Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Es ist, als ob für alle Schmerzen bliebe
Ein sich'rer Trost in des Geliebten Nah,
Als ob die Nachtgespenster: Gram und Weh,
Verhärten vor dem Sonnenaufgang: Liebe!
Sie spricht: "Wenn's Sünde gleich, daß frei mein Blick
In deinen taucht, ich preise mein Geschick.
Mag ich den Tod mit meinen Freuden pflücken,
Ich war beglückt und wußte zu beglücken.
Mich schützt vor Unheilswolken über mir
Der Segen, den du in mein Herz ergossen,
'
Mein Leben ist im Meer der Lieb zerflossen,
'
Nicht acht ich dessen, was nicht kommt von ihr."
Er spricht: "Du schönste Rose, reizumschlungen,
Mehr als die Rosen, die Hases besungen!
Entschleire furchtlos mir dein Angesicht,
Denn meine Hand die Macht des Unheils bricht;
Aus Qualen und Verderben mich zu retten,
Mir einst der Herr ein Wunderzeichen gab,
Das uns .erlösen kann von Schmerz und Grab,
Und co'ges Heil an unsern Wandel ketten.
"Mir war's bis jetzt die höchste, stolze Lust,
Mein Glück zu gründen, eigen, selbstbewußt.
Das Höchste für das Höchste zu erschwingen,
Mit Lebenswagniß nur um dich zu ringen!
Den Talisman, den mir der Herr geschenkt,
Gern legt' ich ihn in seine Hände wieder,
Mein Sehnen ist gestillt, da auf mich nieder
Sich jetzt der Liebe ganzer Himmel senkt!"
So sprachen sie, indeß beim Stcrnenfunkeln
Des Abendhimmels Rosen tiefer dunkeln,
Und unruhvoll sich wiegt die Blumenschaar,
Als stuft're sie von drohender Gefahr.
Allein wer denkt im seligsten Momente,
Daß für Gefahr und Schmerz auf Erden Raum?
Wer wollte kürzen noch den kurzen Traum,
Der vom alltäglich trüben Sein ihn trennte?
So schau'n sie, Aug' in Aug' versunken, nicht.
Daß eine Waffe blinkt im Mondeslicht,
Bis blutend stürzt zu des Geliebten Füßen,
Die erst erglühte unter seinen Küssen!

Es ist, als ob für alle Schmerzen bliebe
Ein sich'rer Trost in des Geliebten Nah,
Als ob die Nachtgespenster: Gram und Weh,
Verhärten vor dem Sonnenaufgang: Liebe!
Sie spricht: „Wenn's Sünde gleich, daß frei mein Blick
In deinen taucht, ich preise mein Geschick.
Mag ich den Tod mit meinen Freuden pflücken,
Ich war beglückt und wußte zu beglücken.
Mich schützt vor Unheilswolken über mir
Der Segen, den du in mein Herz ergossen,
'
Mein Leben ist im Meer der Lieb zerflossen,
'
Nicht acht ich dessen, was nicht kommt von ihr."
Er spricht: „Du schönste Rose, reizumschlungen,
Mehr als die Rosen, die Hases besungen!
Entschleire furchtlos mir dein Angesicht,
Denn meine Hand die Macht des Unheils bricht;
Aus Qualen und Verderben mich zu retten,
Mir einst der Herr ein Wunderzeichen gab,
Das uns .erlösen kann von Schmerz und Grab,
Und co'ges Heil an unsern Wandel ketten.
„Mir war's bis jetzt die höchste, stolze Lust,
Mein Glück zu gründen, eigen, selbstbewußt.
Das Höchste für das Höchste zu erschwingen,
Mit Lebenswagniß nur um dich zu ringen!
Den Talisman, den mir der Herr geschenkt,
Gern legt' ich ihn in seine Hände wieder,
Mein Sehnen ist gestillt, da auf mich nieder
Sich jetzt der Liebe ganzer Himmel senkt!"
So sprachen sie, indeß beim Stcrnenfunkeln
Des Abendhimmels Rosen tiefer dunkeln,
Und unruhvoll sich wiegt die Blumenschaar,
Als stuft're sie von drohender Gefahr.
Allein wer denkt im seligsten Momente,
Daß für Gefahr und Schmerz auf Erden Raum?
Wer wollte kürzen noch den kurzen Traum,
Der vom alltäglich trüben Sein ihn trennte?
So schau'n sie, Aug' in Aug' versunken, nicht.
Daß eine Waffe blinkt im Mondeslicht,
Bis blutend stürzt zu des Geliebten Füßen,
Die erst erglühte unter seinen Küssen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0586" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181770"/>
            <lg xml:id="POEMID_30" type="poem">
              <l> Es ist, als ob für alle Schmerzen bliebe<lb/>
Ein sich'rer Trost in des Geliebten Nah,<lb/>
Als ob die Nachtgespenster: Gram und Weh,<lb/>
Verhärten vor dem Sonnenaufgang: Liebe!</l>
              <l> Sie spricht: &#x201E;Wenn's Sünde gleich, daß frei mein Blick<lb/>
In deinen taucht, ich preise mein Geschick.<lb/>
Mag ich den Tod mit meinen Freuden pflücken,<lb/>
Ich war beglückt und wußte zu beglücken.<lb/>
Mich schützt vor Unheilswolken über mir<lb/>
Der Segen, den du in mein Herz ergossen,<lb/>
'<lb/>
Mein Leben ist im Meer der Lieb zerflossen,<lb/>
'<lb/>
Nicht acht ich dessen, was nicht kommt von ihr."<lb/></l>
              <l> Er spricht: &#x201E;Du schönste Rose, reizumschlungen,<lb/>
Mehr als die Rosen, die Hases besungen!<lb/>
Entschleire furchtlos mir dein Angesicht,<lb/>
Denn meine Hand die Macht des Unheils bricht;<lb/>
Aus Qualen und Verderben mich zu retten,<lb/>
Mir einst der Herr ein Wunderzeichen gab,<lb/>
Das uns .erlösen kann von Schmerz und Grab,<lb/>
Und co'ges Heil an unsern Wandel ketten.</l>
              <l> &#x201E;Mir war's bis jetzt die höchste, stolze Lust,<lb/>
Mein Glück zu gründen, eigen, selbstbewußt.<lb/>
Das Höchste für das Höchste zu erschwingen,<lb/>
Mit Lebenswagniß nur um dich zu ringen!<lb/>
Den Talisman, den mir der Herr geschenkt,<lb/>
Gern legt' ich ihn in seine Hände wieder,<lb/>
Mein Sehnen ist gestillt, da auf mich nieder<lb/>
Sich jetzt der Liebe ganzer Himmel senkt!"</l>
              <l> So sprachen sie, indeß beim Stcrnenfunkeln<lb/>
Des Abendhimmels Rosen tiefer dunkeln,<lb/>
Und unruhvoll sich wiegt die Blumenschaar,<lb/>
Als stuft're sie von drohender Gefahr.<lb/>
Allein wer denkt im seligsten Momente,<lb/>
Daß für Gefahr und Schmerz auf Erden Raum?<lb/>
Wer wollte kürzen noch den kurzen Traum,<lb/>
Der vom alltäglich trüben Sein ihn trennte?</l>
              <l> So schau'n sie, Aug' in Aug' versunken, nicht.<lb/>
Daß eine Waffe blinkt im Mondeslicht,<lb/>
Bis blutend stürzt zu des Geliebten Füßen,<lb/>
Die erst erglühte unter seinen Küssen!</l>
            </lg><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0586] Es ist, als ob für alle Schmerzen bliebe Ein sich'rer Trost in des Geliebten Nah, Als ob die Nachtgespenster: Gram und Weh, Verhärten vor dem Sonnenaufgang: Liebe! Sie spricht: „Wenn's Sünde gleich, daß frei mein Blick In deinen taucht, ich preise mein Geschick. Mag ich den Tod mit meinen Freuden pflücken, Ich war beglückt und wußte zu beglücken. Mich schützt vor Unheilswolken über mir Der Segen, den du in mein Herz ergossen, ' Mein Leben ist im Meer der Lieb zerflossen, ' Nicht acht ich dessen, was nicht kommt von ihr." Er spricht: „Du schönste Rose, reizumschlungen, Mehr als die Rosen, die Hases besungen! Entschleire furchtlos mir dein Angesicht, Denn meine Hand die Macht des Unheils bricht; Aus Qualen und Verderben mich zu retten, Mir einst der Herr ein Wunderzeichen gab, Das uns .erlösen kann von Schmerz und Grab, Und co'ges Heil an unsern Wandel ketten. „Mir war's bis jetzt die höchste, stolze Lust, Mein Glück zu gründen, eigen, selbstbewußt. Das Höchste für das Höchste zu erschwingen, Mit Lebenswagniß nur um dich zu ringen! Den Talisman, den mir der Herr geschenkt, Gern legt' ich ihn in seine Hände wieder, Mein Sehnen ist gestillt, da auf mich nieder Sich jetzt der Liebe ganzer Himmel senkt!" So sprachen sie, indeß beim Stcrnenfunkeln Des Abendhimmels Rosen tiefer dunkeln, Und unruhvoll sich wiegt die Blumenschaar, Als stuft're sie von drohender Gefahr. Allein wer denkt im seligsten Momente, Daß für Gefahr und Schmerz auf Erden Raum? Wer wollte kürzen noch den kurzen Traum, Der vom alltäglich trüben Sein ihn trennte? So schau'n sie, Aug' in Aug' versunken, nicht. Daß eine Waffe blinkt im Mondeslicht, Bis blutend stürzt zu des Geliebten Füßen, Die erst erglühte unter seinen Küssen!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/586
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/586>, abgerufen am 05.12.2024.