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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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die Lehnsform im deutschen Reiche war, so sehr die Neichöeinheit am
Ende des achtzehnten Jahrhunderts auch aufgelöst und die Souve-
ränetät der einzelnen Staaten anerkannt war, dennoch blieben eine
allgemeine Reichsgesetzgebung und Reichstage, wie Reichsgerichte.
Nichts von dem Allen zwischen Dänemark und Schleswig. Selbst
bei der ursprünglichen nähern Verbindung ist doch keine eigentliche
gemeinschaftliche Gesetzgebung vorhanden, sondern es können nur ein¬
zelne gemeinschaftliche Gesetze nachgewiesen werden." Dänemark
ist durch seine Gesetzgebung ganz von Schleswig getrennt, besonders
durch das "Danske Lor" von 1683, das noch jetzt die Grundlage
für das dänische Staats- und Privatrecht bildet. Dagegen zeigt sich
die innere Staatseinheit Schleswig-Holsteins in der beiden Herzog-
thümern gemeinschaftlichen Gesetzgebung. Der auf dem Landtage von
1542 angenommenen Schleswig-holsteimschen Kirchenordnung folgte
eine Reihe allgemeiner Schleswig-holsteinischer Kirchen- und Schul¬
verordnungen. Karl's V. peinliche Halsgerichtsordnung wurde auf
dem Landtage von 161V für beide Herzogthümer angenommen und
diese Verbindung durch allgemeine Schleswig-holsteinische criminal-
rechtliche Verordnungen bis jetzt aufrecht erhalten. Die Polizeigesetz¬
gebung wurde von Dänemark getrennt. Sie wurde für beide Her¬
zogthümer auf den gemeinsamen Schleswig-holsteinischen Landtagen
berathen und wird noch gegenwärtig durch für beide Herzogthümer
gemeinsame Verordnungen geübt. Die Steuerverfassung ist durch
eine sür beide Herzogthümer gemeinschaftliche, von Dänemark ge¬
trennte Gesetzgebung geordnet. Die dänischen Zollverordnungen sind
verschieden von den Schleswig-Holstein gemeinschaftlichen Zollverord¬
nungen von 1803 und 1838. "Bei Berathung der Letzteren von
1838 erklärte die Schleswig'sche Ständeversammlung, daß man lieber
auf den freiem Verkehr mit dem Königreiche verzichten solle, wenn
derselbe nur unter der Bedingung der höheren Zollsätze zu erreichen
stände. Eine Folge der Zollverordnung von 1838, wodurch ein
freierer Verkehr zwischen den Herzogthümer" und Dänemark herge¬
stellt wurde, war die Einführung von dänischen Gewichte und Maße
für das Zollwesen der Herzogthümer. ^5) Die Gesetze für den




*) Klenze, die letzten Gründe.
Vergl. Hanffer- Das Aollwesen der Herzogthümer Schleswig u. Hol-

die Lehnsform im deutschen Reiche war, so sehr die Neichöeinheit am
Ende des achtzehnten Jahrhunderts auch aufgelöst und die Souve-
ränetät der einzelnen Staaten anerkannt war, dennoch blieben eine
allgemeine Reichsgesetzgebung und Reichstage, wie Reichsgerichte.
Nichts von dem Allen zwischen Dänemark und Schleswig. Selbst
bei der ursprünglichen nähern Verbindung ist doch keine eigentliche
gemeinschaftliche Gesetzgebung vorhanden, sondern es können nur ein¬
zelne gemeinschaftliche Gesetze nachgewiesen werden." Dänemark
ist durch seine Gesetzgebung ganz von Schleswig getrennt, besonders
durch das „Danske Lor" von 1683, das noch jetzt die Grundlage
für das dänische Staats- und Privatrecht bildet. Dagegen zeigt sich
die innere Staatseinheit Schleswig-Holsteins in der beiden Herzog-
thümern gemeinschaftlichen Gesetzgebung. Der auf dem Landtage von
1542 angenommenen Schleswig-holsteimschen Kirchenordnung folgte
eine Reihe allgemeiner Schleswig-holsteinischer Kirchen- und Schul¬
verordnungen. Karl's V. peinliche Halsgerichtsordnung wurde auf
dem Landtage von 161V für beide Herzogthümer angenommen und
diese Verbindung durch allgemeine Schleswig-holsteinische criminal-
rechtliche Verordnungen bis jetzt aufrecht erhalten. Die Polizeigesetz¬
gebung wurde von Dänemark getrennt. Sie wurde für beide Her¬
zogthümer auf den gemeinsamen Schleswig-holsteinischen Landtagen
berathen und wird noch gegenwärtig durch für beide Herzogthümer
gemeinsame Verordnungen geübt. Die Steuerverfassung ist durch
eine sür beide Herzogthümer gemeinschaftliche, von Dänemark ge¬
trennte Gesetzgebung geordnet. Die dänischen Zollverordnungen sind
verschieden von den Schleswig-Holstein gemeinschaftlichen Zollverord¬
nungen von 1803 und 1838. „Bei Berathung der Letzteren von
1838 erklärte die Schleswig'sche Ständeversammlung, daß man lieber
auf den freiem Verkehr mit dem Königreiche verzichten solle, wenn
derselbe nur unter der Bedingung der höheren Zollsätze zu erreichen
stände. Eine Folge der Zollverordnung von 1838, wodurch ein
freierer Verkehr zwischen den Herzogthümer» und Dänemark herge¬
stellt wurde, war die Einführung von dänischen Gewichte und Maße
für das Zollwesen der Herzogthümer. ^5) Die Gesetze für den




*) Klenze, die letzten Gründe.
Vergl. Hanffer- Das Aollwesen der Herzogthümer Schleswig u. Hol-
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[0448] die Lehnsform im deutschen Reiche war, so sehr die Neichöeinheit am Ende des achtzehnten Jahrhunderts auch aufgelöst und die Souve- ränetät der einzelnen Staaten anerkannt war, dennoch blieben eine allgemeine Reichsgesetzgebung und Reichstage, wie Reichsgerichte. Nichts von dem Allen zwischen Dänemark und Schleswig. Selbst bei der ursprünglichen nähern Verbindung ist doch keine eigentliche gemeinschaftliche Gesetzgebung vorhanden, sondern es können nur ein¬ zelne gemeinschaftliche Gesetze nachgewiesen werden." Dänemark ist durch seine Gesetzgebung ganz von Schleswig getrennt, besonders durch das „Danske Lor" von 1683, das noch jetzt die Grundlage für das dänische Staats- und Privatrecht bildet. Dagegen zeigt sich die innere Staatseinheit Schleswig-Holsteins in der beiden Herzog- thümern gemeinschaftlichen Gesetzgebung. Der auf dem Landtage von 1542 angenommenen Schleswig-holsteimschen Kirchenordnung folgte eine Reihe allgemeiner Schleswig-holsteinischer Kirchen- und Schul¬ verordnungen. Karl's V. peinliche Halsgerichtsordnung wurde auf dem Landtage von 161V für beide Herzogthümer angenommen und diese Verbindung durch allgemeine Schleswig-holsteinische criminal- rechtliche Verordnungen bis jetzt aufrecht erhalten. Die Polizeigesetz¬ gebung wurde von Dänemark getrennt. Sie wurde für beide Her¬ zogthümer auf den gemeinsamen Schleswig-holsteinischen Landtagen berathen und wird noch gegenwärtig durch für beide Herzogthümer gemeinsame Verordnungen geübt. Die Steuerverfassung ist durch eine sür beide Herzogthümer gemeinschaftliche, von Dänemark ge¬ trennte Gesetzgebung geordnet. Die dänischen Zollverordnungen sind verschieden von den Schleswig-Holstein gemeinschaftlichen Zollverord¬ nungen von 1803 und 1838. „Bei Berathung der Letzteren von 1838 erklärte die Schleswig'sche Ständeversammlung, daß man lieber auf den freiem Verkehr mit dem Königreiche verzichten solle, wenn derselbe nur unter der Bedingung der höheren Zollsätze zu erreichen stände. Eine Folge der Zollverordnung von 1838, wodurch ein freierer Verkehr zwischen den Herzogthümer» und Dänemark herge¬ stellt wurde, war die Einführung von dänischen Gewichte und Maße für das Zollwesen der Herzogthümer. ^5) Die Gesetze für den *) Klenze, die letzten Gründe. Vergl. Hanffer- Das Aollwesen der Herzogthümer Schleswig u. Hol-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/448>, abgerufen am 27.07.2024.