Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Säufer waren. -- Allein, wenn ich auch gestehen muß. daß die hohe
General-Artillerie-Direction oft durch falsche Eingaben hintergangen
wird, so kann man es doch dieser Stelle nicht zur Last legen.
ee--

Lieutenant. Daß man di GneralArtillerieDirection nicht
für alle Mißgriffe verantwortlich machen kann, der Meinung bin ich
selbst; aber daß selbe wenigstens jene Individuen kennen sollte, von
welchen die Avancementsvorschläge ausgehen, ist gewiß richtig, und
man würde dann auch den Geist, welcher einen solchen Vorgesetzten
bei seinen Vorschlägen leitet, besser beurtheilen und berücksichtigen ler¬
nen. Man würde Mittel finden, um jede parteiische Schätzung der
untergeordneten Individuen, wenn nicht ganz unmöglich, doch seltener
zu machen und Ungerechtigkeiten vorzubeugen, die nicht nur Unmuth
und Unzufriedenheit erregen, sondern die das Erlangen von Offi¬
zierschargen unwürdigen Individuen erleichtern. Ueberdies kann man
der General-Artillerie-Direction gar nicht den Vorwurf ersparen
daß sie mit den untersten Offizicrschargen theils aus Gutherzigkeit^
theils aus ungenügsamen Gründen zu freigebig ist. Unteroffizier/,
die sich persönlich empfohlen, oder um Berücksichtigung baten, wurden'
nicht selten in Vormerkung genommen und Offiziere. Empfehlungen
von hochgestellten Personen oder Anverwandten werden beachtet, weil
es sich nur um eine unbedeutende Lieutenantscharge handelt, die aber
höhere Chargen im Schooße trägt, und darum werden auch unpar¬
teiische Vorschläge gerechter uns einsichtsvoller Vorgesetzten zu nichte.
Der zweite große Uebelstand ist, daß, wenn eine Stelle erledigt- ist,
man ohne Rücksicht auf die Befähigung eines Individuums oft den
ersten besten, der im Range nachfolgt, hiezu ernennt; doch davon
werde ich später sprechen.

Mein Herr. Wenn ich Ihnen in Allem Recht gebe, so kann
ich Ihnen nicht darin beistimmen, daß unser gnädigster Chef, Se.
kaiserliche Hoheit, der Erzherzog Ludwig, sich einer Parteilichkeit schul¬
dig machen würde. Vielleicht geschehen Mißgriffe, weil die hohe
General-Artillerie-Direction mit zu vielen und wichtigen Geschäften
überhäuft ist, um sich mit der Besetzung einer Unterlieutenantscharge
mit solcher Vorsicht zu beschäftigen, als wenn es sich um die Besez-
zung eines commandirenden Generals handelte.

Lieutenant. Gott bewahre, daß ich Jemandem direct die
Schuld beimessen wollte. Die Mißbräuche liegen in der seit Jahren


Säufer waren. — Allein, wenn ich auch gestehen muß. daß die hohe
General-Artillerie-Direction oft durch falsche Eingaben hintergangen
wird, so kann man es doch dieser Stelle nicht zur Last legen.
ee--

Lieutenant. Daß man di GneralArtillerieDirection nicht
für alle Mißgriffe verantwortlich machen kann, der Meinung bin ich
selbst; aber daß selbe wenigstens jene Individuen kennen sollte, von
welchen die Avancementsvorschläge ausgehen, ist gewiß richtig, und
man würde dann auch den Geist, welcher einen solchen Vorgesetzten
bei seinen Vorschlägen leitet, besser beurtheilen und berücksichtigen ler¬
nen. Man würde Mittel finden, um jede parteiische Schätzung der
untergeordneten Individuen, wenn nicht ganz unmöglich, doch seltener
zu machen und Ungerechtigkeiten vorzubeugen, die nicht nur Unmuth
und Unzufriedenheit erregen, sondern die das Erlangen von Offi¬
zierschargen unwürdigen Individuen erleichtern. Ueberdies kann man
der General-Artillerie-Direction gar nicht den Vorwurf ersparen
daß sie mit den untersten Offizicrschargen theils aus Gutherzigkeit^
theils aus ungenügsamen Gründen zu freigebig ist. Unteroffizier/,
die sich persönlich empfohlen, oder um Berücksichtigung baten, wurden'
nicht selten in Vormerkung genommen und Offiziere. Empfehlungen
von hochgestellten Personen oder Anverwandten werden beachtet, weil
es sich nur um eine unbedeutende Lieutenantscharge handelt, die aber
höhere Chargen im Schooße trägt, und darum werden auch unpar¬
teiische Vorschläge gerechter uns einsichtsvoller Vorgesetzten zu nichte.
Der zweite große Uebelstand ist, daß, wenn eine Stelle erledigt- ist,
man ohne Rücksicht auf die Befähigung eines Individuums oft den
ersten besten, der im Range nachfolgt, hiezu ernennt; doch davon
werde ich später sprechen.

Mein Herr. Wenn ich Ihnen in Allem Recht gebe, so kann
ich Ihnen nicht darin beistimmen, daß unser gnädigster Chef, Se.
kaiserliche Hoheit, der Erzherzog Ludwig, sich einer Parteilichkeit schul¬
dig machen würde. Vielleicht geschehen Mißgriffe, weil die hohe
General-Artillerie-Direction mit zu vielen und wichtigen Geschäften
überhäuft ist, um sich mit der Besetzung einer Unterlieutenantscharge
mit solcher Vorsicht zu beschäftigen, als wenn es sich um die Besez-
zung eines commandirenden Generals handelte.

Lieutenant. Gott bewahre, daß ich Jemandem direct die
Schuld beimessen wollte. Die Mißbräuche liegen in der seit Jahren


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181529"/>
            <p xml:id="ID_994" prev="#ID_993"> Säufer waren. &#x2014; Allein, wenn ich auch gestehen muß. daß die hohe<lb/>
General-Artillerie-Direction oft durch falsche Eingaben hintergangen<lb/>
wird, so kann man es doch dieser Stelle nicht zur Last legen.<lb/>
ee--</p><lb/>
            <p xml:id="ID_995"> Lieutenant. Daß man di GneralArtillerieDirection nicht<lb/>
für alle Mißgriffe verantwortlich machen kann, der Meinung bin ich<lb/>
selbst; aber daß selbe wenigstens jene Individuen kennen sollte, von<lb/>
welchen die Avancementsvorschläge ausgehen, ist gewiß richtig, und<lb/>
man würde dann auch den Geist, welcher einen solchen Vorgesetzten<lb/>
bei seinen Vorschlägen leitet, besser beurtheilen und berücksichtigen ler¬<lb/>
nen. Man würde Mittel finden, um jede parteiische Schätzung der<lb/>
untergeordneten Individuen, wenn nicht ganz unmöglich, doch seltener<lb/>
zu machen und Ungerechtigkeiten vorzubeugen, die nicht nur Unmuth<lb/>
und Unzufriedenheit erregen, sondern die das Erlangen von Offi¬<lb/>
zierschargen unwürdigen Individuen erleichtern. Ueberdies kann man<lb/>
der General-Artillerie-Direction gar nicht den Vorwurf ersparen<lb/>
daß sie mit den untersten Offizicrschargen theils aus Gutherzigkeit^<lb/>
theils aus ungenügsamen Gründen zu freigebig ist. Unteroffizier/,<lb/>
die sich persönlich empfohlen, oder um Berücksichtigung baten, wurden'<lb/>
nicht selten in Vormerkung genommen und Offiziere. Empfehlungen<lb/>
von hochgestellten Personen oder Anverwandten werden beachtet, weil<lb/>
es sich nur um eine unbedeutende Lieutenantscharge handelt, die aber<lb/>
höhere Chargen im Schooße trägt, und darum werden auch unpar¬<lb/>
teiische Vorschläge gerechter uns einsichtsvoller Vorgesetzten zu nichte.<lb/>
Der zweite große Uebelstand ist, daß, wenn eine Stelle erledigt- ist,<lb/>
man ohne Rücksicht auf die Befähigung eines Individuums oft den<lb/>
ersten besten, der im Range nachfolgt, hiezu ernennt; doch davon<lb/>
werde ich später sprechen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_996"> Mein Herr. Wenn ich Ihnen in Allem Recht gebe, so kann<lb/>
ich Ihnen nicht darin beistimmen, daß unser gnädigster Chef, Se.<lb/>
kaiserliche Hoheit, der Erzherzog Ludwig, sich einer Parteilichkeit schul¬<lb/>
dig machen würde. Vielleicht geschehen Mißgriffe, weil die hohe<lb/>
General-Artillerie-Direction mit zu vielen und wichtigen Geschäften<lb/>
überhäuft ist, um sich mit der Besetzung einer Unterlieutenantscharge<lb/>
mit solcher Vorsicht zu beschäftigen, als wenn es sich um die Besez-<lb/>
zung eines commandirenden Generals handelte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_997" next="#ID_998"> Lieutenant. Gott bewahre, daß ich Jemandem direct die<lb/>
Schuld beimessen wollte. Die Mißbräuche liegen in der seit Jahren</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0345] Säufer waren. — Allein, wenn ich auch gestehen muß. daß die hohe General-Artillerie-Direction oft durch falsche Eingaben hintergangen wird, so kann man es doch dieser Stelle nicht zur Last legen. ee-- Lieutenant. Daß man di GneralArtillerieDirection nicht für alle Mißgriffe verantwortlich machen kann, der Meinung bin ich selbst; aber daß selbe wenigstens jene Individuen kennen sollte, von welchen die Avancementsvorschläge ausgehen, ist gewiß richtig, und man würde dann auch den Geist, welcher einen solchen Vorgesetzten bei seinen Vorschlägen leitet, besser beurtheilen und berücksichtigen ler¬ nen. Man würde Mittel finden, um jede parteiische Schätzung der untergeordneten Individuen, wenn nicht ganz unmöglich, doch seltener zu machen und Ungerechtigkeiten vorzubeugen, die nicht nur Unmuth und Unzufriedenheit erregen, sondern die das Erlangen von Offi¬ zierschargen unwürdigen Individuen erleichtern. Ueberdies kann man der General-Artillerie-Direction gar nicht den Vorwurf ersparen daß sie mit den untersten Offizicrschargen theils aus Gutherzigkeit^ theils aus ungenügsamen Gründen zu freigebig ist. Unteroffizier/, die sich persönlich empfohlen, oder um Berücksichtigung baten, wurden' nicht selten in Vormerkung genommen und Offiziere. Empfehlungen von hochgestellten Personen oder Anverwandten werden beachtet, weil es sich nur um eine unbedeutende Lieutenantscharge handelt, die aber höhere Chargen im Schooße trägt, und darum werden auch unpar¬ teiische Vorschläge gerechter uns einsichtsvoller Vorgesetzten zu nichte. Der zweite große Uebelstand ist, daß, wenn eine Stelle erledigt- ist, man ohne Rücksicht auf die Befähigung eines Individuums oft den ersten besten, der im Range nachfolgt, hiezu ernennt; doch davon werde ich später sprechen. Mein Herr. Wenn ich Ihnen in Allem Recht gebe, so kann ich Ihnen nicht darin beistimmen, daß unser gnädigster Chef, Se. kaiserliche Hoheit, der Erzherzog Ludwig, sich einer Parteilichkeit schul¬ dig machen würde. Vielleicht geschehen Mißgriffe, weil die hohe General-Artillerie-Direction mit zu vielen und wichtigen Geschäften überhäuft ist, um sich mit der Besetzung einer Unterlieutenantscharge mit solcher Vorsicht zu beschäftigen, als wenn es sich um die Besez- zung eines commandirenden Generals handelte. Lieutenant. Gott bewahre, daß ich Jemandem direct die Schuld beimessen wollte. Die Mißbräuche liegen in der seit Jahren

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/345
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/345>, abgerufen am 01.09.2024.