Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

während reinigen und verklären, sonst würde aller Fortschritt verneint,
bis eine neue Offenbarung erschiene." -- Daß der Redner, dem An¬
lasse gemäß, das Lob des Königs in gebührender Weise seinem Vor¬
trage einverleibt, versteht sich von selbst. Er thut dies in reiner, herz¬
licher Anerkennung der jedlen Eigenschaften des geistreichen Fürsten,
und die Lobesworte, an sich schon durch Wahrheit und Würde getra¬
gen, empfangen eine noch höhere Bedeutung durch den Freimuth, der
auch in nächster Nahe so scharf zu tadeln und zu rügen weiß. --

Solche Vorträge verdienen in der That ein freieres und schöne¬
res Leben, als das in den dicken Bänden der Schriften der Akademie
eingeschlossene; sie winden sich los von der schweren Masse und flie¬
gen auf eigenen Schwingen in den großen Verkehr der Nation wo
,X. sie ihrer guten Aufnahme versichert sind! --


/ V. '
Notizen.

Der Rheinische Beobachter. -- Mormona, von Kühne. - Sieben Jesuiten.
-- Der heilige Rock und was drum und dran hängt. -- Sylvester Jordan;
ein Kunststoss. --Mittel gegen Censurleiden.--Erklärung.

^- Professor Berche's "Rheinischer Beobachter" führt einen
ganz eigenthümlichen Ton, sowohl wenn er Nachrichten, wie wenn er
Berichtigungen bringt. Berche will über den Parteien stehen und
nur der "Wahrheit" dienen. Wenn er es einmal wagt, gegen Oben
so schneidig und schartig zu sein, wie er's gegen Unten ist, so wollen
wir an seine deutsche Geradheit und Wahrheitsliebe glauben. Auf¬
gefallen ist uns in letzter Zeit unter vielem Andern eine Berichtigung,
die der Rheinische Beobachter aus Frankfurt am Main zu Gunsten
des Senats gegen Dingelstedt's Monumententhüllungsberichte in der
Augsburger Allgemeinen brachte. Da war ein boshaftes Züngeln mit
"Herr Hofrath" und "Herr Nachtwächter", welches der Professorwürde
des Rheinischen Beobachters am wenigsten ansteht. Der Berichtiger
schien Dingelstedt bedeuten zu wollen, daß man jetzt, bei Liberalen,
wie bei Aristokraten, gegen ihn im Vortheil sei, und gleichsam zu
flüstern: "Sie sind jetzt Hofrath, Herr Dingelstedt, und haben gar
kein Recht mehr, gegen Autoritäten zu schreiben. Sie müssen nicht
glauben, daß Sie noch der kosmopolitische Nachtwächter sind."

-- Eine neue kleinere Production von Kühne finden wir, wo
man sie gewiß am wenigsten gesucht hätte, in Theodor Hell's "Pene-
lope" für 1845. Wie kommt dieser Tiefstnn in das goldschnittblinkende
Taschenbuch? -- Die Grasen de la Torre im Piemontestschm stan¬
den von je in einem seltsamen Verhältniß zu den Waldensern, deren


während reinigen und verklären, sonst würde aller Fortschritt verneint,
bis eine neue Offenbarung erschiene." — Daß der Redner, dem An¬
lasse gemäß, das Lob des Königs in gebührender Weise seinem Vor¬
trage einverleibt, versteht sich von selbst. Er thut dies in reiner, herz¬
licher Anerkennung der jedlen Eigenschaften des geistreichen Fürsten,
und die Lobesworte, an sich schon durch Wahrheit und Würde getra¬
gen, empfangen eine noch höhere Bedeutung durch den Freimuth, der
auch in nächster Nahe so scharf zu tadeln und zu rügen weiß. —

Solche Vorträge verdienen in der That ein freieres und schöne¬
res Leben, als das in den dicken Bänden der Schriften der Akademie
eingeschlossene; sie winden sich los von der schweren Masse und flie¬
gen auf eigenen Schwingen in den großen Verkehr der Nation wo
,X. sie ihrer guten Aufnahme versichert sind! —


/ V. '
Notizen.

Der Rheinische Beobachter. — Mormona, von Kühne. - Sieben Jesuiten.
— Der heilige Rock und was drum und dran hängt. — Sylvester Jordan;
ein Kunststoss. —Mittel gegen Censurleiden.—Erklärung.

^- Professor Berche's „Rheinischer Beobachter" führt einen
ganz eigenthümlichen Ton, sowohl wenn er Nachrichten, wie wenn er
Berichtigungen bringt. Berche will über den Parteien stehen und
nur der „Wahrheit" dienen. Wenn er es einmal wagt, gegen Oben
so schneidig und schartig zu sein, wie er's gegen Unten ist, so wollen
wir an seine deutsche Geradheit und Wahrheitsliebe glauben. Auf¬
gefallen ist uns in letzter Zeit unter vielem Andern eine Berichtigung,
die der Rheinische Beobachter aus Frankfurt am Main zu Gunsten
des Senats gegen Dingelstedt's Monumententhüllungsberichte in der
Augsburger Allgemeinen brachte. Da war ein boshaftes Züngeln mit
„Herr Hofrath" und „Herr Nachtwächter", welches der Professorwürde
des Rheinischen Beobachters am wenigsten ansteht. Der Berichtiger
schien Dingelstedt bedeuten zu wollen, daß man jetzt, bei Liberalen,
wie bei Aristokraten, gegen ihn im Vortheil sei, und gleichsam zu
flüstern: „Sie sind jetzt Hofrath, Herr Dingelstedt, und haben gar
kein Recht mehr, gegen Autoritäten zu schreiben. Sie müssen nicht
glauben, daß Sie noch der kosmopolitische Nachtwächter sind."

— Eine neue kleinere Production von Kühne finden wir, wo
man sie gewiß am wenigsten gesucht hätte, in Theodor Hell's „Pene-
lope" für 1845. Wie kommt dieser Tiefstnn in das goldschnittblinkende
Taschenbuch? — Die Grasen de la Torre im Piemontestschm stan¬
den von je in einem seltsamen Verhältniß zu den Waldensern, deren


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0433" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181617"/>
            <p xml:id="ID_1200" prev="#ID_1199"> während reinigen und verklären, sonst würde aller Fortschritt verneint,<lb/>
bis eine neue Offenbarung erschiene." &#x2014; Daß der Redner, dem An¬<lb/>
lasse gemäß, das Lob des Königs in gebührender Weise seinem Vor¬<lb/>
trage einverleibt, versteht sich von selbst. Er thut dies in reiner, herz¬<lb/>
licher Anerkennung der jedlen Eigenschaften des geistreichen Fürsten,<lb/>
und die Lobesworte, an sich schon durch Wahrheit und Würde getra¬<lb/>
gen, empfangen eine noch höhere Bedeutung durch den Freimuth, der<lb/>
auch in nächster Nahe so scharf zu tadeln und zu rügen weiß. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1201"> Solche Vorträge verdienen in der That ein freieres und schöne¬<lb/>
res Leben, als das in den dicken Bänden der Schriften der Akademie<lb/>
eingeschlossene; sie winden sich los von der schweren Masse und flie¬<lb/>
gen auf eigenen Schwingen in den großen Verkehr der Nation wo<lb/><note type="byline"> ,X.</note> sie ihrer guten Aufnahme versichert sind! &#x2014; </p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> / V. '<lb/>
Notizen.</head><lb/>
            <note type="argument"> Der Rheinische Beobachter. &#x2014; Mormona, von Kühne. - Sieben Jesuiten.<lb/>
&#x2014; Der heilige Rock und was drum und dran hängt. &#x2014; Sylvester Jordan;<lb/>
ein Kunststoss. &#x2014;Mittel gegen Censurleiden.&#x2014;Erklärung.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1202"> ^- Professor Berche's &#x201E;Rheinischer Beobachter" führt einen<lb/>
ganz eigenthümlichen Ton, sowohl wenn er Nachrichten, wie wenn er<lb/>
Berichtigungen bringt. Berche will über den Parteien stehen und<lb/>
nur der &#x201E;Wahrheit" dienen. Wenn er es einmal wagt, gegen Oben<lb/>
so schneidig und schartig zu sein, wie er's gegen Unten ist, so wollen<lb/>
wir an seine deutsche Geradheit und Wahrheitsliebe glauben. Auf¬<lb/>
gefallen ist uns in letzter Zeit unter vielem Andern eine Berichtigung,<lb/>
die der Rheinische Beobachter aus Frankfurt am Main zu Gunsten<lb/>
des Senats gegen Dingelstedt's Monumententhüllungsberichte in der<lb/>
Augsburger Allgemeinen brachte. Da war ein boshaftes Züngeln mit<lb/>
&#x201E;Herr Hofrath" und &#x201E;Herr Nachtwächter", welches der Professorwürde<lb/>
des Rheinischen Beobachters am wenigsten ansteht. Der Berichtiger<lb/>
schien Dingelstedt bedeuten zu wollen, daß man jetzt, bei Liberalen,<lb/>
wie bei Aristokraten, gegen ihn im Vortheil sei, und gleichsam zu<lb/>
flüstern: &#x201E;Sie sind jetzt Hofrath, Herr Dingelstedt, und haben gar<lb/>
kein Recht mehr, gegen Autoritäten zu schreiben. Sie müssen nicht<lb/>
glauben, daß Sie noch der kosmopolitische Nachtwächter sind."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1203" next="#ID_1204"> &#x2014; Eine neue kleinere Production von Kühne finden wir, wo<lb/>
man sie gewiß am wenigsten gesucht hätte, in Theodor Hell's &#x201E;Pene-<lb/>
lope" für 1845. Wie kommt dieser Tiefstnn in das goldschnittblinkende<lb/>
Taschenbuch? &#x2014; Die Grasen de la Torre im Piemontestschm stan¬<lb/>
den von je in einem seltsamen Verhältniß zu den Waldensern, deren</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0433] während reinigen und verklären, sonst würde aller Fortschritt verneint, bis eine neue Offenbarung erschiene." — Daß der Redner, dem An¬ lasse gemäß, das Lob des Königs in gebührender Weise seinem Vor¬ trage einverleibt, versteht sich von selbst. Er thut dies in reiner, herz¬ licher Anerkennung der jedlen Eigenschaften des geistreichen Fürsten, und die Lobesworte, an sich schon durch Wahrheit und Würde getra¬ gen, empfangen eine noch höhere Bedeutung durch den Freimuth, der auch in nächster Nahe so scharf zu tadeln und zu rügen weiß. — Solche Vorträge verdienen in der That ein freieres und schöne¬ res Leben, als das in den dicken Bänden der Schriften der Akademie eingeschlossene; sie winden sich los von der schweren Masse und flie¬ gen auf eigenen Schwingen in den großen Verkehr der Nation wo ,X. sie ihrer guten Aufnahme versichert sind! — / V. ' Notizen. Der Rheinische Beobachter. — Mormona, von Kühne. - Sieben Jesuiten. — Der heilige Rock und was drum und dran hängt. — Sylvester Jordan; ein Kunststoss. —Mittel gegen Censurleiden.—Erklärung. ^- Professor Berche's „Rheinischer Beobachter" führt einen ganz eigenthümlichen Ton, sowohl wenn er Nachrichten, wie wenn er Berichtigungen bringt. Berche will über den Parteien stehen und nur der „Wahrheit" dienen. Wenn er es einmal wagt, gegen Oben so schneidig und schartig zu sein, wie er's gegen Unten ist, so wollen wir an seine deutsche Geradheit und Wahrheitsliebe glauben. Auf¬ gefallen ist uns in letzter Zeit unter vielem Andern eine Berichtigung, die der Rheinische Beobachter aus Frankfurt am Main zu Gunsten des Senats gegen Dingelstedt's Monumententhüllungsberichte in der Augsburger Allgemeinen brachte. Da war ein boshaftes Züngeln mit „Herr Hofrath" und „Herr Nachtwächter", welches der Professorwürde des Rheinischen Beobachters am wenigsten ansteht. Der Berichtiger schien Dingelstedt bedeuten zu wollen, daß man jetzt, bei Liberalen, wie bei Aristokraten, gegen ihn im Vortheil sei, und gleichsam zu flüstern: „Sie sind jetzt Hofrath, Herr Dingelstedt, und haben gar kein Recht mehr, gegen Autoritäten zu schreiben. Sie müssen nicht glauben, daß Sie noch der kosmopolitische Nachtwächter sind." — Eine neue kleinere Production von Kühne finden wir, wo man sie gewiß am wenigsten gesucht hätte, in Theodor Hell's „Pene- lope" für 1845. Wie kommt dieser Tiefstnn in das goldschnittblinkende Taschenbuch? — Die Grasen de la Torre im Piemontestschm stan¬ den von je in einem seltsamen Verhältniß zu den Waldensern, deren

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/433
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/433>, abgerufen am 05.12.2024.