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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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die gedrückte Lage dieses Jndustriezweiges, bei welcher Niemand
mehr leidet, als die arbeitende Klasse, dauerhaft beseitigen wird.

Der Zoll vom Kaffee ist von einundzwanzig Gulden per Cent-
ner auf zwölf und einen halben Gulden ermäßigt worden, wodurch eine
bedeutende Annäherung an den Tarif des Zollvereins Statt gefun¬
den, welcher insofern der Zollkasse zu Statten kommen mag, da fer¬
nerhin keine so bedeutende Einschleppungen aus dem VcreinSgebiete
möglich sind und der volle Ertrag in ti-e Revenüen deö Staates
fließt. Kleine Partien dieses Artikels, die in den Taschen befördert
werden können, sind freilich auch bei dieser Ziffer noch dem Schmug¬
gel unterworfen und er würde blos dadurch mit der Wurzel ausge¬
rottet, sobald der Eingangszvll dem des Vercinstarifes gleichgesetzt
worden wäre. Diese Art der Einschleppung beschränkt sich aber auf
einen so schmalen Landstrich längst der Grenze, daß vor der Hand
davon kaum die Rede sein kann; "richtiger indeß dürfte nach wie vor
der Schmuggel von der Seelüfte bleiben, der vielleicht noch lange
Zeit den größeren Theil Ungarns versorgen wird. Die bisherige
Verzollung war auf einen Lurusgegenstand berechnet, allein der Kaffee
ist feit einigen Jahrzehnten aus einem LuruSgegenstande ein Nah¬
rungsmittel geworden, das den Mittelklassen unentbehrlich ist und in
manchen Gegenden sogar unter dem Landvolke einheimisch wird, wie
dies schon geraumere Zeit in Norddeutschland der Fall. Ein Nah¬
rungsmittel steigt im Verbrauche, je weniger es kostet, und darum
hat die Negierung blos einer Eingebung der Klugheit gefolgt, als
sie die Eingangsgebühren auf den Kaffee beinahe auf die Hälfte
herabsetzte. Sie wird nicht minder billig handeln, wenn sie diesen
Zoll in der Folge abermals ermäßigt; jedoch dazu muß sie natürlich
das Ergebniß der ersten Zollherabsetzung abwarten, da die Interessen
des Schatzes niemals aus dem Auge gelassen werden dürfen, sollen
selbst die weisesten Reformen nicht von dem Vorwurf der Unzeitigkeit
getroffen werden.

Hier müssen wir einen seltsamen Irrthum des sonst so gut be¬
wanderten "Journal des österreichischen Lloyd" enthüllen, welcher
darin besteht, daß bei Erwähnung der vermehrten Einfuhr in den
Zolllegstätten in Reichenberg der Zucker neben dem Kaffee angeführt
wird, da doch unsers Wissens in Bezug auf den erstem keine Zoll¬
veränderung stattgefunden hat und mithin da ein Schluß gezogen


die gedrückte Lage dieses Jndustriezweiges, bei welcher Niemand
mehr leidet, als die arbeitende Klasse, dauerhaft beseitigen wird.

Der Zoll vom Kaffee ist von einundzwanzig Gulden per Cent-
ner auf zwölf und einen halben Gulden ermäßigt worden, wodurch eine
bedeutende Annäherung an den Tarif des Zollvereins Statt gefun¬
den, welcher insofern der Zollkasse zu Statten kommen mag, da fer¬
nerhin keine so bedeutende Einschleppungen aus dem VcreinSgebiete
möglich sind und der volle Ertrag in ti-e Revenüen deö Staates
fließt. Kleine Partien dieses Artikels, die in den Taschen befördert
werden können, sind freilich auch bei dieser Ziffer noch dem Schmug¬
gel unterworfen und er würde blos dadurch mit der Wurzel ausge¬
rottet, sobald der Eingangszvll dem des Vercinstarifes gleichgesetzt
worden wäre. Diese Art der Einschleppung beschränkt sich aber auf
einen so schmalen Landstrich längst der Grenze, daß vor der Hand
davon kaum die Rede sein kann; »richtiger indeß dürfte nach wie vor
der Schmuggel von der Seelüfte bleiben, der vielleicht noch lange
Zeit den größeren Theil Ungarns versorgen wird. Die bisherige
Verzollung war auf einen Lurusgegenstand berechnet, allein der Kaffee
ist feit einigen Jahrzehnten aus einem LuruSgegenstande ein Nah¬
rungsmittel geworden, das den Mittelklassen unentbehrlich ist und in
manchen Gegenden sogar unter dem Landvolke einheimisch wird, wie
dies schon geraumere Zeit in Norddeutschland der Fall. Ein Nah¬
rungsmittel steigt im Verbrauche, je weniger es kostet, und darum
hat die Negierung blos einer Eingebung der Klugheit gefolgt, als
sie die Eingangsgebühren auf den Kaffee beinahe auf die Hälfte
herabsetzte. Sie wird nicht minder billig handeln, wenn sie diesen
Zoll in der Folge abermals ermäßigt; jedoch dazu muß sie natürlich
das Ergebniß der ersten Zollherabsetzung abwarten, da die Interessen
des Schatzes niemals aus dem Auge gelassen werden dürfen, sollen
selbst die weisesten Reformen nicht von dem Vorwurf der Unzeitigkeit
getroffen werden.

Hier müssen wir einen seltsamen Irrthum des sonst so gut be¬
wanderten „Journal des österreichischen Lloyd" enthüllen, welcher
darin besteht, daß bei Erwähnung der vermehrten Einfuhr in den
Zolllegstätten in Reichenberg der Zucker neben dem Kaffee angeführt
wird, da doch unsers Wissens in Bezug auf den erstem keine Zoll¬
veränderung stattgefunden hat und mithin da ein Schluß gezogen


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[0029] die gedrückte Lage dieses Jndustriezweiges, bei welcher Niemand mehr leidet, als die arbeitende Klasse, dauerhaft beseitigen wird. Der Zoll vom Kaffee ist von einundzwanzig Gulden per Cent- ner auf zwölf und einen halben Gulden ermäßigt worden, wodurch eine bedeutende Annäherung an den Tarif des Zollvereins Statt gefun¬ den, welcher insofern der Zollkasse zu Statten kommen mag, da fer¬ nerhin keine so bedeutende Einschleppungen aus dem VcreinSgebiete möglich sind und der volle Ertrag in ti-e Revenüen deö Staates fließt. Kleine Partien dieses Artikels, die in den Taschen befördert werden können, sind freilich auch bei dieser Ziffer noch dem Schmug¬ gel unterworfen und er würde blos dadurch mit der Wurzel ausge¬ rottet, sobald der Eingangszvll dem des Vercinstarifes gleichgesetzt worden wäre. Diese Art der Einschleppung beschränkt sich aber auf einen so schmalen Landstrich längst der Grenze, daß vor der Hand davon kaum die Rede sein kann; »richtiger indeß dürfte nach wie vor der Schmuggel von der Seelüfte bleiben, der vielleicht noch lange Zeit den größeren Theil Ungarns versorgen wird. Die bisherige Verzollung war auf einen Lurusgegenstand berechnet, allein der Kaffee ist feit einigen Jahrzehnten aus einem LuruSgegenstande ein Nah¬ rungsmittel geworden, das den Mittelklassen unentbehrlich ist und in manchen Gegenden sogar unter dem Landvolke einheimisch wird, wie dies schon geraumere Zeit in Norddeutschland der Fall. Ein Nah¬ rungsmittel steigt im Verbrauche, je weniger es kostet, und darum hat die Negierung blos einer Eingebung der Klugheit gefolgt, als sie die Eingangsgebühren auf den Kaffee beinahe auf die Hälfte herabsetzte. Sie wird nicht minder billig handeln, wenn sie diesen Zoll in der Folge abermals ermäßigt; jedoch dazu muß sie natürlich das Ergebniß der ersten Zollherabsetzung abwarten, da die Interessen des Schatzes niemals aus dem Auge gelassen werden dürfen, sollen selbst die weisesten Reformen nicht von dem Vorwurf der Unzeitigkeit getroffen werden. Hier müssen wir einen seltsamen Irrthum des sonst so gut be¬ wanderten „Journal des österreichischen Lloyd" enthüllen, welcher darin besteht, daß bei Erwähnung der vermehrten Einfuhr in den Zolllegstätten in Reichenberg der Zucker neben dem Kaffee angeführt wird, da doch unsers Wissens in Bezug auf den erstem keine Zoll¬ veränderung stattgefunden hat und mithin da ein Schluß gezogen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/29>, abgerufen am 22.07.2024.