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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Heinrich IV. bei Kaiserswerth. Höchstens ein wenig besser
gemalt, d. h. gemacht. Wir haben auch die Bilder zweier Kaiser
hier, die für den Kaisersaal in Frankfurt bestimmt sind. Kaiser Wenzel
von Professor Hensel und Kaiser Heinrich III. von H. Stil¬
le. Hier muß ich dem Referenten der Vossischen Zeitung entschieden
entgegentreten. Er meint, die Auffassung müsse hier eine monumen¬
tale sein, wie in Heinrich III. von Stille, da ihre Bestimmung ge¬
wissermaßen eine monumentale sei. Er tadelt es, daß Professor Hen¬
sel den Wenzel zu gewöhnlich dargestellt hat; der Maler hatte darin
ein ganz richtiges Gefühl, -- er gibt uns den Kaiser, wie er im
Begriff ist, seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, nachzugehen. --
Seine Kleidung ist einfach männlich und passend, dennoch ist in die¬
ser hohen schönen Gestalt Würde und.Hoheit genug, um dreist neben
dem feierlich mit dem Krönungsornate angethanen Heinrich III. be¬
stehen zu können. Es ist wohl ziemlich natürlich, daß die meisten Maler
der Hunderte von Kaiserbildern im Nömersaal ihren Kaiserfiguren
jenes hohe kaiserliche Pathos gegeben haben, den Stille's Heinrich
besitzt. Da kann es denn nicht fehlen', daß Hensel's Wenzel wie
ein Lebender aus den Todten heraustreten muß, weil ihm eben das
Monumentale der Darstellung, was der Referent an Heinrich III.
lobt, abgeht. Auch die Technik Hensel's in diesem Bilde wird von
der Bossischen im Vergleich zu Stille's nicht gehörig anerkannt. Man
findet ihn mit ein Paar Worten ab: Das Streben nach Rubens'-
scher Kraft ist anzuerkennen. Das ist nicht genug. Der Malerstrebte
nicht nur darnach, es glückte ihm auch, und das auf eine ganz be¬
wunderungswürdige Weise. Die Pinselführung ist wirklich grandios
zu nennen, die Modellirung der ganzen Figur ist so kräftig aus ei¬
nem Stück, daß sie einen wohlthuend frischen Eindruck macht. --
Ehe ich zu dem Nest besserer historischer Bilder übergehe, muß ich
noch einige erwähnen, deren Anspruch auf den Namen: historisches
Bild, nicht ganz klar ist. Zu ihnen gehört ein Bild von Köhler
in Düsseldorf, das bei all der wunderschönen Technik, welche
wir schon in seiner Hagar anerkannten, doch nicht befriedigt. Ein
schönes, üppiges Weib, das mit der Toilette vor ihrem Spiegel be¬
schäftigt ist, während ihr unbemerkt und selbst dem Beschauer nur wie
im Traume bemerkbar, der Teufel höhnisch lächelnd zusieht. Freilich ist
.es keine Sünde, daß ein schönes Weib sich putzt, und der Teufel


Heinrich IV. bei Kaiserswerth. Höchstens ein wenig besser
gemalt, d. h. gemacht. Wir haben auch die Bilder zweier Kaiser
hier, die für den Kaisersaal in Frankfurt bestimmt sind. Kaiser Wenzel
von Professor Hensel und Kaiser Heinrich III. von H. Stil¬
le. Hier muß ich dem Referenten der Vossischen Zeitung entschieden
entgegentreten. Er meint, die Auffassung müsse hier eine monumen¬
tale sein, wie in Heinrich III. von Stille, da ihre Bestimmung ge¬
wissermaßen eine monumentale sei. Er tadelt es, daß Professor Hen¬
sel den Wenzel zu gewöhnlich dargestellt hat; der Maler hatte darin
ein ganz richtiges Gefühl, — er gibt uns den Kaiser, wie er im
Begriff ist, seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, nachzugehen. —
Seine Kleidung ist einfach männlich und passend, dennoch ist in die¬
ser hohen schönen Gestalt Würde und.Hoheit genug, um dreist neben
dem feierlich mit dem Krönungsornate angethanen Heinrich III. be¬
stehen zu können. Es ist wohl ziemlich natürlich, daß die meisten Maler
der Hunderte von Kaiserbildern im Nömersaal ihren Kaiserfiguren
jenes hohe kaiserliche Pathos gegeben haben, den Stille's Heinrich
besitzt. Da kann es denn nicht fehlen', daß Hensel's Wenzel wie
ein Lebender aus den Todten heraustreten muß, weil ihm eben das
Monumentale der Darstellung, was der Referent an Heinrich III.
lobt, abgeht. Auch die Technik Hensel's in diesem Bilde wird von
der Bossischen im Vergleich zu Stille's nicht gehörig anerkannt. Man
findet ihn mit ein Paar Worten ab: Das Streben nach Rubens'-
scher Kraft ist anzuerkennen. Das ist nicht genug. Der Malerstrebte
nicht nur darnach, es glückte ihm auch, und das auf eine ganz be¬
wunderungswürdige Weise. Die Pinselführung ist wirklich grandios
zu nennen, die Modellirung der ganzen Figur ist so kräftig aus ei¬
nem Stück, daß sie einen wohlthuend frischen Eindruck macht. —
Ehe ich zu dem Nest besserer historischer Bilder übergehe, muß ich
noch einige erwähnen, deren Anspruch auf den Namen: historisches
Bild, nicht ganz klar ist. Zu ihnen gehört ein Bild von Köhler
in Düsseldorf, das bei all der wunderschönen Technik, welche
wir schon in seiner Hagar anerkannten, doch nicht befriedigt. Ein
schönes, üppiges Weib, das mit der Toilette vor ihrem Spiegel be¬
schäftigt ist, während ihr unbemerkt und selbst dem Beschauer nur wie
im Traume bemerkbar, der Teufel höhnisch lächelnd zusieht. Freilich ist
.es keine Sünde, daß ein schönes Weib sich putzt, und der Teufel


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[0360] Heinrich IV. bei Kaiserswerth. Höchstens ein wenig besser gemalt, d. h. gemacht. Wir haben auch die Bilder zweier Kaiser hier, die für den Kaisersaal in Frankfurt bestimmt sind. Kaiser Wenzel von Professor Hensel und Kaiser Heinrich III. von H. Stil¬ le. Hier muß ich dem Referenten der Vossischen Zeitung entschieden entgegentreten. Er meint, die Auffassung müsse hier eine monumen¬ tale sein, wie in Heinrich III. von Stille, da ihre Bestimmung ge¬ wissermaßen eine monumentale sei. Er tadelt es, daß Professor Hen¬ sel den Wenzel zu gewöhnlich dargestellt hat; der Maler hatte darin ein ganz richtiges Gefühl, — er gibt uns den Kaiser, wie er im Begriff ist, seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, nachzugehen. — Seine Kleidung ist einfach männlich und passend, dennoch ist in die¬ ser hohen schönen Gestalt Würde und.Hoheit genug, um dreist neben dem feierlich mit dem Krönungsornate angethanen Heinrich III. be¬ stehen zu können. Es ist wohl ziemlich natürlich, daß die meisten Maler der Hunderte von Kaiserbildern im Nömersaal ihren Kaiserfiguren jenes hohe kaiserliche Pathos gegeben haben, den Stille's Heinrich besitzt. Da kann es denn nicht fehlen', daß Hensel's Wenzel wie ein Lebender aus den Todten heraustreten muß, weil ihm eben das Monumentale der Darstellung, was der Referent an Heinrich III. lobt, abgeht. Auch die Technik Hensel's in diesem Bilde wird von der Bossischen im Vergleich zu Stille's nicht gehörig anerkannt. Man findet ihn mit ein Paar Worten ab: Das Streben nach Rubens'- scher Kraft ist anzuerkennen. Das ist nicht genug. Der Malerstrebte nicht nur darnach, es glückte ihm auch, und das auf eine ganz be¬ wunderungswürdige Weise. Die Pinselführung ist wirklich grandios zu nennen, die Modellirung der ganzen Figur ist so kräftig aus ei¬ nem Stück, daß sie einen wohlthuend frischen Eindruck macht. — Ehe ich zu dem Nest besserer historischer Bilder übergehe, muß ich noch einige erwähnen, deren Anspruch auf den Namen: historisches Bild, nicht ganz klar ist. Zu ihnen gehört ein Bild von Köhler in Düsseldorf, das bei all der wunderschönen Technik, welche wir schon in seiner Hagar anerkannten, doch nicht befriedigt. Ein schönes, üppiges Weib, das mit der Toilette vor ihrem Spiegel be¬ schäftigt ist, während ihr unbemerkt und selbst dem Beschauer nur wie im Traume bemerkbar, der Teufel höhnisch lächelnd zusieht. Freilich ist .es keine Sünde, daß ein schönes Weib sich putzt, und der Teufel

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/360>, abgerufen am 28.07.2024.