Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Er traf in'S Schloß; mit gier'ger Leidenschaft
Zieht d'raus die Flamme ihre Lebenskraft;
Wie liebend nach dem weißen Leib begehrend,
In der Umarmung ihn und sich verzehrend.
Doch Abdul faßt sein höchstes Gut, den Schild,
Mit Lächeln die Vernichtung dort anblickend,
Von Sehnsuchtsflammen seine Brust umstrickend,
Ist ihm der furchtbar schöne Brand ein Bild.
Sein scharfes Aug' verworr'nes Treiben findet
Im weiten Garten, der zum Meer sich windet,
Denn todesängstlich flieht der Sklaven Troß,
Mit Schätzen schwer beladen, aus dem Schloß.
Und Keiner denkt den stolzen Bau zu retten,
Der bald, ein märchenhafter Traum, verglimmt,
Was seine Arme tragen, Jeder nimmt,
Auf Schutt und Moder sich ein Glück zu betten.
Gewänder, d'rauf der Edelsteine Blitz,
Der Teppich, eines Harems reichster Sitz,
Die demantfunkelnden Damaskus-Klingen,
'
Gefäße Modus, den üppgar Traum zu bringen,
Und selbst das edle Roß, Arabiens Stolz,
Deß Stamm sich schlingt zu Salomonis Rossen,
Was nur des Morgenlandes Pracht erschlossen,
''
Geraubt wards, wenns im Brande nicht zerschmolz!
Als ob der Ruf ein zweiter Donner wäre,
Ertönt es durch die Luft: zum Meer', zum Meere!
Die Masse walzt sich schwer und langsam fort.
Ein rauchend Trümmcrlager bleibt der Ort.
Vergänglichkeit jetzt durch die Oede schauert,'
Das Wetter rauscht wie dumpfer Trauerton,
Hier spricht die Asche jedem Glücke Hohn,
Das nicht das Loos des Jrd'schen überdauert!
"Nur Lüge war, was jetzt der Flamme Raub,
Der Erde einz'ge Wahrheit ist der Staub!
Die Seele will ich länger nicht verbrauchen,
Sie todtem Staub vergebens einzuhauchen! ,
Die Erde liegt zu Füßen mir verdorrt,
Und einen Himmel muß mein Wort gewinnen,
Mich dünkt der Menschheit tausendjähr'ges Sinnen
Ist nur dies einz'ge ungcsprochne Wort.

74"
Er traf in'S Schloß; mit gier'ger Leidenschaft
Zieht d'raus die Flamme ihre Lebenskraft;
Wie liebend nach dem weißen Leib begehrend,
In der Umarmung ihn und sich verzehrend.
Doch Abdul faßt sein höchstes Gut, den Schild,
Mit Lächeln die Vernichtung dort anblickend,
Von Sehnsuchtsflammen seine Brust umstrickend,
Ist ihm der furchtbar schöne Brand ein Bild.
Sein scharfes Aug' verworr'nes Treiben findet
Im weiten Garten, der zum Meer sich windet,
Denn todesängstlich flieht der Sklaven Troß,
Mit Schätzen schwer beladen, aus dem Schloß.
Und Keiner denkt den stolzen Bau zu retten,
Der bald, ein märchenhafter Traum, verglimmt,
Was seine Arme tragen, Jeder nimmt,
Auf Schutt und Moder sich ein Glück zu betten.
Gewänder, d'rauf der Edelsteine Blitz,
Der Teppich, eines Harems reichster Sitz,
Die demantfunkelnden Damaskus-Klingen,
'
Gefäße Modus, den üppgar Traum zu bringen,
Und selbst das edle Roß, Arabiens Stolz,
Deß Stamm sich schlingt zu Salomonis Rossen,
Was nur des Morgenlandes Pracht erschlossen,
''
Geraubt wards, wenns im Brande nicht zerschmolz!
Als ob der Ruf ein zweiter Donner wäre,
Ertönt es durch die Luft: zum Meer', zum Meere!
Die Masse walzt sich schwer und langsam fort.
Ein rauchend Trümmcrlager bleibt der Ort.
Vergänglichkeit jetzt durch die Oede schauert,'
Das Wetter rauscht wie dumpfer Trauerton,
Hier spricht die Asche jedem Glücke Hohn,
Das nicht das Loos des Jrd'schen überdauert!
„Nur Lüge war, was jetzt der Flamme Raub,
Der Erde einz'ge Wahrheit ist der Staub!
Die Seele will ich länger nicht verbrauchen,
Sie todtem Staub vergebens einzuhauchen! ,
Die Erde liegt zu Füßen mir verdorrt,
Und einen Himmel muß mein Wort gewinnen,
Mich dünkt der Menschheit tausendjähr'ges Sinnen
Ist nur dies einz'ge ungcsprochne Wort.

74»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0591" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181775"/>
            <lg xml:id="POEMID_36" type="poem">
              <l> Er traf in'S Schloß; mit gier'ger Leidenschaft<lb/>
Zieht d'raus die Flamme ihre Lebenskraft;<lb/>
Wie liebend nach dem weißen Leib begehrend,<lb/>
In der Umarmung ihn und sich verzehrend.<lb/>
Doch Abdul faßt sein höchstes Gut, den Schild,<lb/>
Mit Lächeln die Vernichtung dort anblickend,<lb/>
Von Sehnsuchtsflammen seine Brust umstrickend,<lb/>
Ist ihm der furchtbar schöne Brand ein Bild.</l>
              <l> Sein scharfes Aug' verworr'nes Treiben findet<lb/>
Im weiten Garten, der zum Meer sich windet,<lb/>
Denn todesängstlich flieht der Sklaven Troß,<lb/>
Mit Schätzen schwer beladen, aus dem Schloß.<lb/>
Und Keiner denkt den stolzen Bau zu retten,<lb/>
Der bald, ein märchenhafter Traum, verglimmt,<lb/>
Was seine Arme tragen, Jeder nimmt,<lb/>
Auf Schutt und Moder sich ein Glück zu betten.</l>
              <l> Gewänder, d'rauf der Edelsteine Blitz,<lb/>
Der Teppich, eines Harems reichster Sitz,<lb/>
Die demantfunkelnden Damaskus-Klingen,<lb/>
'<lb/>
Gefäße Modus, den üppgar Traum zu bringen,<lb/>
Und selbst das edle Roß, Arabiens Stolz,<lb/>
Deß Stamm sich schlingt zu Salomonis Rossen,<lb/>
Was nur des Morgenlandes Pracht erschlossen,<lb/>
''<lb/>
Geraubt wards, wenns im Brande nicht zerschmolz!<lb/></l>
              <l> Als ob der Ruf ein zweiter Donner wäre,<lb/>
Ertönt es durch die Luft: zum Meer', zum Meere!<lb/>
Die Masse walzt sich schwer und langsam fort.<lb/>
Ein rauchend Trümmcrlager bleibt der Ort.<lb/>
Vergänglichkeit jetzt durch die Oede schauert,'<lb/>
Das Wetter rauscht wie dumpfer Trauerton,<lb/>
Hier spricht die Asche jedem Glücke Hohn,<lb/>
Das nicht das Loos des Jrd'schen überdauert!</l>
              <l> &#x201E;Nur Lüge war, was jetzt der Flamme Raub,<lb/>
Der Erde einz'ge Wahrheit ist der Staub!<lb/>
Die Seele will ich länger nicht verbrauchen,<lb/>
Sie todtem Staub vergebens einzuhauchen! ,<lb/>
Die Erde liegt zu Füßen mir verdorrt,<lb/>
Und einen Himmel muß mein Wort gewinnen,<lb/>
Mich dünkt der Menschheit tausendjähr'ges Sinnen<lb/>
Ist nur dies einz'ge ungcsprochne Wort.</l>
            </lg><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 74»</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0591] Er traf in'S Schloß; mit gier'ger Leidenschaft Zieht d'raus die Flamme ihre Lebenskraft; Wie liebend nach dem weißen Leib begehrend, In der Umarmung ihn und sich verzehrend. Doch Abdul faßt sein höchstes Gut, den Schild, Mit Lächeln die Vernichtung dort anblickend, Von Sehnsuchtsflammen seine Brust umstrickend, Ist ihm der furchtbar schöne Brand ein Bild. Sein scharfes Aug' verworr'nes Treiben findet Im weiten Garten, der zum Meer sich windet, Denn todesängstlich flieht der Sklaven Troß, Mit Schätzen schwer beladen, aus dem Schloß. Und Keiner denkt den stolzen Bau zu retten, Der bald, ein märchenhafter Traum, verglimmt, Was seine Arme tragen, Jeder nimmt, Auf Schutt und Moder sich ein Glück zu betten. Gewänder, d'rauf der Edelsteine Blitz, Der Teppich, eines Harems reichster Sitz, Die demantfunkelnden Damaskus-Klingen, ' Gefäße Modus, den üppgar Traum zu bringen, Und selbst das edle Roß, Arabiens Stolz, Deß Stamm sich schlingt zu Salomonis Rossen, Was nur des Morgenlandes Pracht erschlossen, '' Geraubt wards, wenns im Brande nicht zerschmolz! Als ob der Ruf ein zweiter Donner wäre, Ertönt es durch die Luft: zum Meer', zum Meere! Die Masse walzt sich schwer und langsam fort. Ein rauchend Trümmcrlager bleibt der Ort. Vergänglichkeit jetzt durch die Oede schauert,' Das Wetter rauscht wie dumpfer Trauerton, Hier spricht die Asche jedem Glücke Hohn, Das nicht das Loos des Jrd'schen überdauert! „Nur Lüge war, was jetzt der Flamme Raub, Der Erde einz'ge Wahrheit ist der Staub! Die Seele will ich länger nicht verbrauchen, Sie todtem Staub vergebens einzuhauchen! , Die Erde liegt zu Füßen mir verdorrt, Und einen Himmel muß mein Wort gewinnen, Mich dünkt der Menschheit tausendjähr'ges Sinnen Ist nur dies einz'ge ungcsprochne Wort. 74»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/591
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/591>, abgerufen am 27.07.2024.