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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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des Bildchen. -- Auch sah euren ist mit einer Landschaft da:
Ansicht von Düsseldorf, die eine sehr schöne Farbe hat und einen
ungemein angenehmen, ruhigen Eindruck macht. Zu den besseren der
nachgekommenen Bilder gehören zwei Bilder von Metz in Frankfurt,
Mondaufgang und das Crucifix in der Eifel. -- Von Winterland-
schasten habe ich zwei sehr gelungene zu erwähnen. Das eine von
Koekkoek in Eleven würde ein Meisterwerk genannt werden kön¬
nen, wenn nicht die Ferne des Bildes so unangenehm blau wäre.
Trotzdem ist das Bild vorzüglich; das Sonnenlicht, das den Schnee
am Wege aufthaut, die Bäume und das Eis, Alles ist wirklich bis
zur Vollendung wiedergegeben. Das zweite Winterbild gibt Hil-
gers in Düsseldorf: eine Brücke mit einem Blick auf eine rheini¬
sche Stadt; wenn nur etwas Schnee auf dem Bilde läge, würde
uns gewaltig davor frieren. Nerly und Heisst geben gelungene
Prospecte aus Venedig, von denen der Dogenpalast von Heisst nicht
unangenehm an Canaletto erinnert. Dagegen ist Nerly eigenthüm¬
licher. Bei den Architekturen und inneren Ansichten von Kirchen und
Zimmern muß ich auf sehr schöne Bilder von Villeret, Pulian, .Hau¬
schild, Genisson und Ainmüller aufmerksam machen, welche sich alle
weit über die Mittelmäßigkeit erheben. Unter den Marinemalern
auf dieser Ausstellung steht Gudin obenan. Sein Bild: "Der
Geist Gottes schwebte über den Wassern" ist in diesen Blättern schon
erwähnt. Ich hielt das Bild von Anfang an für eine große und
zwar schöne Skizze, für eine augenblickliche Caprice eines Meisters,
und ich freute mich, daß diese Ansicht neulich durch folgende Mitthei¬
lung eines Freundes bestätigt wurde. Gudin war in Berlin, als die
Ausstellung eröffnet wurde, und befand sich zum Besuch bei einer be¬
kannten Kunstkennerin, dem Fräulein v. W........g, welche schon
viel von der ungeheuren Schnelligkeit gehört hatte, mit welcher der
französische Meister malt. Sie wünschte das einmal mit eigenen
Augen zu sehen, und Gudin erfüllte diesen Wunsch mit echt französi¬
scher'Galanterie. Als die nothwendigen Malergeräthschaften herbei¬
geschafft waren und er Palette und Pinsel zur Hand genommen
hatte, fragte er: Was soll ich malen? -- Was Sie wollen; . . . .
malen Sie "der Geist Gottes schwebte über den Wassern." Und Gu¬
din malte vor den Augen der erstaunten Dame in wenigen Stunden
dies Bild. -- Man mag sagen, was man will, es irägt immer


des Bildchen. — Auch sah euren ist mit einer Landschaft da:
Ansicht von Düsseldorf, die eine sehr schöne Farbe hat und einen
ungemein angenehmen, ruhigen Eindruck macht. Zu den besseren der
nachgekommenen Bilder gehören zwei Bilder von Metz in Frankfurt,
Mondaufgang und das Crucifix in der Eifel. — Von Winterland-
schasten habe ich zwei sehr gelungene zu erwähnen. Das eine von
Koekkoek in Eleven würde ein Meisterwerk genannt werden kön¬
nen, wenn nicht die Ferne des Bildes so unangenehm blau wäre.
Trotzdem ist das Bild vorzüglich; das Sonnenlicht, das den Schnee
am Wege aufthaut, die Bäume und das Eis, Alles ist wirklich bis
zur Vollendung wiedergegeben. Das zweite Winterbild gibt Hil-
gers in Düsseldorf: eine Brücke mit einem Blick auf eine rheini¬
sche Stadt; wenn nur etwas Schnee auf dem Bilde läge, würde
uns gewaltig davor frieren. Nerly und Heisst geben gelungene
Prospecte aus Venedig, von denen der Dogenpalast von Heisst nicht
unangenehm an Canaletto erinnert. Dagegen ist Nerly eigenthüm¬
licher. Bei den Architekturen und inneren Ansichten von Kirchen und
Zimmern muß ich auf sehr schöne Bilder von Villeret, Pulian, .Hau¬
schild, Genisson und Ainmüller aufmerksam machen, welche sich alle
weit über die Mittelmäßigkeit erheben. Unter den Marinemalern
auf dieser Ausstellung steht Gudin obenan. Sein Bild: „Der
Geist Gottes schwebte über den Wassern" ist in diesen Blättern schon
erwähnt. Ich hielt das Bild von Anfang an für eine große und
zwar schöne Skizze, für eine augenblickliche Caprice eines Meisters,
und ich freute mich, daß diese Ansicht neulich durch folgende Mitthei¬
lung eines Freundes bestätigt wurde. Gudin war in Berlin, als die
Ausstellung eröffnet wurde, und befand sich zum Besuch bei einer be¬
kannten Kunstkennerin, dem Fräulein v. W........g, welche schon
viel von der ungeheuren Schnelligkeit gehört hatte, mit welcher der
französische Meister malt. Sie wünschte das einmal mit eigenen
Augen zu sehen, und Gudin erfüllte diesen Wunsch mit echt französi¬
scher'Galanterie. Als die nothwendigen Malergeräthschaften herbei¬
geschafft waren und er Palette und Pinsel zur Hand genommen
hatte, fragte er: Was soll ich malen? — Was Sie wollen; . . . .
malen Sie „der Geist Gottes schwebte über den Wassern." Und Gu¬
din malte vor den Augen der erstaunten Dame in wenigen Stunden
dies Bild. — Man mag sagen, was man will, es irägt immer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/499>, abgerufen am 01.09.2024.