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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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fest; der Oberbaier, der Tyroler, der Steiermärker stolziren keck und
selbstgefällig in bunter malerischer Tracht und lieben es, ihre Woh¬
nungen mit Galerien, Heiligenstatuetten und Fresken auszuschmücken.
In dem reichen, schönen Dorfe Oberammergau, welches malerisch tief
im oberbaierischen Gebirge liegt und zugleich durch die von Zeit zu
Zeit stattfindenden Aufführungen von Passionen weit und breit be¬
rühmt ist, befindet sich kaum ein Haus, welches nicht mehr oder
weniger mit Freskomalereien decorirt wäre. Aus diesem Dorfe, wie
noch mehr aus dem Berchtesgadenschen, gehen auch jene zierlichen
und von Kunstsinn und technischem Geschick zeigenden Holzschnitzwaa¬
ren hervor, welche in der ganzen Welt beliebt und gesucht sind und
von denen es in Berchtesgaden selbst ein großes Waarenlager gibt.
Tyrol, wie das angrenzende bäuerische Hochgebirge haben auch viele
namhafte Maler und Bildhauer erzeugt, die man, den Naturdichtern
analog, Naturkünstler nennen konnte.

Daß die in München in jüngster Zeit so erfolgreich cultivirte
Freskomalerei hier am Orte eine wenigstens historische Berechtigung
hat, ließe sich aus den in den hiesigen Kirchen und Schlössern be¬
findlichen zahlreichen Freskobildern nachweisen. Auch an den Häu¬
serfronten bemerkt man noch hier und da Reste von Freskobildern
aus älterer Zeit, mit denen die Stadt vordem fast über und über
bedeckt war. Sie sind, bis auf einzelne Reste, einem späteren, dieser
Art von Decoration wenig günstigen Zettgeschmacke gewichen, und
die Kunst hat auch ohne Zweifel an ihnen nicht viel oder Nichts
verloren. Im sechzehnten Jahrhundert war namentlich der bekannte
Christoph Schwarz in diesem Zweige der Kunst thätig; er versah z.
B. das Haus eines Bierbrauers mit religiös-christlichen Fresken und
die Behausung der clevischen Kaufleute mit al IVescn ausgeführten
römischen Historien, welche dem oft überschwänglichen Sandrart der¬
maßen gefielen, daß er äußerte: ,,Niemals sei in Deutschland und
Italien auf Kalk etwas Schöneres und Nuhmwürdigeres, so gemalt,
Jemandem zu Gesicht gekommen." Im achtzehnten Jahrhundert war
es namentlich Cosmas Asam, der die Freskomaleret in München
handwerkte. Unglücklicherweise sind davon noch hie und da Reste
übrig, glücklicherweise jedoch nur wenige. Bewiesen ist jedoch hier¬
mit, daß in München der Sinn für die Freskomalerei stets, und
mehr als in irgend einer anderen deutschen Stadt, lebendig gewesen ist.


fest; der Oberbaier, der Tyroler, der Steiermärker stolziren keck und
selbstgefällig in bunter malerischer Tracht und lieben es, ihre Woh¬
nungen mit Galerien, Heiligenstatuetten und Fresken auszuschmücken.
In dem reichen, schönen Dorfe Oberammergau, welches malerisch tief
im oberbaierischen Gebirge liegt und zugleich durch die von Zeit zu
Zeit stattfindenden Aufführungen von Passionen weit und breit be¬
rühmt ist, befindet sich kaum ein Haus, welches nicht mehr oder
weniger mit Freskomalereien decorirt wäre. Aus diesem Dorfe, wie
noch mehr aus dem Berchtesgadenschen, gehen auch jene zierlichen
und von Kunstsinn und technischem Geschick zeigenden Holzschnitzwaa¬
ren hervor, welche in der ganzen Welt beliebt und gesucht sind und
von denen es in Berchtesgaden selbst ein großes Waarenlager gibt.
Tyrol, wie das angrenzende bäuerische Hochgebirge haben auch viele
namhafte Maler und Bildhauer erzeugt, die man, den Naturdichtern
analog, Naturkünstler nennen konnte.

Daß die in München in jüngster Zeit so erfolgreich cultivirte
Freskomalerei hier am Orte eine wenigstens historische Berechtigung
hat, ließe sich aus den in den hiesigen Kirchen und Schlössern be¬
findlichen zahlreichen Freskobildern nachweisen. Auch an den Häu¬
serfronten bemerkt man noch hier und da Reste von Freskobildern
aus älterer Zeit, mit denen die Stadt vordem fast über und über
bedeckt war. Sie sind, bis auf einzelne Reste, einem späteren, dieser
Art von Decoration wenig günstigen Zettgeschmacke gewichen, und
die Kunst hat auch ohne Zweifel an ihnen nicht viel oder Nichts
verloren. Im sechzehnten Jahrhundert war namentlich der bekannte
Christoph Schwarz in diesem Zweige der Kunst thätig; er versah z.
B. das Haus eines Bierbrauers mit religiös-christlichen Fresken und
die Behausung der clevischen Kaufleute mit al IVescn ausgeführten
römischen Historien, welche dem oft überschwänglichen Sandrart der¬
maßen gefielen, daß er äußerte: ,,Niemals sei in Deutschland und
Italien auf Kalk etwas Schöneres und Nuhmwürdigeres, so gemalt,
Jemandem zu Gesicht gekommen." Im achtzehnten Jahrhundert war
es namentlich Cosmas Asam, der die Freskomaleret in München
handwerkte. Unglücklicherweise sind davon noch hie und da Reste
übrig, glücklicherweise jedoch nur wenige. Bewiesen ist jedoch hier¬
mit, daß in München der Sinn für die Freskomalerei stets, und
mehr als in irgend einer anderen deutschen Stadt, lebendig gewesen ist.


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[0214] fest; der Oberbaier, der Tyroler, der Steiermärker stolziren keck und selbstgefällig in bunter malerischer Tracht und lieben es, ihre Woh¬ nungen mit Galerien, Heiligenstatuetten und Fresken auszuschmücken. In dem reichen, schönen Dorfe Oberammergau, welches malerisch tief im oberbaierischen Gebirge liegt und zugleich durch die von Zeit zu Zeit stattfindenden Aufführungen von Passionen weit und breit be¬ rühmt ist, befindet sich kaum ein Haus, welches nicht mehr oder weniger mit Freskomalereien decorirt wäre. Aus diesem Dorfe, wie noch mehr aus dem Berchtesgadenschen, gehen auch jene zierlichen und von Kunstsinn und technischem Geschick zeigenden Holzschnitzwaa¬ ren hervor, welche in der ganzen Welt beliebt und gesucht sind und von denen es in Berchtesgaden selbst ein großes Waarenlager gibt. Tyrol, wie das angrenzende bäuerische Hochgebirge haben auch viele namhafte Maler und Bildhauer erzeugt, die man, den Naturdichtern analog, Naturkünstler nennen konnte. Daß die in München in jüngster Zeit so erfolgreich cultivirte Freskomalerei hier am Orte eine wenigstens historische Berechtigung hat, ließe sich aus den in den hiesigen Kirchen und Schlössern be¬ findlichen zahlreichen Freskobildern nachweisen. Auch an den Häu¬ serfronten bemerkt man noch hier und da Reste von Freskobildern aus älterer Zeit, mit denen die Stadt vordem fast über und über bedeckt war. Sie sind, bis auf einzelne Reste, einem späteren, dieser Art von Decoration wenig günstigen Zettgeschmacke gewichen, und die Kunst hat auch ohne Zweifel an ihnen nicht viel oder Nichts verloren. Im sechzehnten Jahrhundert war namentlich der bekannte Christoph Schwarz in diesem Zweige der Kunst thätig; er versah z. B. das Haus eines Bierbrauers mit religiös-christlichen Fresken und die Behausung der clevischen Kaufleute mit al IVescn ausgeführten römischen Historien, welche dem oft überschwänglichen Sandrart der¬ maßen gefielen, daß er äußerte: ,,Niemals sei in Deutschland und Italien auf Kalk etwas Schöneres und Nuhmwürdigeres, so gemalt, Jemandem zu Gesicht gekommen." Im achtzehnten Jahrhundert war es namentlich Cosmas Asam, der die Freskomaleret in München handwerkte. Unglücklicherweise sind davon noch hie und da Reste übrig, glücklicherweise jedoch nur wenige. Bewiesen ist jedoch hier¬ mit, daß in München der Sinn für die Freskomalerei stets, und mehr als in irgend einer anderen deutschen Stadt, lebendig gewesen ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/214>, abgerufen am 03.07.2024.