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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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wurde. Außer einigen politischen 'Andeutungen wurde eines der Inhalt
des Bauernfeld'schen Gedichtes gestrichen, das Uebrige aber freigegeben.
Wenn Sie den friedlichen Bericht in dem erwähnten Blatte selber
lesen, werden Sie gewiß lächeln müssen über die Wichtigkeitsmicne,
mit welcher die Behörden die harmlose Mittheilung behandelten, die
gleichsam von Regimentern und geladenen Kanonen eskortirt, eine
ängstliche Wanderung durch die ganze Wiener Bureaukratie machen
mußte, um endlich von ein Paar tausend Menschen gelesen und --
vergessen zu werden.

Da ich schon einmal von den Journalen rede, so werden Sie
mir wohl erlauben, dieselben am Schlüsse des Jahres die Revue pas-
siren zu lassen, um die Verwandlungen, welche diese oder jene er¬
litten haben, zu erwahen, und etliche Personalnotizen einzuflechten,
welche für die Schicksale dieser Blatter von Einfluß und nachhaltiger
Wirkung sein möchten.

Die Theaterzeitung, die schon früher einen Ballast von colorirten
Bilderbeilagen gebracht, tritt nun vollends in die Klasse der illustrirten
Zeitungen und will in den Text eingedruckte Holzschnitte bringen,
ohne den Preis zu erhöhen. Diesen allerdings kostspieligen Entschluß
hat die rasche Verbreitung der illustrirten Zeitung in Leipzig in den
österreichischen Ländern zur Reife gebracht, indem der Theaterzeitung
im letzten Semester des Jahres 1844 nicht weniger als achthundert
Abonnenten untreu geworden sind, und um den daraus entstehenden
Ausfall von sechzehntausend si. zu decken, hat Herr Bauerle sich be¬
eilt, dem herrschenden Geschmack seines Publicums zu schmeicheln und
gleichfalls Illustrationen zu bringen. Die Xylographien des Probc-
blattes haben indeß im Vergleich zu jenen der illustrirten Zeitung nur
wenig Beifall gefunden, weshalb wir dem Herausgeber rathen möch¬
ten, die artistische Seite seines Blattes, nachdem er dieselbe einmal
eingeführt, mit vollem Ernst und dem Aufgebot aller Mittel zu pfle¬
gen. Herr Vaucrle hat eben jetzt sich in der öffentlichen Achtung
wieder aufgefrischt, da er von dem Kaiser als Belohnung für seinen
Eifer im Dienste der Armuth die große goldene Eivilehrenmedaille er¬
halten. Der von ihm der Regierung ausgewiesene Betrag der in
Folge seiner Aufforderungen an das Publicum und als Erlös einiger
von ihm verfaßten Schriften zu wohlthätigen Zwecken eingeflossenen
Geldsummen übersteigt eine Million hunderttausend Gulden Eonv.
Münze, was eben so sehr für die Beharrlichkeit des Sammlers, als
die unerschöpfliche Herzensgüte des Volkes Zeugniß ablegt. Bauerle
hat darum auch in seiner Dankrede an den Bürgermeister, bei der
solennen Uebergabe des Ehrenzeichens, darauf hingewiesen und gesagt,
er betrachte sich blos als das Banner der Wohlthätigkeit, nicht als
den Wohlthäter selbst, denn dieser sei die gesammte Nation; wenn nun
aber tapfere Regimentern, deren einzelne Soldaten nicht füglich aus-


wurde. Außer einigen politischen 'Andeutungen wurde eines der Inhalt
des Bauernfeld'schen Gedichtes gestrichen, das Uebrige aber freigegeben.
Wenn Sie den friedlichen Bericht in dem erwähnten Blatte selber
lesen, werden Sie gewiß lächeln müssen über die Wichtigkeitsmicne,
mit welcher die Behörden die harmlose Mittheilung behandelten, die
gleichsam von Regimentern und geladenen Kanonen eskortirt, eine
ängstliche Wanderung durch die ganze Wiener Bureaukratie machen
mußte, um endlich von ein Paar tausend Menschen gelesen und —
vergessen zu werden.

Da ich schon einmal von den Journalen rede, so werden Sie
mir wohl erlauben, dieselben am Schlüsse des Jahres die Revue pas-
siren zu lassen, um die Verwandlungen, welche diese oder jene er¬
litten haben, zu erwahen, und etliche Personalnotizen einzuflechten,
welche für die Schicksale dieser Blatter von Einfluß und nachhaltiger
Wirkung sein möchten.

Die Theaterzeitung, die schon früher einen Ballast von colorirten
Bilderbeilagen gebracht, tritt nun vollends in die Klasse der illustrirten
Zeitungen und will in den Text eingedruckte Holzschnitte bringen,
ohne den Preis zu erhöhen. Diesen allerdings kostspieligen Entschluß
hat die rasche Verbreitung der illustrirten Zeitung in Leipzig in den
österreichischen Ländern zur Reife gebracht, indem der Theaterzeitung
im letzten Semester des Jahres 1844 nicht weniger als achthundert
Abonnenten untreu geworden sind, und um den daraus entstehenden
Ausfall von sechzehntausend si. zu decken, hat Herr Bauerle sich be¬
eilt, dem herrschenden Geschmack seines Publicums zu schmeicheln und
gleichfalls Illustrationen zu bringen. Die Xylographien des Probc-
blattes haben indeß im Vergleich zu jenen der illustrirten Zeitung nur
wenig Beifall gefunden, weshalb wir dem Herausgeber rathen möch¬
ten, die artistische Seite seines Blattes, nachdem er dieselbe einmal
eingeführt, mit vollem Ernst und dem Aufgebot aller Mittel zu pfle¬
gen. Herr Vaucrle hat eben jetzt sich in der öffentlichen Achtung
wieder aufgefrischt, da er von dem Kaiser als Belohnung für seinen
Eifer im Dienste der Armuth die große goldene Eivilehrenmedaille er¬
halten. Der von ihm der Regierung ausgewiesene Betrag der in
Folge seiner Aufforderungen an das Publicum und als Erlös einiger
von ihm verfaßten Schriften zu wohlthätigen Zwecken eingeflossenen
Geldsummen übersteigt eine Million hunderttausend Gulden Eonv.
Münze, was eben so sehr für die Beharrlichkeit des Sammlers, als
die unerschöpfliche Herzensgüte des Volkes Zeugniß ablegt. Bauerle
hat darum auch in seiner Dankrede an den Bürgermeister, bei der
solennen Uebergabe des Ehrenzeichens, darauf hingewiesen und gesagt,
er betrachte sich blos als das Banner der Wohlthätigkeit, nicht als
den Wohlthäter selbst, denn dieser sei die gesammte Nation; wenn nun
aber tapfere Regimentern, deren einzelne Soldaten nicht füglich aus-


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[0144] wurde. Außer einigen politischen 'Andeutungen wurde eines der Inhalt des Bauernfeld'schen Gedichtes gestrichen, das Uebrige aber freigegeben. Wenn Sie den friedlichen Bericht in dem erwähnten Blatte selber lesen, werden Sie gewiß lächeln müssen über die Wichtigkeitsmicne, mit welcher die Behörden die harmlose Mittheilung behandelten, die gleichsam von Regimentern und geladenen Kanonen eskortirt, eine ängstliche Wanderung durch die ganze Wiener Bureaukratie machen mußte, um endlich von ein Paar tausend Menschen gelesen und — vergessen zu werden. Da ich schon einmal von den Journalen rede, so werden Sie mir wohl erlauben, dieselben am Schlüsse des Jahres die Revue pas- siren zu lassen, um die Verwandlungen, welche diese oder jene er¬ litten haben, zu erwahen, und etliche Personalnotizen einzuflechten, welche für die Schicksale dieser Blatter von Einfluß und nachhaltiger Wirkung sein möchten. Die Theaterzeitung, die schon früher einen Ballast von colorirten Bilderbeilagen gebracht, tritt nun vollends in die Klasse der illustrirten Zeitungen und will in den Text eingedruckte Holzschnitte bringen, ohne den Preis zu erhöhen. Diesen allerdings kostspieligen Entschluß hat die rasche Verbreitung der illustrirten Zeitung in Leipzig in den österreichischen Ländern zur Reife gebracht, indem der Theaterzeitung im letzten Semester des Jahres 1844 nicht weniger als achthundert Abonnenten untreu geworden sind, und um den daraus entstehenden Ausfall von sechzehntausend si. zu decken, hat Herr Bauerle sich be¬ eilt, dem herrschenden Geschmack seines Publicums zu schmeicheln und gleichfalls Illustrationen zu bringen. Die Xylographien des Probc- blattes haben indeß im Vergleich zu jenen der illustrirten Zeitung nur wenig Beifall gefunden, weshalb wir dem Herausgeber rathen möch¬ ten, die artistische Seite seines Blattes, nachdem er dieselbe einmal eingeführt, mit vollem Ernst und dem Aufgebot aller Mittel zu pfle¬ gen. Herr Vaucrle hat eben jetzt sich in der öffentlichen Achtung wieder aufgefrischt, da er von dem Kaiser als Belohnung für seinen Eifer im Dienste der Armuth die große goldene Eivilehrenmedaille er¬ halten. Der von ihm der Regierung ausgewiesene Betrag der in Folge seiner Aufforderungen an das Publicum und als Erlös einiger von ihm verfaßten Schriften zu wohlthätigen Zwecken eingeflossenen Geldsummen übersteigt eine Million hunderttausend Gulden Eonv. Münze, was eben so sehr für die Beharrlichkeit des Sammlers, als die unerschöpfliche Herzensgüte des Volkes Zeugniß ablegt. Bauerle hat darum auch in seiner Dankrede an den Bürgermeister, bei der solennen Uebergabe des Ehrenzeichens, darauf hingewiesen und gesagt, er betrachte sich blos als das Banner der Wohlthätigkeit, nicht als den Wohlthäter selbst, denn dieser sei die gesammte Nation; wenn nun aber tapfere Regimentern, deren einzelne Soldaten nicht füglich aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/144>, abgerufen am 22.07.2024.