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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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nen Reisigen vor dem Thor des Klosters hält, mit Gewalt Einlaß
fordern könnte, so hat er nicht den Muth dazu, er wehrt den bei¬
den Rittern, welche ihm zunächst reiten und den Abt für seine Frech¬
heit züchtigen wollen. Man sieht, es bedürfte nur eines Schlages,
um hineinzukommen, denn diese faulen Mönche fliehen jetzt schon,
aber dieser Schlag wäre Sünde, so meint der Kaiser. Der Gegen-
stand befriedigt somit nicht, das Bild als solches ungemein. --
Das zweite dieser Bilder ist: Pabst Gregor VII. und Cencius, von
I. Schrader in Düsseldorf. Cenctus oder CrescentiuS hatte Gre¬
gor bei der Ausübung seiner kirchlichen Pflichten unterbrochen und
ihn gefangen setzen lassen; aber das Volk ließ diese Gewaltthat nicht
ungerächt, es stürmte das Haus des Cencius und dieser flieht zu
den Füßen seines beleidigten Feindes. Wir sehen ihn schutzsuchend
vor Gregor auf den Knieen, mit flehender Geberde, denn er wird
von einem riesigen Manne mit erhobener Streitart bis zu dieser stil¬
len Stelle verfolgt. Gregor sieht ihn mit durchdringenden Blicken
an, als wollte er die Wahrheit der Reue erforschen, von der er viel¬
leicht eben spricht. Die ganze Handlung des Bildes ist verständlich
und dabei zeigt es von einer so ausgebildeten Technik, von einem
so feinen Gefühl für tiefes gesättigtes Colorit, daß man von Schra¬
der mit Recht Bedeutendes erwartet. Von den später gekommenen
Genrebildern führe ich ebenfalls nur einige auf. Die Verlobung,
von Flüggen in München, ein mit vielem Geschmack, aber auch
vieler Farbenkoketterie gemaltes Bild; eine Scene aus Don Quirote.
von Schrödter, die Rast unter den Ziegenhirten, die eben so lau¬
nig ist wie die früheren Don Quirotiaden desselben Meisters; und
drittens: Das Vogelschießen der Düsseldorfer Künstler in der Wolfs¬
schlucht, von Böser, ein ganz vortreffliches Bild, indem die schwie¬
rige Aufgabe, eine Masse Porträtfiguren zu einem Bilde zusammen¬
zustellen, auf's Glücklichste gelöst wurde. Wie hübsch, daß sich hier
im Bilde, wie in der Düsseldorfer Kunstwelt selbst, Alles um Lessing
gruppirt, daß er der eigentliche Mittelpunkt ist. -- Im Porträt hat
Sohn die Palme errungen. Sein weibliches Porträt ist ein Mei¬
sterwerk ersten Ranges. Ihm folgen Magnus, Otto, Krüger und
Begas. -- Im Stillleben stehen Jakob Lehrer und Prever aus
Düsseldorf rivalisirend obenan.

Unter den plastischen Kunstwerken welche diesmal in den unte-


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CrnizbottN, im-i. U.

nen Reisigen vor dem Thor des Klosters hält, mit Gewalt Einlaß
fordern könnte, so hat er nicht den Muth dazu, er wehrt den bei¬
den Rittern, welche ihm zunächst reiten und den Abt für seine Frech¬
heit züchtigen wollen. Man sieht, es bedürfte nur eines Schlages,
um hineinzukommen, denn diese faulen Mönche fliehen jetzt schon,
aber dieser Schlag wäre Sünde, so meint der Kaiser. Der Gegen-
stand befriedigt somit nicht, das Bild als solches ungemein. —
Das zweite dieser Bilder ist: Pabst Gregor VII. und Cencius, von
I. Schrader in Düsseldorf. Cenctus oder CrescentiuS hatte Gre¬
gor bei der Ausübung seiner kirchlichen Pflichten unterbrochen und
ihn gefangen setzen lassen; aber das Volk ließ diese Gewaltthat nicht
ungerächt, es stürmte das Haus des Cencius und dieser flieht zu
den Füßen seines beleidigten Feindes. Wir sehen ihn schutzsuchend
vor Gregor auf den Knieen, mit flehender Geberde, denn er wird
von einem riesigen Manne mit erhobener Streitart bis zu dieser stil¬
len Stelle verfolgt. Gregor sieht ihn mit durchdringenden Blicken
an, als wollte er die Wahrheit der Reue erforschen, von der er viel¬
leicht eben spricht. Die ganze Handlung des Bildes ist verständlich
und dabei zeigt es von einer so ausgebildeten Technik, von einem
so feinen Gefühl für tiefes gesättigtes Colorit, daß man von Schra¬
der mit Recht Bedeutendes erwartet. Von den später gekommenen
Genrebildern führe ich ebenfalls nur einige auf. Die Verlobung,
von Flüggen in München, ein mit vielem Geschmack, aber auch
vieler Farbenkoketterie gemaltes Bild; eine Scene aus Don Quirote.
von Schrödter, die Rast unter den Ziegenhirten, die eben so lau¬
nig ist wie die früheren Don Quirotiaden desselben Meisters; und
drittens: Das Vogelschießen der Düsseldorfer Künstler in der Wolfs¬
schlucht, von Böser, ein ganz vortreffliches Bild, indem die schwie¬
rige Aufgabe, eine Masse Porträtfiguren zu einem Bilde zusammen¬
zustellen, auf's Glücklichste gelöst wurde. Wie hübsch, daß sich hier
im Bilde, wie in der Düsseldorfer Kunstwelt selbst, Alles um Lessing
gruppirt, daß er der eigentliche Mittelpunkt ist. — Im Porträt hat
Sohn die Palme errungen. Sein weibliches Porträt ist ein Mei¬
sterwerk ersten Ranges. Ihm folgen Magnus, Otto, Krüger und
Begas. — Im Stillleben stehen Jakob Lehrer und Prever aus
Düsseldorf rivalisirend obenan.

Unter den plastischen Kunstwerken welche diesmal in den unte-


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CrnizbottN, im-i. U.
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[0501] nen Reisigen vor dem Thor des Klosters hält, mit Gewalt Einlaß fordern könnte, so hat er nicht den Muth dazu, er wehrt den bei¬ den Rittern, welche ihm zunächst reiten und den Abt für seine Frech¬ heit züchtigen wollen. Man sieht, es bedürfte nur eines Schlages, um hineinzukommen, denn diese faulen Mönche fliehen jetzt schon, aber dieser Schlag wäre Sünde, so meint der Kaiser. Der Gegen- stand befriedigt somit nicht, das Bild als solches ungemein. — Das zweite dieser Bilder ist: Pabst Gregor VII. und Cencius, von I. Schrader in Düsseldorf. Cenctus oder CrescentiuS hatte Gre¬ gor bei der Ausübung seiner kirchlichen Pflichten unterbrochen und ihn gefangen setzen lassen; aber das Volk ließ diese Gewaltthat nicht ungerächt, es stürmte das Haus des Cencius und dieser flieht zu den Füßen seines beleidigten Feindes. Wir sehen ihn schutzsuchend vor Gregor auf den Knieen, mit flehender Geberde, denn er wird von einem riesigen Manne mit erhobener Streitart bis zu dieser stil¬ len Stelle verfolgt. Gregor sieht ihn mit durchdringenden Blicken an, als wollte er die Wahrheit der Reue erforschen, von der er viel¬ leicht eben spricht. Die ganze Handlung des Bildes ist verständlich und dabei zeigt es von einer so ausgebildeten Technik, von einem so feinen Gefühl für tiefes gesättigtes Colorit, daß man von Schra¬ der mit Recht Bedeutendes erwartet. Von den später gekommenen Genrebildern führe ich ebenfalls nur einige auf. Die Verlobung, von Flüggen in München, ein mit vielem Geschmack, aber auch vieler Farbenkoketterie gemaltes Bild; eine Scene aus Don Quirote. von Schrödter, die Rast unter den Ziegenhirten, die eben so lau¬ nig ist wie die früheren Don Quirotiaden desselben Meisters; und drittens: Das Vogelschießen der Düsseldorfer Künstler in der Wolfs¬ schlucht, von Böser, ein ganz vortreffliches Bild, indem die schwie¬ rige Aufgabe, eine Masse Porträtfiguren zu einem Bilde zusammen¬ zustellen, auf's Glücklichste gelöst wurde. Wie hübsch, daß sich hier im Bilde, wie in der Düsseldorfer Kunstwelt selbst, Alles um Lessing gruppirt, daß er der eigentliche Mittelpunkt ist. — Im Porträt hat Sohn die Palme errungen. Sein weibliches Porträt ist ein Mei¬ sterwerk ersten Ranges. Ihm folgen Magnus, Otto, Krüger und Begas. — Im Stillleben stehen Jakob Lehrer und Prever aus Düsseldorf rivalisirend obenan. Unter den plastischen Kunstwerken welche diesmal in den unte- , CrnizbottN, im-i. U.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/501>, abgerufen am 01.09.2024.