Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.der Gemeine eine halbe Tonne Bier geben. Wer die Gribben und Aehnliche Strafbestimmungen, wie die oben angeführten, finden der Gemeine eine halbe Tonne Bier geben. Wer die Gribben und Aehnliche Strafbestimmungen, wie die oben angeführten, finden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181594"/> <p xml:id="ID_1154" prev="#ID_1153"> der Gemeine eine halbe Tonne Bier geben. Wer die Gribben und<lb/> Gräben bei der Winter- oder Sommersaat nicht aufgemacht, soll der<lb/> Gemeine eine viertel Tonne Bier zur Strafe gebe». Wer zwischen<lb/> dem Korn hütet, soll der Gemeine ein Viertel Bier geben und den<lb/> Schaden nach Würdigung des Schulzen und der Gemeine crscz-<lb/> zen. Die Wiesen soll Niemand behüten, bis das Heu abgeführt,<lb/> bei ein Viertel Bier Strafe, „wie denn auch die Gemeinde zusam¬<lb/> men auf einem Ort zu mähen schuldig ist." Noch gegenwärtig wird<lb/> in manchen Dörfern Sonntags nach der Predigt auf dem Kirchhofe<lb/> von der Gemeinde berathen, wann und wo im Felde oder auf Wie¬<lb/> sen gemäht oder gepflügt werden soll. Die ganze Gemeinde zieht<lb/> dann gleichzeitig hinaus, besonders beim Noggenmähen, in den „Rog¬<lb/> gen ause", Sensen und Harken, Mäher und Binderinnen reich bebän¬<lb/> dert und festlich geschmückt, klingendes Spiel vorauf, das „Austbcer"<lb/> im Gefolge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155" next="#ID_1156"> Aehnliche Strafbestimmungen, wie die oben angeführten, finden<lb/> sich in anderen Dorfordnungen. In einer von 1730 findet sich aber<lb/> schon hochobrigkeitlich verordnet, daß „die gefallenen Strafgelder hin-<lb/> führo nicht weiter, als leider vordem geschehen, vertrunken, son¬<lb/> dern in einer Sparbüchse verwahrt und der ganzen Gemeine zu<lb/> Nutzen oder zur Erkaufung eines Gemeindestiers angewendet wer¬<lb/> den." Das Nützlichkeitsprincip der nüchternen Zopfzeit des achtzehn¬<lb/> ten Jahrhunderts bemühte sich vergebens, die heitere Volks- und Le<<lb/> benslust der Vorzeit zu unterdrücken. Wenn auch gesetzlich eine Tonne<lb/> Bier nicht mehr als Strafe erkannt wird, so wird doch noch manche<lb/> Tonne Bier als Strafe gegeben. Die Sitte ist mächtiger als die<lb/> Polizei. Früh schon bemüht sich die Bevormundungssucht den Ge¬<lb/> nuß des Bieres zu beschränken, zu vermindern. Wie die Bevor¬<lb/> mundungstheorie der hohem Classen in unserer Zeit, indem sie den<lb/> „niedern Ständen" einen Küchenzettel auszuarbeiten bemüht ist, in<lb/> Mäßigkeitsvereinen gegen den Branntwein zu Felde zieht, so wurde<lb/> früher der Bierverbrauch durch Gesetze bekämpft. Freilich sind die<lb/> Klagen über den Branntwein auch nicht neu. Die Maßdorf'sche<lb/> Vogtgedingöordmmg von 1582 bestimmt Z. 18: „Weil auch das<lb/> Branntweinsaufen sehr einreißet, und etzliche das Ihrige vollends<lb/> daran setzen, so soll der Branntwein bei Verlust desselben, auch bei</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
der Gemeine eine halbe Tonne Bier geben. Wer die Gribben und
Gräben bei der Winter- oder Sommersaat nicht aufgemacht, soll der
Gemeine eine viertel Tonne Bier zur Strafe gebe». Wer zwischen
dem Korn hütet, soll der Gemeine ein Viertel Bier geben und den
Schaden nach Würdigung des Schulzen und der Gemeine crscz-
zen. Die Wiesen soll Niemand behüten, bis das Heu abgeführt,
bei ein Viertel Bier Strafe, „wie denn auch die Gemeinde zusam¬
men auf einem Ort zu mähen schuldig ist." Noch gegenwärtig wird
in manchen Dörfern Sonntags nach der Predigt auf dem Kirchhofe
von der Gemeinde berathen, wann und wo im Felde oder auf Wie¬
sen gemäht oder gepflügt werden soll. Die ganze Gemeinde zieht
dann gleichzeitig hinaus, besonders beim Noggenmähen, in den „Rog¬
gen ause", Sensen und Harken, Mäher und Binderinnen reich bebän¬
dert und festlich geschmückt, klingendes Spiel vorauf, das „Austbcer"
im Gefolge.
Aehnliche Strafbestimmungen, wie die oben angeführten, finden
sich in anderen Dorfordnungen. In einer von 1730 findet sich aber
schon hochobrigkeitlich verordnet, daß „die gefallenen Strafgelder hin-
führo nicht weiter, als leider vordem geschehen, vertrunken, son¬
dern in einer Sparbüchse verwahrt und der ganzen Gemeine zu
Nutzen oder zur Erkaufung eines Gemeindestiers angewendet wer¬
den." Das Nützlichkeitsprincip der nüchternen Zopfzeit des achtzehn¬
ten Jahrhunderts bemühte sich vergebens, die heitere Volks- und Le<
benslust der Vorzeit zu unterdrücken. Wenn auch gesetzlich eine Tonne
Bier nicht mehr als Strafe erkannt wird, so wird doch noch manche
Tonne Bier als Strafe gegeben. Die Sitte ist mächtiger als die
Polizei. Früh schon bemüht sich die Bevormundungssucht den Ge¬
nuß des Bieres zu beschränken, zu vermindern. Wie die Bevor¬
mundungstheorie der hohem Classen in unserer Zeit, indem sie den
„niedern Ständen" einen Küchenzettel auszuarbeiten bemüht ist, in
Mäßigkeitsvereinen gegen den Branntwein zu Felde zieht, so wurde
früher der Bierverbrauch durch Gesetze bekämpft. Freilich sind die
Klagen über den Branntwein auch nicht neu. Die Maßdorf'sche
Vogtgedingöordmmg von 1582 bestimmt Z. 18: „Weil auch das
Branntweinsaufen sehr einreißet, und etzliche das Ihrige vollends
daran setzen, so soll der Branntwein bei Verlust desselben, auch bei
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