Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.belagern und Du wirst als ein rettender Engel erscheinen in der Voll von diesem begeisternden Gedanken öffnete ich wieder das Wie stand doch Alles wieder so deutlich vor meiner Seele, was Mir war's, als müßte der Schachtelmann auch jetzt wieder Der Schachtelmann, diesen Namen hatten wir ihm gegeben belagern und Du wirst als ein rettender Engel erscheinen in der Voll von diesem begeisternden Gedanken öffnete ich wieder das Wie stand doch Alles wieder so deutlich vor meiner Seele, was Mir war's, als müßte der Schachtelmann auch jetzt wieder Der Schachtelmann, diesen Namen hatten wir ihm gegeben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181238"/> <p xml:id="ID_98" prev="#ID_97"> belagern und Du wirst als ein rettender Engel erscheinen in der<lb/> Hütte des Bettlers und in den Palästen der Reichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_99"> Voll von diesem begeisternden Gedanken öffnete ich wieder das<lb/> Fenster, gleichsam um mich den Schaaren der Hilfsbedürftigen, den<lb/> Lahmen, Blinden, Siechen und Elenden, die meiner Meinung nach<lb/> die Straße heraufkommen würden, zu zeigen und ihnen Trost und<lb/> Rettung zuzuflüstern; allein es war noch Alles still, und außer eini¬<lb/> gen Fußgängern, meist Milchmädchen, Stiefelputzern. Haarkräuslern<lb/> und anderen dienenden Geistern zeigte sich Niemand. Wie konnten<lb/> die guten Bewohner von Birkenfeld auch schon von meiner Ankunft<lb/> und meinen Hilfe spendenden Gesinnungen unterrichtet sein? Hatte<lb/> ich doch seit gestern Abend, wo ich hier anlangte, kaum ein Dutzend<lb/> Menschen gesehen, und wenn ich einen oder zwei Jugendfreunde fand,<lb/> die sich meiner noch erinnerten, mußte ich mich glücklich schätzen.<lb/> Mein Auge fiel jetzt, wo ich die Straße hinunterblickte, auch auf das<lb/> räthselhafte Haus, welches so oft der Gegenstand unserer kindischen<lb/> Neugierde gewesen und dessen Besitzer so manche Kränkung von uns<lb/> still erduldet hatte. Ich betrachtete genau die Reihe seiner Fenster,<lb/> sie waren noch eben so fest verschlossen, wie damals, und Nichts hatte<lb/> irgend eine Veränderung erlitten. Melancholisch schaute die düstere,<lb/> graue Wand des steinernen Gebäudes wie früher in das rege Leben<lb/> von Birkenfeld und stach gegen das freundliche Aeußere der neben¬<lb/> stehenden Häuser so unangenehm ab, wie ein wüster unbekannter<lb/> Fleck gegen lachende, grüne Gärten, oder wie der lichtscheue Uhu in<lb/> der Gesellschaft singender Vögel.</p><lb/> <p xml:id="ID_100"> Wie stand doch Alles wieder so deutlich vor meiner Seele, was<lb/> dieses Haus Anziehendes und Abstoßendes hatte für uns, die wir<lb/> als wilde Buben uns in der Stadt herumtummelten, oderdie des Abends<lb/> Kühle auf dem schönen Spielplatz vor demselben versammelte! —</p><lb/> <p xml:id="ID_101"> Mir war's, als müßte der Schachtelmann auch jetzt wieder<lb/> heraustreten, wie er sonst an jedem Mittage mit dem zwölften Glok--<lb/> kenschlage zu thun pflegte, hinter sich den steifen alten Schachtelbe¬<lb/> dienten, mit dem Regenschirm in einem hölzernen Futteral, die Stie¬<lb/> fel bis an die Knöchel eingehüllt in Steifleinwand und gleichfalls<lb/> den Hut bedeckt mit einem Ueberzug von grünem Wachstuch, als<lb/> ginge es zu einer Reise um die Welt.'</p><lb/> <p xml:id="ID_102" next="#ID_103"> Der Schachtelmann, diesen Namen hatten wir ihm gegeben</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
belagern und Du wirst als ein rettender Engel erscheinen in der
Hütte des Bettlers und in den Palästen der Reichen.
Voll von diesem begeisternden Gedanken öffnete ich wieder das
Fenster, gleichsam um mich den Schaaren der Hilfsbedürftigen, den
Lahmen, Blinden, Siechen und Elenden, die meiner Meinung nach
die Straße heraufkommen würden, zu zeigen und ihnen Trost und
Rettung zuzuflüstern; allein es war noch Alles still, und außer eini¬
gen Fußgängern, meist Milchmädchen, Stiefelputzern. Haarkräuslern
und anderen dienenden Geistern zeigte sich Niemand. Wie konnten
die guten Bewohner von Birkenfeld auch schon von meiner Ankunft
und meinen Hilfe spendenden Gesinnungen unterrichtet sein? Hatte
ich doch seit gestern Abend, wo ich hier anlangte, kaum ein Dutzend
Menschen gesehen, und wenn ich einen oder zwei Jugendfreunde fand,
die sich meiner noch erinnerten, mußte ich mich glücklich schätzen.
Mein Auge fiel jetzt, wo ich die Straße hinunterblickte, auch auf das
räthselhafte Haus, welches so oft der Gegenstand unserer kindischen
Neugierde gewesen und dessen Besitzer so manche Kränkung von uns
still erduldet hatte. Ich betrachtete genau die Reihe seiner Fenster,
sie waren noch eben so fest verschlossen, wie damals, und Nichts hatte
irgend eine Veränderung erlitten. Melancholisch schaute die düstere,
graue Wand des steinernen Gebäudes wie früher in das rege Leben
von Birkenfeld und stach gegen das freundliche Aeußere der neben¬
stehenden Häuser so unangenehm ab, wie ein wüster unbekannter
Fleck gegen lachende, grüne Gärten, oder wie der lichtscheue Uhu in
der Gesellschaft singender Vögel.
Wie stand doch Alles wieder so deutlich vor meiner Seele, was
dieses Haus Anziehendes und Abstoßendes hatte für uns, die wir
als wilde Buben uns in der Stadt herumtummelten, oderdie des Abends
Kühle auf dem schönen Spielplatz vor demselben versammelte! —
Mir war's, als müßte der Schachtelmann auch jetzt wieder
heraustreten, wie er sonst an jedem Mittage mit dem zwölften Glok--
kenschlage zu thun pflegte, hinter sich den steifen alten Schachtelbe¬
dienten, mit dem Regenschirm in einem hölzernen Futteral, die Stie¬
fel bis an die Knöchel eingehüllt in Steifleinwand und gleichfalls
den Hut bedeckt mit einem Ueberzug von grünem Wachstuch, als
ginge es zu einer Reise um die Welt.'
Der Schachtelmann, diesen Namen hatten wir ihm gegeben
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