun das Versäumte nachholen will, verfällt er bald wieder in den erwähnten Fischweiberstyl, worin ich ihm gern das Feld räume, bald in einen Ton weinerlicher Demuth, der eben so widerlich ist wie seine sonstige Anmaßung. Er mochte den unschuldig Verfolgten spielen, er möchte das Publicum rühren. Es ist aber wahrlich kein Muthwille gewesen, was mich zwang, das unwürdige Treiben seines Blattes zu enthüllen; es gibt eine Art journalistisches Fatum, dem man, ohne der Feigheit beschuldigt zu werden, nicht ausweichen darf. Lewald's Taktik im letzten Jahrgang seines Blattes war der Art, daß ich mich moralisch genöthigt sah, ein Wort über ihn zu sprechen. Künftig wird auch dieser Zwang keine Kraft mehr haben und ich werde mich bemü¬ hen, dem Beispiel des ehrenhaften Redacteurs des Stuttgarter „Mor¬ genblattes" zu folgen, der vor zwei Jahren eben fo ein Gegenstand der Lewald'sehen Personalangrisse war, wie diesmal der Unterzeichnete. Auch jetzt will Herr Lewald die Grenzboten nur zufällig „durch Ver¬ mittlung eines Freundes" gelesen haben, während doch jenes Heft (Ur. I) als Probcblatt in 2.i0t> Exemplaren an alle deutschen Buch¬ handlungen verschickt wurde. Herr Lewald behauptet, er habe mir vor sechs Jahren, da ich das erstemal aus Oesterreich kam, mehrere Arti¬ kel als unbrauchbar zurückgestellt, ist aber so naiv, den Commentar dazu selbst zu geben, indem er bemerkt, das Cotta'sche M org en b kalt (zu dessen thätigsten Mitarbeitern ich vor Begründung der Grenzboten gehörte) habe diese unbrauchbaren Arbeiten ausgenommen. Noch rüh¬ render ist seine Besorgniß um meine weitere literarische Ausbildung; ich soll fleißiger an größeren Werken arbeiten, verlangt er. Herr Lewald wird hoffentlich nicht fordern, daß ein Schriftsteller, der gewissermaßen noch am Anfang feiner Laufbahn steht, gleich zwanzig Bande bei ihm einreichen soll M'l, venit r< «ÜKeuili. Indeß zu seiner Beruhigung mag es dienen, daß grade in den nächsten Wochen ein Beweis von der außerjournalistischen Thätigkeit des Unterzeichneten die Presse ver¬ lassen wird. Herr Lewald kann sogar ein Necensionseremplar bekom¬ I. Kuranda. men und sich rächen'). Dem Wiener Correspondenten der Europa kann ich abermc-Is blos eine Note widme». Vielleicht ist schon dies eine Naunwerschwendung. Denn wir sind eigentlich nicht dazu da, daß solche Federn sich an uns abschleifen und schreiben lernen. Hoffentlich haben unsere Leser die brillante Polemik dieses höchst würdevollen Mannes in der Europa nicht überschlagen und ich brauche ihrem Urtheil nicht vorzugreifen. Nur aus drei Punkte darin will ich auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/353>, abgerufen am 22.07.2024.