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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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gezahlt werden. Ueber diese Bestimmung hatten, wie verlautete, bereits
im Comitv heftige Debatten statt gehabt, und der größere Theil des¬
selben hatte auf Annahme von zehn Silbergroschen statt des Thalers
gedrungen. Nur so würde allerdings den arbeitenden Klassen der Bei¬
tritt möglich gewesen sein, aber es scheint, daß man gerade diese Theil¬
nahme höherer Seits scheute, denn das Comite soll sich nur durch die
Gewißheit einer Concessionsverweigerung bewogen gesunden haben, den
Thaler anzunehmen. In der Generalversammlung wurde der Punkt
seltsamer Weiss gar nicht berührt, vielleicht aber in Erwägung der "hö¬
heren Rücksichten." Ein Amendement, daß dieser Thaler in monatli¬
chen Theilzahlungen geleistet werden solle, fand von Seiten des Comi¬
tes großen Widerstand, die Generalversammlung aber beschloß, die
Zahlung vierteljährig erheben zu lassen. Es folgten nun hierauf ein¬
zeln die Paragraphen sechs bis eilf, die sich mit der Eintheilung in
Bezirke befassen. Die Mitglieder nämlich werden in so viel Bezirke
getheilt, als es nöthig scheint, jeder Bezirk wählt seine Vertreter, und
diese übernehmen in ihren Bezirken Ermittlungen, Verwaltung an
Einrichtungen und alle Maßregeln deS Vereins. Diese allgemeinen
Bestimmungen wurden ohne bedeutende Einwürfe angenommen. Die
Bezirksvertrcter, sagt der Entwurf weiter, halten ihre regelmäßigen Be¬
zirkssitzungen, welche jedoch auch der Vorstand zu beschicken das Recht
hat. Daß das abgeordnete Vorstandsmitglied dabei präsidire, wie es
der Entwurf anfänglich wollte, wurde von der Generalversammlung
verworfen, die darin nur eine unnütze Bevormundung sah. Den
Schluß dieser Abtheilung bildeten zwei Bestimmungen, die den heftig¬
sten Sturm heraufbeschworen und deren Debattirung mehr als zwei
Stunden lang die Gesellschaft beschäftigte. Die erste betraf das Recht
des einzelnen Vereinsmitgliedes, seine Vorschlage entweder unmittelbar
oder durch die Bezirksvertreter an den Vorstand gelangen zu lassen,
in welchem letzteren Fall er (einzeln!) sich zur mündlichen Erläuterung
in der Bezirkssitzung melden könne; die zweite Bestimmung: daß die
Bezirksvcrsammlungen, worin über die Thätigkeit des Vereins Bericht
erstattet werden solle, vierteljährige seien. Gegen diese beiden Para¬
graphen stellte nun ein Mitglied das Amendement, daß die Versamm¬
lungen I) öffentlich, in einem besonders dazu bestimmten Locale und
2) allwöchentlich einmal statthaben sollten. Das Prinzip der Oeffent-
lichkeit ist auch dem Berliner Philister kein fernliegendes mehr und
die Nothwendigkeit eines öfteren Verkehrs mit den arbeitenden Klassen
leuchtete ihnen so ziemlich ein. Der erste Eindruck war ein für das^
Amendement günstiger, und lebhafter Beifall lohnte den Redner. Aber
das Conn"' war auf den Gang gesaßt, und hätte es bessere Wortfüh¬
rer gehabt, so würde vielleicht die Darlegung seiner wahren Motive
nicht nöthig gewesen sein. Die ersten Entgegnungen waren unendlich
schwach, theilweise lächerlich. So warf ein Vorstand des Centralver-


gezahlt werden. Ueber diese Bestimmung hatten, wie verlautete, bereits
im Comitv heftige Debatten statt gehabt, und der größere Theil des¬
selben hatte auf Annahme von zehn Silbergroschen statt des Thalers
gedrungen. Nur so würde allerdings den arbeitenden Klassen der Bei¬
tritt möglich gewesen sein, aber es scheint, daß man gerade diese Theil¬
nahme höherer Seits scheute, denn das Comite soll sich nur durch die
Gewißheit einer Concessionsverweigerung bewogen gesunden haben, den
Thaler anzunehmen. In der Generalversammlung wurde der Punkt
seltsamer Weiss gar nicht berührt, vielleicht aber in Erwägung der „hö¬
heren Rücksichten." Ein Amendement, daß dieser Thaler in monatli¬
chen Theilzahlungen geleistet werden solle, fand von Seiten des Comi¬
tes großen Widerstand, die Generalversammlung aber beschloß, die
Zahlung vierteljährig erheben zu lassen. Es folgten nun hierauf ein¬
zeln die Paragraphen sechs bis eilf, die sich mit der Eintheilung in
Bezirke befassen. Die Mitglieder nämlich werden in so viel Bezirke
getheilt, als es nöthig scheint, jeder Bezirk wählt seine Vertreter, und
diese übernehmen in ihren Bezirken Ermittlungen, Verwaltung an
Einrichtungen und alle Maßregeln deS Vereins. Diese allgemeinen
Bestimmungen wurden ohne bedeutende Einwürfe angenommen. Die
Bezirksvertrcter, sagt der Entwurf weiter, halten ihre regelmäßigen Be¬
zirkssitzungen, welche jedoch auch der Vorstand zu beschicken das Recht
hat. Daß das abgeordnete Vorstandsmitglied dabei präsidire, wie es
der Entwurf anfänglich wollte, wurde von der Generalversammlung
verworfen, die darin nur eine unnütze Bevormundung sah. Den
Schluß dieser Abtheilung bildeten zwei Bestimmungen, die den heftig¬
sten Sturm heraufbeschworen und deren Debattirung mehr als zwei
Stunden lang die Gesellschaft beschäftigte. Die erste betraf das Recht
des einzelnen Vereinsmitgliedes, seine Vorschlage entweder unmittelbar
oder durch die Bezirksvertreter an den Vorstand gelangen zu lassen,
in welchem letzteren Fall er (einzeln!) sich zur mündlichen Erläuterung
in der Bezirkssitzung melden könne; die zweite Bestimmung: daß die
Bezirksvcrsammlungen, worin über die Thätigkeit des Vereins Bericht
erstattet werden solle, vierteljährige seien. Gegen diese beiden Para¬
graphen stellte nun ein Mitglied das Amendement, daß die Versamm¬
lungen I) öffentlich, in einem besonders dazu bestimmten Locale und
2) allwöchentlich einmal statthaben sollten. Das Prinzip der Oeffent-
lichkeit ist auch dem Berliner Philister kein fernliegendes mehr und
die Nothwendigkeit eines öfteren Verkehrs mit den arbeitenden Klassen
leuchtete ihnen so ziemlich ein. Der erste Eindruck war ein für das^
Amendement günstiger, und lebhafter Beifall lohnte den Redner. Aber
das Conn«' war auf den Gang gesaßt, und hätte es bessere Wortfüh¬
rer gehabt, so würde vielleicht die Darlegung seiner wahren Motive
nicht nöthig gewesen sein. Die ersten Entgegnungen waren unendlich
schwach, theilweise lächerlich. So warf ein Vorstand des Centralver-


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[0191] gezahlt werden. Ueber diese Bestimmung hatten, wie verlautete, bereits im Comitv heftige Debatten statt gehabt, und der größere Theil des¬ selben hatte auf Annahme von zehn Silbergroschen statt des Thalers gedrungen. Nur so würde allerdings den arbeitenden Klassen der Bei¬ tritt möglich gewesen sein, aber es scheint, daß man gerade diese Theil¬ nahme höherer Seits scheute, denn das Comite soll sich nur durch die Gewißheit einer Concessionsverweigerung bewogen gesunden haben, den Thaler anzunehmen. In der Generalversammlung wurde der Punkt seltsamer Weiss gar nicht berührt, vielleicht aber in Erwägung der „hö¬ heren Rücksichten." Ein Amendement, daß dieser Thaler in monatli¬ chen Theilzahlungen geleistet werden solle, fand von Seiten des Comi¬ tes großen Widerstand, die Generalversammlung aber beschloß, die Zahlung vierteljährig erheben zu lassen. Es folgten nun hierauf ein¬ zeln die Paragraphen sechs bis eilf, die sich mit der Eintheilung in Bezirke befassen. Die Mitglieder nämlich werden in so viel Bezirke getheilt, als es nöthig scheint, jeder Bezirk wählt seine Vertreter, und diese übernehmen in ihren Bezirken Ermittlungen, Verwaltung an Einrichtungen und alle Maßregeln deS Vereins. Diese allgemeinen Bestimmungen wurden ohne bedeutende Einwürfe angenommen. Die Bezirksvertrcter, sagt der Entwurf weiter, halten ihre regelmäßigen Be¬ zirkssitzungen, welche jedoch auch der Vorstand zu beschicken das Recht hat. Daß das abgeordnete Vorstandsmitglied dabei präsidire, wie es der Entwurf anfänglich wollte, wurde von der Generalversammlung verworfen, die darin nur eine unnütze Bevormundung sah. Den Schluß dieser Abtheilung bildeten zwei Bestimmungen, die den heftig¬ sten Sturm heraufbeschworen und deren Debattirung mehr als zwei Stunden lang die Gesellschaft beschäftigte. Die erste betraf das Recht des einzelnen Vereinsmitgliedes, seine Vorschlage entweder unmittelbar oder durch die Bezirksvertreter an den Vorstand gelangen zu lassen, in welchem letzteren Fall er (einzeln!) sich zur mündlichen Erläuterung in der Bezirkssitzung melden könne; die zweite Bestimmung: daß die Bezirksvcrsammlungen, worin über die Thätigkeit des Vereins Bericht erstattet werden solle, vierteljährige seien. Gegen diese beiden Para¬ graphen stellte nun ein Mitglied das Amendement, daß die Versamm¬ lungen I) öffentlich, in einem besonders dazu bestimmten Locale und 2) allwöchentlich einmal statthaben sollten. Das Prinzip der Oeffent- lichkeit ist auch dem Berliner Philister kein fernliegendes mehr und die Nothwendigkeit eines öfteren Verkehrs mit den arbeitenden Klassen leuchtete ihnen so ziemlich ein. Der erste Eindruck war ein für das^ Amendement günstiger, und lebhafter Beifall lohnte den Redner. Aber das Conn«' war auf den Gang gesaßt, und hätte es bessere Wortfüh¬ rer gehabt, so würde vielleicht die Darlegung seiner wahren Motive nicht nöthig gewesen sein. Die ersten Entgegnungen waren unendlich schwach, theilweise lächerlich. So warf ein Vorstand des Centralver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/191>, abgerufen am 22.07.2024.