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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Erzeugnissen einmal in der Europa zu erscheinen. Arm in Arm mit
diesen "Freunden" -- sie werden doch nicht so grausam sein, öffentlich
gegen solche Vertraulichkeit zu protestiren -- tritt er dann vor und
sagt, innerlich lächelnd: Seht da habt Ihr auch Gesinnung; ich kann
im Nothfall auch einen ehrbaren "Salon machen. Aber Herr Lewald
vergißt die Rücksichten, die er diesen Herren schuldig ist; der Wirth
selbst stört sein eigen Spiel und fallt aus der Rolle. Wir wünschten
-- so sehr wir die Schwierigkeit der Sache einsehen -- Lewald hätte
einen jener Gönner und Freunde für sich antworten lassen. So
aber hat er im eigenen Hause einen Skandal verführt, der den ach-
tungswerthen Gästen, die jährlich ein Paar Mal seinen Salon beeh¬
ren, nicht lieb sein wird.

Offen gestanden, so läppisch mir von jeher das Schriftstellerthum
des Herrn Luvald vorkam, so hatte ich doch eine männlichere Polemik
von ihm erwartet. Hat der Jupiter von Baden-Baden keine starkem
Blitze für mein Lewalolaugnerisches, Europalästerliches Haupt? Oder
glaubt er grade dadurch zu triumphiren, daß er einen Prinzipienstreit
in einen trivialen und persönlichen verwandelt; daß er mich auf den
Sumpfboden locken will, auf welchem die kleine Journalistik von ehe¬
dem, zum Ergötzen eines süßen Pöbels, ihre Capriolen sprang? Auf
diesen Boden kann ich ihm allerdings nicht folgen; ich würde mich
sogar schämen, eine solche Polemik nur veranlaßt und nicht lieber
die kleinlichen Malicen der Europa im vorigen Jahr ruhig ge¬
duldet zu haben. Allein ich spreche hier nicht blos in meinem, son¬
dern auch im Namen einer besseren Journalistik, welche den Lewald-
schen Fischweiberton längst in Acht und Bann gethan hat. Wir schrei¬
ben- hier Niemandem Streben und Ehre vor; wir verlangen von
Herrn Lewald keine hohen Grundsätze. Aber wenn der literarische Kam¬
merdiener den aristokratischen Mentor machen will, wenn der Mode¬
mann, auf sein feines Glanzpapier und seine groben Begriffe po¬
chend, seinen ungläubigen Hohn über jede bessere Bestrebung laut
auszugießen wagt: so ist das ein Skandal, der auch den persönlich
Unbeteiligten empören wird und nicht ungestraft hingehen darf.

Herr Lewald also ist noch vom um^'n n^une der deutschen Jour¬
nalistik, welches freilich nicht den feinen Spott und die geistreiche Tour-
nüre des politischen französischen <>noi>" >,'^im"> hatte. Allein auch auf
der Seite ist Herr Lewald schlecht beschlagen. Weil er keine Gesinnung
hat, darum besitzt er noch nicht Esprit und Gewandtheit. Im Gegen¬
theil, Lewald ist ein ^ entnervter Gegner, daß es ungroßmüthig wäre,
von allen Waffen Gebrauch zu machen, die man gegen ihn besitzt, und
doch wird er mich wahrscheinlich oft noch zwingen, auf ihn zurück¬
zukommen! Um ihn daher in den Stand zu setzen, eine ordentliche
Polemik mit gleichen Waffen durchzufechten, erachte ich es für


Erzeugnissen einmal in der Europa zu erscheinen. Arm in Arm mit
diesen „Freunden" — sie werden doch nicht so grausam sein, öffentlich
gegen solche Vertraulichkeit zu protestiren — tritt er dann vor und
sagt, innerlich lächelnd: Seht da habt Ihr auch Gesinnung; ich kann
im Nothfall auch einen ehrbaren »Salon machen. Aber Herr Lewald
vergißt die Rücksichten, die er diesen Herren schuldig ist; der Wirth
selbst stört sein eigen Spiel und fallt aus der Rolle. Wir wünschten
— so sehr wir die Schwierigkeit der Sache einsehen — Lewald hätte
einen jener Gönner und Freunde für sich antworten lassen. So
aber hat er im eigenen Hause einen Skandal verführt, der den ach-
tungswerthen Gästen, die jährlich ein Paar Mal seinen Salon beeh¬
ren, nicht lieb sein wird.

Offen gestanden, so läppisch mir von jeher das Schriftstellerthum
des Herrn Luvald vorkam, so hatte ich doch eine männlichere Polemik
von ihm erwartet. Hat der Jupiter von Baden-Baden keine starkem
Blitze für mein Lewalolaugnerisches, Europalästerliches Haupt? Oder
glaubt er grade dadurch zu triumphiren, daß er einen Prinzipienstreit
in einen trivialen und persönlichen verwandelt; daß er mich auf den
Sumpfboden locken will, auf welchem die kleine Journalistik von ehe¬
dem, zum Ergötzen eines süßen Pöbels, ihre Capriolen sprang? Auf
diesen Boden kann ich ihm allerdings nicht folgen; ich würde mich
sogar schämen, eine solche Polemik nur veranlaßt und nicht lieber
die kleinlichen Malicen der Europa im vorigen Jahr ruhig ge¬
duldet zu haben. Allein ich spreche hier nicht blos in meinem, son¬
dern auch im Namen einer besseren Journalistik, welche den Lewald-
schen Fischweiberton längst in Acht und Bann gethan hat. Wir schrei¬
ben- hier Niemandem Streben und Ehre vor; wir verlangen von
Herrn Lewald keine hohen Grundsätze. Aber wenn der literarische Kam¬
merdiener den aristokratischen Mentor machen will, wenn der Mode¬
mann, auf sein feines Glanzpapier und seine groben Begriffe po¬
chend, seinen ungläubigen Hohn über jede bessere Bestrebung laut
auszugießen wagt: so ist das ein Skandal, der auch den persönlich
Unbeteiligten empören wird und nicht ungestraft hingehen darf.

Herr Lewald also ist noch vom um^'n n^une der deutschen Jour¬
nalistik, welches freilich nicht den feinen Spott und die geistreiche Tour-
nüre des politischen französischen <>noi>» >,'^im«> hatte. Allein auch auf
der Seite ist Herr Lewald schlecht beschlagen. Weil er keine Gesinnung
hat, darum besitzt er noch nicht Esprit und Gewandtheit. Im Gegen¬
theil, Lewald ist ein ^ entnervter Gegner, daß es ungroßmüthig wäre,
von allen Waffen Gebrauch zu machen, die man gegen ihn besitzt, und
doch wird er mich wahrscheinlich oft noch zwingen, auf ihn zurück¬
zukommen! Um ihn daher in den Stand zu setzen, eine ordentliche
Polemik mit gleichen Waffen durchzufechten, erachte ich es für


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[0348] Erzeugnissen einmal in der Europa zu erscheinen. Arm in Arm mit diesen „Freunden" — sie werden doch nicht so grausam sein, öffentlich gegen solche Vertraulichkeit zu protestiren — tritt er dann vor und sagt, innerlich lächelnd: Seht da habt Ihr auch Gesinnung; ich kann im Nothfall auch einen ehrbaren »Salon machen. Aber Herr Lewald vergißt die Rücksichten, die er diesen Herren schuldig ist; der Wirth selbst stört sein eigen Spiel und fallt aus der Rolle. Wir wünschten — so sehr wir die Schwierigkeit der Sache einsehen — Lewald hätte einen jener Gönner und Freunde für sich antworten lassen. So aber hat er im eigenen Hause einen Skandal verführt, der den ach- tungswerthen Gästen, die jährlich ein Paar Mal seinen Salon beeh¬ ren, nicht lieb sein wird. Offen gestanden, so läppisch mir von jeher das Schriftstellerthum des Herrn Luvald vorkam, so hatte ich doch eine männlichere Polemik von ihm erwartet. Hat der Jupiter von Baden-Baden keine starkem Blitze für mein Lewalolaugnerisches, Europalästerliches Haupt? Oder glaubt er grade dadurch zu triumphiren, daß er einen Prinzipienstreit in einen trivialen und persönlichen verwandelt; daß er mich auf den Sumpfboden locken will, auf welchem die kleine Journalistik von ehe¬ dem, zum Ergötzen eines süßen Pöbels, ihre Capriolen sprang? Auf diesen Boden kann ich ihm allerdings nicht folgen; ich würde mich sogar schämen, eine solche Polemik nur veranlaßt und nicht lieber die kleinlichen Malicen der Europa im vorigen Jahr ruhig ge¬ duldet zu haben. Allein ich spreche hier nicht blos in meinem, son¬ dern auch im Namen einer besseren Journalistik, welche den Lewald- schen Fischweiberton längst in Acht und Bann gethan hat. Wir schrei¬ ben- hier Niemandem Streben und Ehre vor; wir verlangen von Herrn Lewald keine hohen Grundsätze. Aber wenn der literarische Kam¬ merdiener den aristokratischen Mentor machen will, wenn der Mode¬ mann, auf sein feines Glanzpapier und seine groben Begriffe po¬ chend, seinen ungläubigen Hohn über jede bessere Bestrebung laut auszugießen wagt: so ist das ein Skandal, der auch den persönlich Unbeteiligten empören wird und nicht ungestraft hingehen darf. Herr Lewald also ist noch vom um^'n n^une der deutschen Jour¬ nalistik, welches freilich nicht den feinen Spott und die geistreiche Tour- nüre des politischen französischen <>noi>» >,'^im«> hatte. Allein auch auf der Seite ist Herr Lewald schlecht beschlagen. Weil er keine Gesinnung hat, darum besitzt er noch nicht Esprit und Gewandtheit. Im Gegen¬ theil, Lewald ist ein ^ entnervter Gegner, daß es ungroßmüthig wäre, von allen Waffen Gebrauch zu machen, die man gegen ihn besitzt, und doch wird er mich wahrscheinlich oft noch zwingen, auf ihn zurück¬ zukommen! Um ihn daher in den Stand zu setzen, eine ordentliche Polemik mit gleichen Waffen durchzufechten, erachte ich es für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/348>, abgerufen am 22.07.2024.