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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Beide den Glanz der Ausstellung ausmachen, werde ich zu den Hi¬
storienbildern zurückkehren, welche nach und nach eintreffen und un¬
ter denen sich auch ein Bild von Lessing befindet, auf das seine
Freunde lange und sehnsuchtsvoll geharrt haben.

Das Resultat der vergangenen Jahre wäre in kurzen Worten
zusammen zu fassen. Ein allgemeiner Fortschritt springt auffallend
in die Augen: die immer größere Vollendung der Technik, die von
hoher Bedeutung insofern ist, als die Technik allein künftig nicht
mehr bestehen wird, wenn sie sich in den besseren Künstlern mit dem
Geistigen paart. --


II.

Das Genre. -- Die Sehnsucht nach Italien. -- Riedel. -- Der gekrönte
Schüler. -- Pistorius. -- Rabe. -- Otto Meier. -- Bouterweck, Kretschmer,
Begas, Kloeber. -- Jakob Becker. -- Ritter. -- Hasenclever. -- Hühner. --
PeterSchwingen. -- Rudolph Jordan. -- Emil Ebers. -- Schrödter's Eulen¬
spiegel. -- Bendir, Meicrhcim, Hosemann u. s. w. -- Ausländer.

Eh' ich zu den wahrhaft deutschen Genrebildern hintrete, muß
ich einer gewissermaßen idealen Richtung des Genres erwähnen, der
unsre Künstler seit langer Zeit und, leider oft dem Hergebrachten fol¬
gend, huldigen. Ich meine die Schilderung aus dem italienischen
Volksleben. -- Jeder junge Künstler zieht, wenn es seine Mittel '
irgend erlauben, nach halb vollendetem Studium gen Süden, in das
gelobte Land der Kunst, nach Italien. Das ist ein Mißbrauch, auf
den man schon längst hätte hindeuten sollen. Diese jungen Herren
glauben, sobald sie Rom betreten haben, größere Künstler zu sein,
als da sie noch in ihrem lieben Deutschland weilten. Weit entfernt,
die Vorzüge aus den Augen zu setzen, welche Italien für die Aus-
bildung eines Künstlers besitzt, bin ich doch unbedingt der Meinung,
daß Jemand, der noch als halber Schüler nach Italien geht, eben
so schwach, ja schwächer zurückkehrt, als er ging. Er wird über¬
strömt von der Masse des Schönen, welche er noch nicht die Kraft
hat gehörig zu empfangen und zu verarbeiten. Ist er einigermaßen
durch die Rathschläge befreundeter Künstler zu sich gekommen, so
macht er seine Studien, und bald zählt er sich zu jenen Unzähligen,
welche hübsche Frascatanerinnen schlecht malen und schone italienische
Gegenden durch ihren Pinsel verspotten. -- Auf der heurigen Aus-
stellung fällt die Schwachheit dieser deutsch-italienischen Bilder beson-
-


Grcnzbolen lSäi. II. 4g

Beide den Glanz der Ausstellung ausmachen, werde ich zu den Hi¬
storienbildern zurückkehren, welche nach und nach eintreffen und un¬
ter denen sich auch ein Bild von Lessing befindet, auf das seine
Freunde lange und sehnsuchtsvoll geharrt haben.

Das Resultat der vergangenen Jahre wäre in kurzen Worten
zusammen zu fassen. Ein allgemeiner Fortschritt springt auffallend
in die Augen: die immer größere Vollendung der Technik, die von
hoher Bedeutung insofern ist, als die Technik allein künftig nicht
mehr bestehen wird, wenn sie sich in den besseren Künstlern mit dem
Geistigen paart. —


II.

Das Genre. — Die Sehnsucht nach Italien. — Riedel. — Der gekrönte
Schüler. — Pistorius. — Rabe. — Otto Meier. — Bouterweck, Kretschmer,
Begas, Kloeber. — Jakob Becker. — Ritter. — Hasenclever. — Hühner. —
PeterSchwingen. — Rudolph Jordan. — Emil Ebers. — Schrödter's Eulen¬
spiegel. — Bendir, Meicrhcim, Hosemann u. s. w. — Ausländer.

Eh' ich zu den wahrhaft deutschen Genrebildern hintrete, muß
ich einer gewissermaßen idealen Richtung des Genres erwähnen, der
unsre Künstler seit langer Zeit und, leider oft dem Hergebrachten fol¬
gend, huldigen. Ich meine die Schilderung aus dem italienischen
Volksleben. — Jeder junge Künstler zieht, wenn es seine Mittel '
irgend erlauben, nach halb vollendetem Studium gen Süden, in das
gelobte Land der Kunst, nach Italien. Das ist ein Mißbrauch, auf
den man schon längst hätte hindeuten sollen. Diese jungen Herren
glauben, sobald sie Rom betreten haben, größere Künstler zu sein,
als da sie noch in ihrem lieben Deutschland weilten. Weit entfernt,
die Vorzüge aus den Augen zu setzen, welche Italien für die Aus-
bildung eines Künstlers besitzt, bin ich doch unbedingt der Meinung,
daß Jemand, der noch als halber Schüler nach Italien geht, eben
so schwach, ja schwächer zurückkehrt, als er ging. Er wird über¬
strömt von der Masse des Schönen, welche er noch nicht die Kraft
hat gehörig zu empfangen und zu verarbeiten. Ist er einigermaßen
durch die Rathschläge befreundeter Künstler zu sich gekommen, so
macht er seine Studien, und bald zählt er sich zu jenen Unzähligen,
welche hübsche Frascatanerinnen schlecht malen und schone italienische
Gegenden durch ihren Pinsel verspotten. — Auf der heurigen Aus-
stellung fällt die Schwachheit dieser deutsch-italienischen Bilder beson-
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Grcnzbolen lSäi. II. 4g
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[0365] Beide den Glanz der Ausstellung ausmachen, werde ich zu den Hi¬ storienbildern zurückkehren, welche nach und nach eintreffen und un¬ ter denen sich auch ein Bild von Lessing befindet, auf das seine Freunde lange und sehnsuchtsvoll geharrt haben. Das Resultat der vergangenen Jahre wäre in kurzen Worten zusammen zu fassen. Ein allgemeiner Fortschritt springt auffallend in die Augen: die immer größere Vollendung der Technik, die von hoher Bedeutung insofern ist, als die Technik allein künftig nicht mehr bestehen wird, wenn sie sich in den besseren Künstlern mit dem Geistigen paart. — II. Das Genre. — Die Sehnsucht nach Italien. — Riedel. — Der gekrönte Schüler. — Pistorius. — Rabe. — Otto Meier. — Bouterweck, Kretschmer, Begas, Kloeber. — Jakob Becker. — Ritter. — Hasenclever. — Hühner. — PeterSchwingen. — Rudolph Jordan. — Emil Ebers. — Schrödter's Eulen¬ spiegel. — Bendir, Meicrhcim, Hosemann u. s. w. — Ausländer. Eh' ich zu den wahrhaft deutschen Genrebildern hintrete, muß ich einer gewissermaßen idealen Richtung des Genres erwähnen, der unsre Künstler seit langer Zeit und, leider oft dem Hergebrachten fol¬ gend, huldigen. Ich meine die Schilderung aus dem italienischen Volksleben. — Jeder junge Künstler zieht, wenn es seine Mittel ' irgend erlauben, nach halb vollendetem Studium gen Süden, in das gelobte Land der Kunst, nach Italien. Das ist ein Mißbrauch, auf den man schon längst hätte hindeuten sollen. Diese jungen Herren glauben, sobald sie Rom betreten haben, größere Künstler zu sein, als da sie noch in ihrem lieben Deutschland weilten. Weit entfernt, die Vorzüge aus den Augen zu setzen, welche Italien für die Aus- bildung eines Künstlers besitzt, bin ich doch unbedingt der Meinung, daß Jemand, der noch als halber Schüler nach Italien geht, eben so schwach, ja schwächer zurückkehrt, als er ging. Er wird über¬ strömt von der Masse des Schönen, welche er noch nicht die Kraft hat gehörig zu empfangen und zu verarbeiten. Ist er einigermaßen durch die Rathschläge befreundeter Künstler zu sich gekommen, so macht er seine Studien, und bald zählt er sich zu jenen Unzähligen, welche hübsche Frascatanerinnen schlecht malen und schone italienische Gegenden durch ihren Pinsel verspotten. — Auf der heurigen Aus- stellung fällt die Schwachheit dieser deutsch-italienischen Bilder beson- - Grcnzbolen lSäi. II. 4g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/365>, abgerufen am 01.09.2024.