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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Vaison, so vortrefflich er im Uebrigen den Pugatscheff nahm und
gab, beging hier überdies den Mißgriff, den Schluß des Monologes
nicht etwa zweifelnd und grübelnd, im Tone des Schwankens und
des eigenen Unglaubens zu murmeln, sondern ihn, vermuthlich um dem
Autor Effect zu schaffen, mit klingendem Pathos in das Parterre zu
werfen. Es blieb aber mäuschenstill darin. In Paris wäre ein ein¬
ziger Passus dieser Art hinreichend, einem sonst ausgezeichneten Stück
den Todesstoß zu geben.'

Ueber den feierlichen Empfang der Asche C. M. v. Webers
werden Sie das Ausführlichste in den politischen Blattern gefunden
haben. Ich begnüge mich hier mit der Versicherung, daß dieser Act
der Pietät für einen großen Todten wirklich ergreifend und würdig
vorüberging. Die, welche bildliche Anschauung lieben, verweise ich auf
einen bald erscheinenden Artikel der "Jllustrirten Zeitung."


IV.
Eine Rede von Böckh*).

Die alljährliche Wiederkehr solcher Festtage, welche durch öffent¬
liche Reden zu feiern den Akademikern auferlegt ist, muß auch den
rüstigsten und gewandtesten Wortführer endlich aus dem Fahrwasser
und aus's Trockne bringen. Die Franzosen suchten in solchen Fällen
sich durch die Blüthe des Ausdrucks, durch die Feinheit und Kraft
der Anspielungen zu helfen, und es ist nicht zu läugnen, sie haben in
dieser Kunst der vorgeschriebenen Gelcgcnheitsrcde wahre Meisterstücke
geliefert, die ganz um ihrer selbst willen gelesen und aufbewahrt wer¬
den. Die Deutschen pflegten sich in die Tiefen der Gelehrsamkeit zu
retten, sprachen von einer schweren Stelle in einem classischen Autor,
untersuchten eine Alterthümlichkeit, und flickten dann das für den Fest¬
tag nöthige Lob in einem Schwall übertriebenster Redensarten an.
Das mußte für gut gelten. -- In ganz anderer Weise verfährt der
treffliche Redner, dessen neuesten in der Akademie der Wissenschafte"!
zu Berlin gehaltenen Vortrag wir hier ankündigen. Ihm fehlt es
nicht an Kraft und Anmuth der Sprache, die er mit Feinheit und
Sicherheit zu handhaben weiß; ihm fehlt es eben so wenig an Fülle
der tiefsten Gelehrsamkeit, deren dunkelste Gegenstände an seinem Scharf¬
blicke sich erhellen; aber das eine wie das andere wird hier zur Neben¬
sache, er hat einen höheren und würdigeren Weg eingeschlagen: seine
Gelegenheitsrede macht es sich zur Ausgabe, das Fest, das ihr zu fci-



Ueber das Verhältniß der Wissenschaft zum Leben. Akademische Ein¬
leitungsrede von August Böckh. (Zur Feier des Gevurtsscstes des Königs.)
Berlin, 1844.

Vaison, so vortrefflich er im Uebrigen den Pugatscheff nahm und
gab, beging hier überdies den Mißgriff, den Schluß des Monologes
nicht etwa zweifelnd und grübelnd, im Tone des Schwankens und
des eigenen Unglaubens zu murmeln, sondern ihn, vermuthlich um dem
Autor Effect zu schaffen, mit klingendem Pathos in das Parterre zu
werfen. Es blieb aber mäuschenstill darin. In Paris wäre ein ein¬
ziger Passus dieser Art hinreichend, einem sonst ausgezeichneten Stück
den Todesstoß zu geben.'

Ueber den feierlichen Empfang der Asche C. M. v. Webers
werden Sie das Ausführlichste in den politischen Blattern gefunden
haben. Ich begnüge mich hier mit der Versicherung, daß dieser Act
der Pietät für einen großen Todten wirklich ergreifend und würdig
vorüberging. Die, welche bildliche Anschauung lieben, verweise ich auf
einen bald erscheinenden Artikel der „Jllustrirten Zeitung."


IV.
Eine Rede von Böckh*).

Die alljährliche Wiederkehr solcher Festtage, welche durch öffent¬
liche Reden zu feiern den Akademikern auferlegt ist, muß auch den
rüstigsten und gewandtesten Wortführer endlich aus dem Fahrwasser
und aus's Trockne bringen. Die Franzosen suchten in solchen Fällen
sich durch die Blüthe des Ausdrucks, durch die Feinheit und Kraft
der Anspielungen zu helfen, und es ist nicht zu läugnen, sie haben in
dieser Kunst der vorgeschriebenen Gelcgcnheitsrcde wahre Meisterstücke
geliefert, die ganz um ihrer selbst willen gelesen und aufbewahrt wer¬
den. Die Deutschen pflegten sich in die Tiefen der Gelehrsamkeit zu
retten, sprachen von einer schweren Stelle in einem classischen Autor,
untersuchten eine Alterthümlichkeit, und flickten dann das für den Fest¬
tag nöthige Lob in einem Schwall übertriebenster Redensarten an.
Das mußte für gut gelten. — In ganz anderer Weise verfährt der
treffliche Redner, dessen neuesten in der Akademie der Wissenschafte»!
zu Berlin gehaltenen Vortrag wir hier ankündigen. Ihm fehlt es
nicht an Kraft und Anmuth der Sprache, die er mit Feinheit und
Sicherheit zu handhaben weiß; ihm fehlt es eben so wenig an Fülle
der tiefsten Gelehrsamkeit, deren dunkelste Gegenstände an seinem Scharf¬
blicke sich erhellen; aber das eine wie das andere wird hier zur Neben¬
sache, er hat einen höheren und würdigeren Weg eingeschlagen: seine
Gelegenheitsrede macht es sich zur Ausgabe, das Fest, das ihr zu fci-



Ueber das Verhältniß der Wissenschaft zum Leben. Akademische Ein¬
leitungsrede von August Böckh. (Zur Feier des Gevurtsscstes des Königs.)
Berlin, 1844.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/430>, abgerufen am 05.12.2024.