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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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um. Dagegen ist für Laube's Struensee leider' alle Hoffnung ver¬
loren. Die Censur findet in der Liebe des Ministers, so wie in der
Krankheit des Königs "unübersteigliche" (?) Hindernisse.


II
Aus Berlin.

Das Publicum, Schadow und der König. -- Drei Componisten. -- Die
Stadtverordneten schreiten vorwärts! -- Localvereine für das Wohl der ar¬
beitenden Classen. -- Herr Bornemann.

Die Kunstausstellung ist drei Tage nach ihrer Schließung wie¬
der geöffnet worden, um bis zu Ende Novembers aufgestellt zu blei¬
ben. Meister Schadow meinte zwar, das Publicum, das dieses Mal
so spärlich gekommen, verdiene nicht, daß man sich seinetwegen noch
länger incommodire, und der alte absolute Herr hatte auch in der
That, alles Einwandes und zwar selbst von Seite des zuletzt noch
die Ausstellung besuchenden Königs ungeachtet, einen Theil der Bilder
schon abliefern lassen, aber nachdem mündliches Zureden vergeblich ge¬
wesen war, kam als ultimn, ratio eine königliche Cabinetsordre, in
Folge deren die Säle zwar wieder geöffnet sind, doch ist weder ein
Theil der bereits abgesotten Bilder, noch das renitente Publicum frei¬
willig zurückgekehrt. Das Publicum ist ein curiöses Individuum!
Sollte man wohl glauben, daß es dies Mal die Kunstausstellung nur
darum so spärlich besucht hat, weil diese zu weitläufig war? Hätte
sich die Ausstellung auf zwei oder drei Säle beschränkt, dann wären
Viele wohl ein Dutzend Mal hingegangen, aber zwanzig und noch
mehr Säle zu durchlaufen, von denen einige in diesem Jahre ganz
neu hinzugekommen waren, dazu war man durch die GeWerbeaus¬
stellung zu ermüdet und so blieb man lieber zu Hause, um sich der
Anstrengung gar nicht auszusetzen. Also auch hier wieder ein Beweis,
daß die Hälfte zuweilen mehr werth sei, als das Ganze.

Einer unserer drei Generalmusikdirectoren, nämlich Felix Men¬
delssohn, geht nun wirklich von Berlin fort, nachdem er in dieser
Woche noch zum Abschiede seinen "Paulus" aufgeführt. Er behält
von seinem Gehalte nur tausend Thaler, wofür er sich verpflichtet,
kein anderweitiges, festes Engagement anzunehmen, sondern sich für
den Fall, daß hier ein besserer Gebrauch als bisher von seinen Dien¬
sten gemacht werden könne, zur Verfügung des Königs zu halten.
Spontini ist einstweilen nach Dresden gegangen, um dort seine neu
in Scene gesetzte "Vestalin" zu dirigiren, und auch Meyerbeer will,
wie es heißt, nach Aufführung seiner neuen Festoper den hiesigen Auf¬
enthalt mit dem in Paris wieder vertauschen. Es scheint, daß hier
nur die im"c>rin" ^vnlium ihren musikalischen Wirkungskreis zu
finden vermögen,


Grenzvvtcn I"/, 5. iii)

um. Dagegen ist für Laube's Struensee leider' alle Hoffnung ver¬
loren. Die Censur findet in der Liebe des Ministers, so wie in der
Krankheit des Königs „unübersteigliche" (?) Hindernisse.


II
Aus Berlin.

Das Publicum, Schadow und der König. — Drei Componisten. — Die
Stadtverordneten schreiten vorwärts! — Localvereine für das Wohl der ar¬
beitenden Classen. — Herr Bornemann.

Die Kunstausstellung ist drei Tage nach ihrer Schließung wie¬
der geöffnet worden, um bis zu Ende Novembers aufgestellt zu blei¬
ben. Meister Schadow meinte zwar, das Publicum, das dieses Mal
so spärlich gekommen, verdiene nicht, daß man sich seinetwegen noch
länger incommodire, und der alte absolute Herr hatte auch in der
That, alles Einwandes und zwar selbst von Seite des zuletzt noch
die Ausstellung besuchenden Königs ungeachtet, einen Theil der Bilder
schon abliefern lassen, aber nachdem mündliches Zureden vergeblich ge¬
wesen war, kam als ultimn, ratio eine königliche Cabinetsordre, in
Folge deren die Säle zwar wieder geöffnet sind, doch ist weder ein
Theil der bereits abgesotten Bilder, noch das renitente Publicum frei¬
willig zurückgekehrt. Das Publicum ist ein curiöses Individuum!
Sollte man wohl glauben, daß es dies Mal die Kunstausstellung nur
darum so spärlich besucht hat, weil diese zu weitläufig war? Hätte
sich die Ausstellung auf zwei oder drei Säle beschränkt, dann wären
Viele wohl ein Dutzend Mal hingegangen, aber zwanzig und noch
mehr Säle zu durchlaufen, von denen einige in diesem Jahre ganz
neu hinzugekommen waren, dazu war man durch die GeWerbeaus¬
stellung zu ermüdet und so blieb man lieber zu Hause, um sich der
Anstrengung gar nicht auszusetzen. Also auch hier wieder ein Beweis,
daß die Hälfte zuweilen mehr werth sei, als das Ganze.

Einer unserer drei Generalmusikdirectoren, nämlich Felix Men¬
delssohn, geht nun wirklich von Berlin fort, nachdem er in dieser
Woche noch zum Abschiede seinen „Paulus" aufgeführt. Er behält
von seinem Gehalte nur tausend Thaler, wofür er sich verpflichtet,
kein anderweitiges, festes Engagement anzunehmen, sondern sich für
den Fall, daß hier ein besserer Gebrauch als bisher von seinen Dien¬
sten gemacht werden könne, zur Verfügung des Königs zu halten.
Spontini ist einstweilen nach Dresden gegangen, um dort seine neu
in Scene gesetzte „Vestalin" zu dirigiren, und auch Meyerbeer will,
wie es heißt, nach Aufführung seiner neuen Festoper den hiesigen Auf¬
enthalt mit dem in Paris wieder vertauschen. Es scheint, daß hier
nur die im„c>rin» ^vnlium ihren musikalischen Wirkungskreis zu
finden vermögen,


Grenzvvtcn I«/, 5. iii)
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[0477] um. Dagegen ist für Laube's Struensee leider' alle Hoffnung ver¬ loren. Die Censur findet in der Liebe des Ministers, so wie in der Krankheit des Königs „unübersteigliche" (?) Hindernisse. II Aus Berlin. Das Publicum, Schadow und der König. — Drei Componisten. — Die Stadtverordneten schreiten vorwärts! — Localvereine für das Wohl der ar¬ beitenden Classen. — Herr Bornemann. Die Kunstausstellung ist drei Tage nach ihrer Schließung wie¬ der geöffnet worden, um bis zu Ende Novembers aufgestellt zu blei¬ ben. Meister Schadow meinte zwar, das Publicum, das dieses Mal so spärlich gekommen, verdiene nicht, daß man sich seinetwegen noch länger incommodire, und der alte absolute Herr hatte auch in der That, alles Einwandes und zwar selbst von Seite des zuletzt noch die Ausstellung besuchenden Königs ungeachtet, einen Theil der Bilder schon abliefern lassen, aber nachdem mündliches Zureden vergeblich ge¬ wesen war, kam als ultimn, ratio eine königliche Cabinetsordre, in Folge deren die Säle zwar wieder geöffnet sind, doch ist weder ein Theil der bereits abgesotten Bilder, noch das renitente Publicum frei¬ willig zurückgekehrt. Das Publicum ist ein curiöses Individuum! Sollte man wohl glauben, daß es dies Mal die Kunstausstellung nur darum so spärlich besucht hat, weil diese zu weitläufig war? Hätte sich die Ausstellung auf zwei oder drei Säle beschränkt, dann wären Viele wohl ein Dutzend Mal hingegangen, aber zwanzig und noch mehr Säle zu durchlaufen, von denen einige in diesem Jahre ganz neu hinzugekommen waren, dazu war man durch die GeWerbeaus¬ stellung zu ermüdet und so blieb man lieber zu Hause, um sich der Anstrengung gar nicht auszusetzen. Also auch hier wieder ein Beweis, daß die Hälfte zuweilen mehr werth sei, als das Ganze. Einer unserer drei Generalmusikdirectoren, nämlich Felix Men¬ delssohn, geht nun wirklich von Berlin fort, nachdem er in dieser Woche noch zum Abschiede seinen „Paulus" aufgeführt. Er behält von seinem Gehalte nur tausend Thaler, wofür er sich verpflichtet, kein anderweitiges, festes Engagement anzunehmen, sondern sich für den Fall, daß hier ein besserer Gebrauch als bisher von seinen Dien¬ sten gemacht werden könne, zur Verfügung des Königs zu halten. Spontini ist einstweilen nach Dresden gegangen, um dort seine neu in Scene gesetzte „Vestalin" zu dirigiren, und auch Meyerbeer will, wie es heißt, nach Aufführung seiner neuen Festoper den hiesigen Auf¬ enthalt mit dem in Paris wieder vertauschen. Es scheint, daß hier nur die im„c>rin» ^vnlium ihren musikalischen Wirkungskreis zu finden vermögen, Grenzvvtcn I«/, 5. iii)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/477>, abgerufen am 05.12.2024.