Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.ist much ein protestantisches Blatt und wird von der Deutschen All¬ -- Die Oberfchlefier sollen jetzt ziemlich mäßig im Branntwein¬ -- Polen ist noch nicht todt; aber seine wenigen Lebenszeichen Vcrlaq von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Andrä. ist much ein protestantisches Blatt und wird von der Deutschen All¬ — Die Oberfchlefier sollen jetzt ziemlich mäßig im Branntwein¬ — Polen ist noch nicht todt; aber seine wenigen Lebenszeichen Vcrlaq von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Andrä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181668"/> <p xml:id="ID_1365" prev="#ID_1364"> ist much ein protestantisches Blatt und wird von der Deutschen All¬<lb/> gemeinen beschuldigt, daß es Sue's „ewigen Juden" in verstüm¬<lb/> melter Uebersetzung bringe; der schwarze Jesuitenfaden, der sich durch<lb/> den Roman zieht, ist nämlich an vielen Stellen abgeschnitten. Wohl<lb/> mit Unrecht wird deshalb Dr. Schuster angefallen. Vielmehr zeigt die<lb/> Entdeckung blos, wie viel Wahrheit an der, in dieser selben Deut¬<lb/> schen Allgemeinen erschienenen Berüchtigung ist, wornach »r. Schu¬<lb/> ster, nicht des Jesuitenromans wegen, sondern aus harmlosen Grün¬<lb/> den am I. Januar 1845 die Redaction des Conversationsblattes auf¬<lb/> geben müsse. — Dagegen haben wir ein Recht, den Or. Schuster<lb/> anzufallen. Der in den Grenzboten erschienene kleine Artikel: „Frauen¬<lb/> bilder Georges Sand's, geschildert von Heinrich Laube", gefiel dem<lb/> Schuster dermaßen, daß er ihn in Nro. 324 des Conversations¬<lb/> blattes Wort für Wort nachdruckte. Wahrscheinlich will Dr. Schu¬<lb/> ster die Grenzboten aufmuntern. Um aber diesen löblichen Zweck zu<lb/> erfüllen, mußte er die Quelle nennen. Und dies hat er, wie gewöhn¬<lb/> lich, unterlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1366"> — Die Oberfchlefier sollen jetzt ziemlich mäßig im Branntwein¬<lb/> trinken, aber desto unmäßiger im Judenfresser sein. Um dem armen<lb/> Volke, welches kein Huhn im Topfe und keinen Wein im Keller hat,<lb/> aber doch keinen Branntwein trinken soll, einigen Ersatz und bei dem<lb/> Mangel alles öffentlichen Lebens eine geistige Anregung zu geben,<lb/> wirft man ihm die Juden vor. Was Pfaffen und Maßigkeitspredi-<lb/> ger in diesem Fache leisten, davon führen Vauschke's „Freikugeln''<lb/> sehr erbauliche Beispiele an. Nach diesem, über schlesische Zustände<lb/> genau unterrichteten Blatt sind zwei Drittel der Branntweinverkaufer<lb/> in Oberschlesien Christen. Dies hindert aber natürlich nicht, gegen<lb/> die Juden zu predigen und zu donnern, die es darauf abgesehen hatten,<lb/> durch die Branntweinpest die Bauern zu ruiniren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1367"> — Polen ist noch nicht todt; aber seine wenigen Lebenszeichen<lb/> verrathen nur einen verzweifelten Todeskampf. Neuerdings sind wie¬<lb/> der achtzehn Patrioten aus Wilna nach dem großen polnischen Kirch¬<lb/> hof: Sibirien gewandert. Darunter waren drei Advocaten und ein<lb/> Criminalbeamter, überhaupt Leute aus den gebildetsten Classen. Europa<lb/> sieht phlegmatisch zu, vielleicht wird es aber doch noch eines Tags<lb/> dem eisigen Terroristen zurufen müssen: Polens Blut erstickt Dich!<lb/> — Möchte dieser Tag nicht allzulang auf sich warten lassen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Vcrlaq von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda<lb/> Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
ist much ein protestantisches Blatt und wird von der Deutschen All¬
gemeinen beschuldigt, daß es Sue's „ewigen Juden" in verstüm¬
melter Uebersetzung bringe; der schwarze Jesuitenfaden, der sich durch
den Roman zieht, ist nämlich an vielen Stellen abgeschnitten. Wohl
mit Unrecht wird deshalb Dr. Schuster angefallen. Vielmehr zeigt die
Entdeckung blos, wie viel Wahrheit an der, in dieser selben Deut¬
schen Allgemeinen erschienenen Berüchtigung ist, wornach »r. Schu¬
ster, nicht des Jesuitenromans wegen, sondern aus harmlosen Grün¬
den am I. Januar 1845 die Redaction des Conversationsblattes auf¬
geben müsse. — Dagegen haben wir ein Recht, den Or. Schuster
anzufallen. Der in den Grenzboten erschienene kleine Artikel: „Frauen¬
bilder Georges Sand's, geschildert von Heinrich Laube", gefiel dem
Schuster dermaßen, daß er ihn in Nro. 324 des Conversations¬
blattes Wort für Wort nachdruckte. Wahrscheinlich will Dr. Schu¬
ster die Grenzboten aufmuntern. Um aber diesen löblichen Zweck zu
erfüllen, mußte er die Quelle nennen. Und dies hat er, wie gewöhn¬
lich, unterlassen.
— Die Oberfchlefier sollen jetzt ziemlich mäßig im Branntwein¬
trinken, aber desto unmäßiger im Judenfresser sein. Um dem armen
Volke, welches kein Huhn im Topfe und keinen Wein im Keller hat,
aber doch keinen Branntwein trinken soll, einigen Ersatz und bei dem
Mangel alles öffentlichen Lebens eine geistige Anregung zu geben,
wirft man ihm die Juden vor. Was Pfaffen und Maßigkeitspredi-
ger in diesem Fache leisten, davon führen Vauschke's „Freikugeln''
sehr erbauliche Beispiele an. Nach diesem, über schlesische Zustände
genau unterrichteten Blatt sind zwei Drittel der Branntweinverkaufer
in Oberschlesien Christen. Dies hindert aber natürlich nicht, gegen
die Juden zu predigen und zu donnern, die es darauf abgesehen hatten,
durch die Branntweinpest die Bauern zu ruiniren.
— Polen ist noch nicht todt; aber seine wenigen Lebenszeichen
verrathen nur einen verzweifelten Todeskampf. Neuerdings sind wie¬
der achtzehn Patrioten aus Wilna nach dem großen polnischen Kirch¬
hof: Sibirien gewandert. Darunter waren drei Advocaten und ein
Criminalbeamter, überhaupt Leute aus den gebildetsten Classen. Europa
sieht phlegmatisch zu, vielleicht wird es aber doch noch eines Tags
dem eisigen Terroristen zurufen müssen: Polens Blut erstickt Dich!
— Möchte dieser Tag nicht allzulang auf sich warten lassen.
Vcrlaq von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda
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