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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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begehen, die blos dem Publtcum schaden, weil nur dieses sich an
das Buch hält, die Staatsverwaltung dagegen die unzweifelhaften
Acten in Händen hat? Möchte man sich doch endlich zur Oeffent-
lichkeit entschließen und die Geheimnißkrämerei für keinen politischen
Talisman ansehen; möchte man keine wissenschaftlichen Monopole er¬
schaffen, die noch schlechter sind, als die gewerblichen. Die Oeffent-
lichkeit ist eine starke Stütze für jede Regierungsform, und es gedeiht
das monarchische Prinzip im Tageslicht des Marktes noch besser,
als innerhalb der finstern Mauern und verstaubten Actenschränke
der Amtsheimlichkeit. Wann kommt wohl zu uns der schöpferische
Genius, der das Wort spricht: Es werde Licht! und auf dessen
mächtiges Geheiß die Riegel der Burcaur springen, und die Wissen¬
schaft im Stande sein wird- Geheimnisse der Statistik Oesterreichs
zu schreiben!

Baron Kübeck selbst ist, wie wir mit Bestimmtheit versichern
können, für größere Oeffentlichkeit in diesen Dingen, und es ist wahr¬
lich nicht die Schuld dieses aufgeklärten Staatsmannes, wenn sie
gleichwohl nicht in Aufnahme kommt. Die auf seinen Befehl ver¬
faßten Handelstabellen sollten nach der ursprünglichen Idee auf dem
Wege des Buchhandels der ganzen Welt zugänglich gemacht wer¬
den, allein an gewissen Orten scheut man solche Vertraulichkeit wie
Höllenfeuer, -- und man mußte sich darum damit begnügen, einige
Exemplare an den Gewerbsverein in Wien abzugeben, und selbst
diese Mittheilung fand scheele Beurtheilung.

Czvrnig ist für seinen Posten wie geschaffen, und es ist ein
Glück, daß derselbe nicht dem aufreibenden Geschäftszweig der Eisen¬
bahnverwaltung zugewiesen worden. Mit klarer Einsicht verbindet
er das Detail, und wer ihn in dieser Beziehung näher kennen lernen
will, der nehme die Schriften über Venedig, Handelswesen u. s. w.
zur Hand; ein musterhaftes Werk ist seine letzte Arbeit, über die
Gemeindeverfassung in der Lombardei, die eben jetzt in Heidelberg
erschienen und die Beachtung der Publizisten und der Gesetzgeber
verdient. Aus der republikanischen Aera des norditalienischen Länder¬
strichs haben sich viele Gemeindefreiheiten erhalten, denn die Muni-
zipalfreiheit ist noch die einzige in Italien, und das regsame Ge-
meindeleben der heilsame Ableiter des patriotischen oder ehrgeizigen


begehen, die blos dem Publtcum schaden, weil nur dieses sich an
das Buch hält, die Staatsverwaltung dagegen die unzweifelhaften
Acten in Händen hat? Möchte man sich doch endlich zur Oeffent-
lichkeit entschließen und die Geheimnißkrämerei für keinen politischen
Talisman ansehen; möchte man keine wissenschaftlichen Monopole er¬
schaffen, die noch schlechter sind, als die gewerblichen. Die Oeffent-
lichkeit ist eine starke Stütze für jede Regierungsform, und es gedeiht
das monarchische Prinzip im Tageslicht des Marktes noch besser,
als innerhalb der finstern Mauern und verstaubten Actenschränke
der Amtsheimlichkeit. Wann kommt wohl zu uns der schöpferische
Genius, der das Wort spricht: Es werde Licht! und auf dessen
mächtiges Geheiß die Riegel der Burcaur springen, und die Wissen¬
schaft im Stande sein wird- Geheimnisse der Statistik Oesterreichs
zu schreiben!

Baron Kübeck selbst ist, wie wir mit Bestimmtheit versichern
können, für größere Oeffentlichkeit in diesen Dingen, und es ist wahr¬
lich nicht die Schuld dieses aufgeklärten Staatsmannes, wenn sie
gleichwohl nicht in Aufnahme kommt. Die auf seinen Befehl ver¬
faßten Handelstabellen sollten nach der ursprünglichen Idee auf dem
Wege des Buchhandels der ganzen Welt zugänglich gemacht wer¬
den, allein an gewissen Orten scheut man solche Vertraulichkeit wie
Höllenfeuer, — und man mußte sich darum damit begnügen, einige
Exemplare an den Gewerbsverein in Wien abzugeben, und selbst
diese Mittheilung fand scheele Beurtheilung.

Czvrnig ist für seinen Posten wie geschaffen, und es ist ein
Glück, daß derselbe nicht dem aufreibenden Geschäftszweig der Eisen¬
bahnverwaltung zugewiesen worden. Mit klarer Einsicht verbindet
er das Detail, und wer ihn in dieser Beziehung näher kennen lernen
will, der nehme die Schriften über Venedig, Handelswesen u. s. w.
zur Hand; ein musterhaftes Werk ist seine letzte Arbeit, über die
Gemeindeverfassung in der Lombardei, die eben jetzt in Heidelberg
erschienen und die Beachtung der Publizisten und der Gesetzgeber
verdient. Aus der republikanischen Aera des norditalienischen Länder¬
strichs haben sich viele Gemeindefreiheiten erhalten, denn die Muni-
zipalfreiheit ist noch die einzige in Italien, und das regsame Ge-
meindeleben der heilsame Ableiter des patriotischen oder ehrgeizigen


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[0118] begehen, die blos dem Publtcum schaden, weil nur dieses sich an das Buch hält, die Staatsverwaltung dagegen die unzweifelhaften Acten in Händen hat? Möchte man sich doch endlich zur Oeffent- lichkeit entschließen und die Geheimnißkrämerei für keinen politischen Talisman ansehen; möchte man keine wissenschaftlichen Monopole er¬ schaffen, die noch schlechter sind, als die gewerblichen. Die Oeffent- lichkeit ist eine starke Stütze für jede Regierungsform, und es gedeiht das monarchische Prinzip im Tageslicht des Marktes noch besser, als innerhalb der finstern Mauern und verstaubten Actenschränke der Amtsheimlichkeit. Wann kommt wohl zu uns der schöpferische Genius, der das Wort spricht: Es werde Licht! und auf dessen mächtiges Geheiß die Riegel der Burcaur springen, und die Wissen¬ schaft im Stande sein wird- Geheimnisse der Statistik Oesterreichs zu schreiben! Baron Kübeck selbst ist, wie wir mit Bestimmtheit versichern können, für größere Oeffentlichkeit in diesen Dingen, und es ist wahr¬ lich nicht die Schuld dieses aufgeklärten Staatsmannes, wenn sie gleichwohl nicht in Aufnahme kommt. Die auf seinen Befehl ver¬ faßten Handelstabellen sollten nach der ursprünglichen Idee auf dem Wege des Buchhandels der ganzen Welt zugänglich gemacht wer¬ den, allein an gewissen Orten scheut man solche Vertraulichkeit wie Höllenfeuer, — und man mußte sich darum damit begnügen, einige Exemplare an den Gewerbsverein in Wien abzugeben, und selbst diese Mittheilung fand scheele Beurtheilung. Czvrnig ist für seinen Posten wie geschaffen, und es ist ein Glück, daß derselbe nicht dem aufreibenden Geschäftszweig der Eisen¬ bahnverwaltung zugewiesen worden. Mit klarer Einsicht verbindet er das Detail, und wer ihn in dieser Beziehung näher kennen lernen will, der nehme die Schriften über Venedig, Handelswesen u. s. w. zur Hand; ein musterhaftes Werk ist seine letzte Arbeit, über die Gemeindeverfassung in der Lombardei, die eben jetzt in Heidelberg erschienen und die Beachtung der Publizisten und der Gesetzgeber verdient. Aus der republikanischen Aera des norditalienischen Länder¬ strichs haben sich viele Gemeindefreiheiten erhalten, denn die Muni- zipalfreiheit ist noch die einzige in Italien, und das regsame Ge- meindeleben der heilsame Ableiter des patriotischen oder ehrgeizigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/118>, abgerufen am 22.07.2024.